
FRANK FARIAN: Vater nie kennengelernt
Am 18. Juli 1941 wurde FRANZ REUTHER in Kirn an der Nahe (Rheinland-Pfalz) geboren. Aufgewachsen ist er in SaarbrĂŒcken-Altenkessel bei seiner Mutter CILLI – gemeinsam mit seinen beiden Ă€lteren Geschwistern HERTHA und HEINZ.Sein Vater, ein FeinkĂŒrschner, der u. a. Portemonnaies herstellte, starb in FRANZ’ Geburtsjahr als Soldat im Zweiten Weltkrieg und lernte seinen Sohn nie kennen.
Musikalisches Talent frĂŒh erkannt – erste Gitarre mit 12
Schon frĂŒh fiel FRANZâ Mutter, einer Lehrerin, dessen gute Stimme auf, so dass sie ihn schon in jungen Jahren im Kirchenchor anmeldete, wo er Lieder wie âDer Mond ist aufgegangenâ kennenlernte. Nachdem seine MusikalitĂ€t immer mehr zum Vorschein kam, bekam er mit 12 Jahren eine Gitarre geschenkt. Das Gitarrenspiel brachte Franz sich selber bei.
Gelernter Koch
Nach seinem Hauptschulabschluss entschied er sich fĂŒr eine Lehre als Koch. Als solcher war er in mehreren Orten tĂ€tig â in SaarbrĂŒcken, Lindau, Splungen (Schweiz) und in EttelbrĂŒck (Luxemburg). Im Laufe seiner âWanderjahreâ lernte FRANZ die Stationierten âGIâ-Soldaten kennen und fing an, sich fĂŒr die RockânâRoll-Musik der Amerikaner zu begeistern â zunĂ€chst fĂŒr ELVIS PRESLEY, spĂ€ter auch fĂŒr BILL HALEY und âKonsortenâ.
“Umschulung” auf Musiker
AnlĂ€sslich einer âD-Dayâ-Feier in EttelbrĂŒck hörte Franz eine Rock-Band spielen in klassischer Besetzung (zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug), die ihn so begeisterte, dass er beschloss, sein bĂŒrgerliches Leben als Koch aufzugeben und sich voll der Musik zu widmen. SĂ€mtliche Ersparnisse wurden dafĂŒr aufgewendet, ein komplettes Band-Equipment aufzukaufen fĂŒr eine neu zu grĂŒndende Band.
In einem Interview aus dem Jahre 2015 mit âDie Presseâ sagte der SĂ€nger im RĂŒckblick:
â1959 und 1960 habe ich in Luxemburg als Koch in einem Hotel gearbeitet. Eines Tages war drauĂen ein groĂes Zelt aufgebaut, aus dem Rock’n’Roll-Musik zu hören war. Ich bin dort hingelaufen, und dann hat es in meinem Kopf regelrecht so etwas wie eine Explosion gegeben.â
1961: Band “FRANKIE FARIAN UND DIE SCHATTEN”
1961 wurden dann âFRANKIE FARIAN UND DIE SCHATTEN” gegrĂŒndet â FRANZ, der sich inzwischen âFRANKIEâ nannte, zog von EttelbrĂŒck nach Elversberg, wo er im âGasthaus GrĂ€berâ mit seiner Band erste Erfolge bei Tanzabenden feiern konnte. Man spielte Soulnummern und coverte die gĂ€ngigen US-Hits.
Erste Single 1963
In einem alten Kuhhaus produzierte Farian 1963 mit seinen âSchattenâ seine erste Single im Eigenvertrieb (Label âBauerâ): âShouting Ghostâ, eine RockânâRoll-Nummer, wurde bestenfalls regional im SaarbrĂŒcker Raum ein kleiner Insider-Erfolg. Im Dezember 1963 gab es beim SaarlĂ€ndischen Rundfunk sogar einen ersten Radio-Auftritt in der Sendung des damals sehr populĂ€ren Moderators CLAY SHERMAN.
1964 Auftritt im Hamburger Star-Club
Ein Jahr spĂ€ter hatte die Band ihren ersten groĂen Erfolg â sie durfte im August 1964  als eine von nur drei deutschen Bands (weiterhin waren immerhin u. a. die Rattles am Start) bei einem Rock-Festival im berĂŒhmten Hamburger Star-Club auftreten.  Bereits einen Monat spĂ€ter, am 13. September 1964, traten die Jungs dann sogar beim gröĂten belgisch-französischen Teenagerfestival, dem dritten âFestival international Teenagersâ in Chatelet auf.
Deutscher Text zu ROLLING-STONES-Hit
Ebenfalls 1964 erschien die erste regulĂ€re Single von FRANKIE FARIAN UND SEINEN SCHATTEN: âYakety Yakâ im Vertrieb von âEMP Schallplattenâ war eine Coverversion des Coasters-Hits â lt. Plattenfirma âein StĂŒck, ganz nach dem Beat-Geschmack unserer Zeit, das sich sicherlich seinen Weg bahnt.â Neben âFRANKIE FARIANâ wirkten an der Produktion ĂŒbrigens HANS GOTTHĂFER (Sologitarre), ALBERT KLEBER (Rhythmusgitarre), WOLFGANG HEKTOR (Schlagzeug) und NORBERT FEIBEL (Orgel und Bass) mit.
Auf der B-Seite der Single wurde âEin Herz aus Steinâ veröffentlicht, eine von FRANZ REUTHER (FRANKIE FARIAN) selbst getextete deutsche Version des ROLLING-STONES-Hits âHeart Of Stoneâ.
Mit âUnder the Boardwalkâ, einem Cover des DRIFTERS-Hits, erschien bei Elite Special 1965 die letzte Single unter der Firmierung âFRANKIE FARIAN UND DIE SCHATTENâ. Ein weiteres Highlight des Jahres war der Auftritt im bekannten ZĂŒricher Beatschuppen âPonnyâ.
Erste Solo-Single im April 1967
Im April 1967 wurde unter dem Namen âFRANKIE FARIANâ bei der Frankfurter Bellaphon (ohne ErwĂ€hnung der weiterhin existenten Band âSchattenâ) der Song âMr. Pitfulâ veröffentlicht â dabei handelt es sich um FRANKs Version des OTIS-REDDINGS-Hits.
1968 Vertrag mit Ariola, um “ein bisschen Kohle zu machen”
Mit dem damaligen Plattenboss der Ariola, EGMONT “MONTI” LĂFTNER, schloss FARIAN 1967 einen Plattenvertrag. Die erste Single erschien im MĂ€rz 1968 unter dem Namen âFRANK FARIANâ. Der von ihm selbst komponierte und on FRED JAY getextete Schlager âGipsyâ wurde noch kein groĂer Erfolg. Er verschrieb sich fortan bis auf weiteres dem Schlager, um â lt. eigener Aussage â âein bisschen Kohle zu machenâ.
1969 erster Auftritt in der ZDF-Hitparade
Die zweite Single bei der Ariola war ein guter Achtungserfolg. Den selbst komponierten und von RALF ARNIE, der schon 1956 fĂŒr FREDDY QUINN âHeimweh (Dort, wo die Blumen blĂŒhân)â schrieb, getexteten Schlager âDana My Loveâ prĂ€sentierte Farian am 5. April 1969 in der ZDF-Hitparade und platzierte sich dort sogar mehrfach.
Knapp 10 Jahre spĂ€ter produzierte FRANK FARIAN den Song noch mal neu mit der niederlĂ€ndischen Band “TELEPHONE” und einem englischen Text von FRED JAY im Country-Stil. Daraufhin wurde auch die deutsche Version noch mal von einem SĂ€nger namens CHRISTIAN SANDER als Single veröffentlicht â Erfolge ergaben sich mit den Neuproduktionen allerdings keine.
Weitere Singles erscheinen
Ende 1969 erschien die nĂ€chste Single dann auf dem Decca-Label: âEin Kissen voller TrĂ€umeâ, erneut von FRANK FARIAN komponiert und getextet von RALF ARNIE und KLAUS MUNRO. Mit KLAUS MUNRO schrieb FRANK FARIAN auch die zweite und letzte Decca-Single namens âSpeedy Jackâ. Auch von der Nummer produzierte FARIAN kurz darauf eine internationale Version von der internationalen Band âTHE FALCONSâ. Deren Aufnahmen erschienen bei der Hansa.
1971: Vertrag mit Hansa hĂ€lt ĂŒber mehrere Jahrzehnte
Mit dieser Plattenfirma, der Berliner Hansa, und deren Chef HANS BLUME schloss Farian 1971 einen Produktionsvertrag, der ĂŒber Jahrzehnte bis ins neue Jahrtausend hielt â ein sehr ungewöhnlicher Vorgang in der ansonsten schnelllebigen Popmusik-Welt.
Die erste von ihm selbst interpretierte Produktion war das mit dem saarlĂ€ndischen Jazz-Pianisten FRITZ MALDENER komponierte Lied âDu bist wunderbarâ (Text: NORBERT HITZELBERGER).
Ein bekannter Name â PETER MOESSER – schrieb den deutschen Text zur Coverversion des LAURENT & MARDI GRAS’ Schweizer Top-10-Hits âSing Sing Barbaraâ, aus dem MOESSER âMorgens â mittags â abends Barbaraâ machte.
1971 Erste LP “zum Sonderpreis”
Gemeinsam mit Fritz Maldener schrieb Farian seine letzte 1971er Single âSo ein Tagâ, zu der auch eine gleichnamige LP bei der Hansa veröffentlicht wurde, die lt. Werbung auf einer Single zum empfohlenen Verkaufspreis, dem Sonderpreis von DM 10,00, im Handel erhĂ€ltlich war.
HANS-ULRICH WEIGEL mit guten Texten
Die nĂ€chste Single, âGold in Acapulcoâ, erneut mit FRITZ MALDENER komponiert, ist insofern bemerkenswert, als dass erstmals bei einer Farian-A-Seite Textdichter HANS ULRICH WEIGEL in Erscheinung trat. Der Song wurde am 10. Juni 1972 auch in der ZDF-Hitparade vorgestellt. Mit gleichem Team wurde auch die zweite 1972er Single, âLeg den Kopf an meine Schulterâ, geschrieben.
Projekt LES COPAINS
In etwa in dieser Zeit veröffentlichte Farian unter dem Pseudonym âLES COPAINSâ gemeinsam mit dem StudiosĂ€nger KARL-HEINZ LEHMANN, der selber als (von FRANK FARIAN produzierter) SĂ€nger unter dem Pseudonym âCHARLY MARKSâ in Erscheinung trat, eine neue Version des Oldies âHello Mary Louâ â erschienen bei BASF.
Discothek in St. Ingbert eröffnet
Um neue Produktionen âantestenâ zu können, beschloss Farian, gemeinsam mit seiner Frau Brigitte, die er 1967  heiratete (- allerdings angeblich gemÀà Berichterstattung der Zeitschrift âDie Aktuelleâ auf Brigittes Betreiben hin mit GĂŒtertrennungsvertrag, weil Frank damals verschuldet war⊠-), selbst eine Discothek aufzumachen. Im saarlĂ€ndischen St. Ingbert eröffnete man 1967 die Disco âHoch Treppâ in der JosefstalerstraĂe, spĂ€ter dann die Disco âRendezvousâ.
1973: Durchwachsene Erfolge mit Coverversionen
1973 schwenkte FRANK FARIAN wieder auf Cover-Songs um. FRED JAY schrieb den deutschen Text zur SOLOMON-KING-Nummer âWhen Youâre Gotta Goâ â heraus kam dabei âWas kann schöner sein?â.
Am 4. August 1973 war FRANK FARIAN wieder in Berlin â diesmal stellte er in der ZDF-Hitparade seinen Schlager âSo muss Liebe seinâ, die von LORAINE HILLMANN getextete deutsche Version des Evergreens âSmoke Gets In Your Eyesâ. Im Oktober des Jahres stieg er damit erstmals in die deutschen Single-Verkauscharts sein.
Musical-Song auf Deutsch
Diese Schiene sollte wohl weiter verfolgt werden, so wurde mit âWunderbarâ eine deutsche Version eines COLE-PORTER-Songs aus dem Musical âKiss Me Kateâ geschaffen â die Rechnung ging aber nicht auf, der Song wurde kein Erfolg, obwohl der deutsche Text vom arrivierten Textdichter WALTER BRANDIN verfasst wurde, der ja fĂŒr UDO JĂRGENS einige groĂe Hits getextet hatte.
Am 1. Juni 1974 seufzte FARIANs Plattenfirma: âWas lange wĂ€hrt, wird endlich gut: Vado via in deutschâ. Gemeint war der DRUPI-Song, zu dem FRANK FARIAN eine deutsche Version aufnahm. âBleib bei mirâ stellt er auch am 7. September des Jahres in der ZDF-Hitparade vor.
Auf den Spuren von FREDDY BRECK
Abgeschlossen wurde das Jahr 1974 mit einer Cover-Version der besonderen Art â unter Verwendung einer Volksweise von JOHANNES BRAHMS gab FRANK FARIAN quasi den FREDDY BRECK, der seinerzeit ja groĂe Erfolge mit der âVerschlagerungâ klassischer Melodien hatte.
Bei FRANK FARIAN funktionierte das allerdings nicht so gut â âAn mir soll es nicht liegenâ, getextet von FRED JAY, wurde kein Erfolg, allerdings tauchte schon hier HERLINDE GROBE als HintergrundsĂ€ngerin auf, die spĂ€ter noch eine groĂe Rolle spielen wĂŒrde â spĂ€ter mehr dazu. Als Arrangeur ist STEFAN KLINKHAMMER genannt â auch der wĂŒrde noch eine groĂe Rolle in FRANK FARIANs Vita spielen, war er doch maĂgeblich am Sound von BONEY M. beteiligt.
Neue Wege als Produzent
Im FrĂŒhjahr 1975 ging der Produzent neue Wege â er nahm ein Instrumental namens âAtlanticaâ auf, das er rund 10 Jahre spĂ€ter noch mal neu fĂŒr sein Projekt âFAR Corporationâ nutzte. Genau in diese Zeit fallen auch die ersten Produktions-TĂ€tigkeiten fĂŒr den spĂ€teren Welterfolg âBoney M.â, dessen Konzept er damals entwarf.-
Klassiker “Cara mia” auf Deutsch und Englisch
Danach begab er sich wieder auf Schlagerpfade und nahm sich des Evergreens âCara Miaâ an â FRED JAY machte daraus âCara Mia bleibâ. FRANK FARIAN produzierte mit seinem Projekt LES COPAINS den Song auch in englischer Sprache.
Erfolge mit GILLA und BENNY
WĂ€hrend ĂŒber einen lĂ€ngeren Zeitraum der Erfolg von FRANK FARIANs Produktionen âin eigener Angelegenheitâ eher ĂŒberschaubar war, begann er, mit seiner Arbeit fĂŒr andere Interpreten Erfolg zu haben. Beispielsweise wurden die Songs âWillst Du mit mir schlafen gehânâ und âTu es!â von GILLA recht groĂe Erfolge, auch mit dem NachwuchssĂ€nger BENNY kam Farian in die Charts.
Durchbruch als SĂ€nger mit “Rocky”
In seiner TĂ€tigkeit als Produzent stieĂ er auf einen Country-Song des SĂ€ngers DICKEY LEE, der in den US-Country-Charts einen Hit hatte und der in der Version von AUSTIN ROBERTS ein Top-10-Hit in GroĂbritannien wurde: âRockyâ.
FRANK FARIAN nahm dazu ein Demo auf, als StudiosĂ€ngerin holte er sich wieder HERLINDE GROBE dazu, die einige Jahre spĂ€ter als volkstĂŒmliche SĂ€ngerin “BIANCA” recht erfolgreich wurde. Wie es dazu kam, erzĂ€hlt der Textdichter der deutschen Version, HANS-ULRICH WEIGEL, in der Chronik des Meisel-Verlages wie folgt:
âFĂŒr Peter Orloff, der damals Bernd ClĂŒver produzierte, schrieb ich den Text âRockyâ. Sie kamen ergebnislos aus dem Studio, und Orloff schimpfte: âDieser SchâŠText lĂ€sst sich nicht singen.â  Frank Farian, dem ich ein Demo davon vorspielte, flippte sofort aus. âDas sing ich doch selber.â Er spielte das Tonband mit âRockyâ morgens um fĂŒnf in seiner Diskothek, und die Putzfrauen weinten. Da wussten wir: Es wird ein Hit!â
WEIGEL, so etwas wie ein Spezialist fĂŒr âTodes-Themenâ (auch die Texte von âConny Kramerâ und âJeder Weg hat mal ein Endeâ stammen von ihm), traf offensichtlich genau den Nerv der damaligen Zeit. Autor MARTIN JUNGhat in einem Buch ĂŒber deutsche Schlagertexte dessen SpezialitĂ€t beschrieben:
Bemerkenswerte Interpretationen von Schlagerkennern
âHier ist es Hans-Ulrich Weigel, der sich immer wieder mit Vehemenz gegen die VerdrĂ€ngung unserer VergĂ€nglichkeit stemmt. Allen seinen erfolgreichen Texten ist gemeinsam, dass sie erstens zum Zwecke der Eindeutschung US-amerikanischer Folk-Titel geschrieben sind und zweitens vom unerwarteten, allzu frĂŒhen Hinscheiden junger Menschen handelnâŠ.
Der Interpret nimmt jeweils die Rolle des/der Geliebten der/des Verblichenen ein, da sich bei dieser Thematik die Ich-ErzĂ€hler-Perspektive nicht anbietet, âdenn hinderlich wie ĂŒberall ist hier der eigne Todesfallâ (WILHELM BUSCH)â.
Nach diesem kleinen interessanten Einblick in die Kunst des Textdichtens (wer hĂ€tte gedachte, dass WILHELM BUSCH etwas mit dem Text von âRockyâ zu tun gehabt hatte?) meldet sich auch Schlagerkenner REINER MORITZ zu Wort und fasst den Inhalt des Schlagers in einem Buch wie folgt zusammen:
REINER MORITZ’ Sicht der Dinge
âEs handelt sich dabei um ein bewegendes Lied, das von der Liebe eines Mannes zu einer unerfahrenen 18jĂ€hrigen (âschmale Schultern, dunkles Haar und Augen voller Scheuâ) berichtet. Allen AnnĂ€herungsproblemen zum Trotz werden die beiden sehr glĂŒcklich und Eltern eines reizenden MĂ€dchens, was nicht verhindert, dass die Kindsmutter alsbald stirbt und der Vater allein mit seinem immer noch reizenden MĂ€dchen zurechtkommen mussâ.Â
In dem Zusammenhang sei noch mal MARTIN JUNG zitiert, der im Buch âSchlager, die wir nie vergessenâ konstatiert: âWAGNER hĂ€tte aus demselben Stoff einen ganzen Opernzyklus geformt, WEIGEL hat ihn in der Melodie eines im Original von DICKEY LEE interpretierten Folk-Titels untergebrachtâ.
Pragmatische Kurzzusammenfassung
Offensichtlich hat der Verfasser dieser Zeilen keine Bekanntschaft mit dem Forenschreiber âGoodOld70â gemacht. Der schafft es nĂ€mlich, den Inhalt des Liedes noch pragmatischer zu formulieren: âMann trifft Frau â Frau wird begattet â Kind wird geboren â Frau stirbt â Mann und Kind trauernâ.Â
Die Berliner Hansa hatte wieder mal ein gutes NĂ€schen und erkannte, dass dieser Text offensichtlich die Menschen in damaliger Zeit bewegen wĂŒrde und packte den kompletten Text auf das Single-Cover und bewarb die Single auch genau so am 15. Januar 1976 im Branchenblatt âMusikmarktâ.
Das Lied ging hoch in der deutschen Verkaufshitparade â und am 27. MĂ€rz 1976 gab es damit einen legendĂ€ren Auftritt in ILJA RICHTERs âDiscoâ. Interessanterweise trat FRANK FARIAN mit dem Titel in der ZDF-Hitparade NICHT auf, der Song soll in einigen Rundfunkanstalten sogar auch nicht gespielt worden zu sein, der Text spaltete die GemĂŒter.
Platz 1 der deutschen Single-Charts
Die Single kam jedenfalls auf Platz 1 der deutschen Charts und wurde ein sehr groĂer Hit, so dass Frank Farian am 17. Mai in St. Ingbert eine Goldene Schallplatte von GeschĂ€ftsfĂŒhrer HANS BLUME ĂŒberreicht wurde. In einer Anzeige schreibt die Hansa: âWir sind stolz, dass Du zu uns gehörstâ.
Am 1. Juni 1976 berichtete das Fachblatt ĂŒber sehr ungewöhnliche MaĂnahmen im Zusammenhang mit diesem Super-Hit:
âBei âRockyâ scheiden sich auch bei uns die Geister. Einerseits verkauft sich das Lied von Frank Farian in rauen Mengen, andrerseits spucken die Funk-Jockeys Gift und Galle. Ariola-Label-Manager Bruno Huber hat das PhĂ€nomen mit einem Psychiater erörtert, der sich ĂŒber den Erfolg ĂŒberhaupt nicht wunderte. Der Text, so meinte der Seelenarzt, gehe vor allem unerfahrenen jungen MĂ€dchen nahe.â
Superhit mit Gefahrenpotenzial
Wie recht dieser Psychiater hatte, beschreibt Forenschreiber âDJAxelâ: âHab den Titel mal Ende der 70er bei einer Hochzeit gespielt, mit dem Ergebnis, dass die Braut trĂ€nenĂŒberströmt in der Ecke saĂ. Ich musste dann reichlich ackern, um die Stimmung wieder hoch zu bringen.â â Tja, manchmal hat manâs nicht leicht als DJ.
Diverse Auszeichnungen: Goldene Europa und Co
Jedenfalls erhielt Farian nicht nur die âGoldene Schallplatteâ, sondern spĂ€ter auch die âGoldene Europaâ der Europawelle Saar (wurde ihm als Produzent 1979 ĂŒbrigens erneut verliehen) und das Goldene Label der Zeitschrift âAutomatenmarktâ. AuĂerdem gab es noch den Silbernen Löwen von Radio Luxemburg.
“Rocky” als TĂŒröffner
AnlĂ€sslich seines 25-jĂ€hrigen JubilĂ€ums 1994 gab Farian dem Musikmarkt ein Interview, indem er beschrieb, wie wichtig âRockyâ auch und gerade fĂŒr seine weitere Karriere als Produzent war:
âDurch das mit âRockyâ verdiente Geld wurde ich unabhĂ€ngig und konnte produzieren, wie und was ich wollte, konnte meinen Partnern bei den Schallplattenfirmen sagen, wo es meiner Meinung nach langgehen sollte. Sie sind mir gefolgt, und ich habe mit ihnen seither immer gut zusammengearbeitet. DafĂŒr möchte ich MONTI LĂFTNER, THOMAS MEISEL und HANS BLUME danken. Sie haben mir den Weg geebnetâ.
Gemeint waren hier vermutlich insbesondere die internationalen Produktionen von ERUPTION (mit PRECIOUS WILSON) und vor allem der spĂ€tere Welterfolg BONEY M, deren Produzent und sogar mĂ€nnliche Stimme FRANK FARIAN ĂŒber viele Jahre hinweg ja war.
Auch als Produzent war der Erfolg ab 1976 ja gigantisch, BONEY M. ging mit âDaddy Coolâ durch die Decke, âSeventy-Five Musicâ war ein groĂer Erfolg in Brasilien, GILLA war mit âIch brenneâ Top-10 in Ăsterreich und BENNY hatte mit âAmigo Charly Brownâ einen groĂen Erfolg.
Nachfolgehit in der ZDF-Hitparade
Die Plattenfirma hat genau nachgezĂ€hlt und vermeldete anlĂ€sslich der nĂ€chsten Single: â676.983 Rocky-KĂ€ufer warten auf diese neue Single von Frank Farian!â. Gemeint war âSpring ĂŒber Deinen Schatten, Tommy!â. Imposant: Auf der B-Seite findet sich âRocky Teil II: Was wird aus Jenny?â.
Von der Dramatik könnte man meinen, bei diesen Themen hĂ€tte CHRISTIAN ANDERS die HĂ€nde im Spiel, dem ist aber nicht so. FRANK FARIAN schildert in seinem Nachfolge-Hit einen jungen Mann, der seine Frau verlĂ€sst, weil sie schwanger ist. Die Nummer ist sehr Ă€hnlich gestrickt wie âRockyâ â ĂŒberraschenderweise aber kein Cover, sondern ein Original, und zwar eins, das â wer hĂ€tte das gedacht? â von RALPH SIEGEL und GĂNTHER LOOSE geschrieben wurde.
Wenngleich das nicht so ein Riesen-Erfolg wie âRockyâ war, reichte es doch immerhin fĂŒr einen 12. Platz in den Charts, wo Farian sich immerhin 20 Wochen tummelte mit der Nummer, die er am 23. Oktober 1976 in der ZDF-Hitparade vorstellte. Den weiblichen Teil der Nummer sang erneut HERLINDE GROBE.
Deutsche Version eines EAGLES-Hits
1977 ersann Farian die Nummer âSie war erst 17 (und neu in der Stadt)â â dabei handelt es sich um die von FRED JAY getextete deutsche Version der EAGLES-Nummer âNew Kid In Townâ. Hier mal eine Kostprobe des Textes: âIch sah sie nur an â und war wie gebannt von ihr, und ich dachte nur, Du musst sie haben. â Ich hatte so tief noch niemals empfunden, dabei waren es verbotene Stunden, denn ich war gebundenâ â tja, da war die Wortwahl schon eher eindeutig als zweideutig.
Auch damals war man mit 17 nicht volljĂ€hrig â wie dem auch sei, am 14. Mai 1977 ging es damit noch einmal zu DIETER THOMAS HECK in die ZDF-Hitparade, dann hörte Farian damit auf, von ihm ungeliebte Schlager zu singen â vermutlich, weil er es einfach nicht mehr ânötig hatteâ und sich erst mal voll aufs Produzieren konzentrierte.
Wobei sich FRANK FARIAN auch darĂŒber geĂ€rgert hatte, dass sein Lied “sinnentstellend” um 30 Sekunden in der ZDF-Hitparade gekĂŒrzt worden ist.
BENNYs Skateboard mit englischem Original
Eine Ausnahme machte er aber noch â mit seinem âLES COPAINSâ-Version brachte er die englische Aufnahme des Hits âSkateboardâ auf den Markt â die von FRANK FARIAN produzierte und von BENNY gesungene Version war aber ungleich erfolgreicher.
Weltkarriere mit BONEY M.
Der Erfolg mit BONEY M. war schon phĂ€nomenal, FRANK FARIAN verkaufte zwischen 1975 und 1985 laut Angabe des Musikmarkts mit der Gruppe 40 Millionen Alben und 65 Millionen Singles und hatte Top-10 Hits in England und sogar in den USA. In England ist der Erfolg so groĂ, dass drei der BONEY-M.-Hits in den Top-5 der ewigen Bestenliste der UK-Charts sind (lt. Angabe von FRANK FARIANs offizieller Webseite).
BONEY M. wurde von der Queen empfangen und sang sogar in der damaligen Sowjetunion.
1983: Erfolg mit SYDNE ROME und Goldene Stimmgabel
Auch 1983 hatte Farian einen guten Riecher: er profitierte von der damaligen Fitnesswelle (ja, die gab es neben der Neuen Deutschen Welle auch) und produzierte mit SYDNE ROME eine Nummer-eins-LP, die 800.000 mal verkauft wurde.
In dem Jahr erhielten er und BONEY M. von DIETER THOMAS HECK die âGoldene Stimmgabelâ ĂŒberreicht, was insofern âwitzigâ ist, weil HECK den Preis u. a. aus Opposition zur âGoldenen Europaâ grĂŒndete, die 1979 anfing, auch internationalen (fremdsprachigen) KĂŒnstlern den Preis zukommen zu lassen, weswegen er sich vom Preis der SaarlĂ€nder abgewendet haben soll.
FAR CORPORATION, MEAT LOAF, PETER HOFMANN und… MILLI VANILLI
Mit der Gruppe âFAR CORPORATIONâ brachte FRANK FARIAN sich kurz wieder selbst (auch âoffiziellâ) als Musiker mit ein. 1986 produzierte er MEAT LOAF, 1987 PETER HOFMANNs Rock-Album âRock-Classics IIâ, von dem 300.000 Exemplare verkauft wurden. Ab 1988 gab es weltweiten Erfolg mit âMILLI VANILLIâ â
Farian war 1989 gar der erfolgreichste Produzent in den USA â das ging so lange gut, bis herauskam, dass die vermeintlichen âSĂ€ngerâ nur TĂ€nzer waren und der Gesang MILLI VANILLIs von StudiosĂ€ngern aufgenommen wurde.
RĂŒckkehr als SĂ€nger zum JubilĂ€um und Echo
1994 wurde Frank dann letztmals noch ein mal als SĂ€nger aktiv und coverte anlĂ€sslich seines 25-jĂ€hrigen PlattenjubilĂ€ums den âSteely-Danâ Klassiker âRikki Donât Lose That Numberâ.
Einen Echo fĂŒr sein Lebenswerk erhielt Frank Farian im Jahr 1997.
2006 Musical “Daddy Cool”
Ein weiteres Highlight seines Lebens war 2006 die UrauffĂŒhrung des BONEY M.-Musicals âDaddy Coolâ, das mit groĂem Erfolg auf die BĂŒhne gebracht wurde und ein Jahr spĂ€ter auch in Deutschland aufgefĂŒhrt wurde. Aber auch sonst war Farian âproduktivâ, er wurde 2007 noch einmal Vater, Mutter ist seine LebensgefĂ€hrtin CYNTHIA.
2015 BONEY M.-JubilÀum
Zuletzt feierte der umtriebige SaarlĂ€nder im Jahr 2015 das 40-jĂ€hrige JubilĂ€um von BONEY M. mit der Veröffentlichung âDiamondsâ.
Wer am Schlagerschaffen Frank Farians interessiert ist, dem kann die CD âDas Beste aus 40 Jahren Hitparade â Frank Farianâ empfohlen werden, auf der viele seiner Schlager enthalten sind, wobei in einigen FĂ€llen allerdings Vinyl-Ăberspielungen vorgenommen wurden und keine OriginalbĂ€nder verwendet wurden.
Schön wĂ€re, wenn vielleicht irgendwann doch einmal eine neue âBest Ofâ mit FRANK FARIANs Schlagern auf den Markt kĂ€me mit Aufnahmen in guter KlangqualitĂ€t â viele Fans wĂŒrden sich darĂŒber sicherlich freuen (- das gilt natĂŒrlich auch fĂŒr die Aufnahmen seiner SchĂŒtzlinge GILLA und BENNY).
Wir gratzlieren FRANK FARIAN sehr herzlich zum 80. Geburtstag!
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