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NINA & MIKE: Erinnerung an das beliebte Erfolgsduo der 1970er Jahre
Vor genau 50 Jahren wurde „Fahrende Musikanten“ von NINA & MIKE einer der größten Erfolge des beliebten Duos. Das haben wir zum Anlass genommen, noch mal ausführlich auf die Karriere der Schlagerstars zurückzublicken:
Erste Singles als „JOE & JENNY“
Im Jahr 1966 brachte ein Nachwuchs-Duo namens „JOE & JENNY“ eine Single-Schalplatte unter dem Titel „Alle jungen Leute“ auf den Markt. Hinter diesen Namen steckte die am 19.06.1945 in Halle / Saale geborene EVELYN MICHAELA HENNEMANN und der am 14.01.1941 in Mannheim geborene LOTHAR SCHÄHFER.
Die Friseurin und Kosmetikerin und der Feinmechaniker lernten sich 1963 kennen – MICHAELA „NINA“ stieg in LOTHARs „MIKEs“ Band „RHYTHMIC BODIES“, in der er Gitarrist war, als Sängerin ein. Sie wurde engagiert, als der eigentliche Gitarrist krank war – „NINA“ beherrschte das Gitarrenspiel.
Die beiden lernten sich kennen und lieben – sie heirateten kurze Zeit später im Jahr 1964 („nur standesamtlich und in ganz kleinem Kreis“, wie NINA später der Zeitschrift FreizeitMagazin zu Protokoll gab) und bekamen zwei Kinder namens RALPH und FRANK. Der Legende nach aufgrund eines „Schallplattenstreiks“ wurde die Duo-Karriere nach dieser Single vorerst wieder beendet.
Zweiter Anlauf: „MICHAELA & LOTHAR“
Somit mussten sie wohl weiter als „Detektive“ tätig sein – in DIETER THOMAS HECKs ZDF-Hitparade hatten sie 1975 zumindest erzählt, dass sie vor ihrer Karriere diesem Beruf nachgingen.
1969 wurde ein zweiter Schallplatten-Versuch unternommen – diesmal unter ihren bürgerlichen Namen „MICHAELA & LOTHAR“ wurden bei der Plattenfirma Bellaphon zwei weitere Singles veröffentlicht, die nicht weiter wahrgenommen wurden: „Sha-la-la-la-la“ und „Himmelblaue Sommerliebe„.
Auf letztgenannter Single wurde ein Sticker angebracht: „ZDF-Showchance 1969“ – in dieser TV-Sendung interpretierten sie den Song „Blowing In the Wind“ und schafften von 3.000 Bewerbern einen respektablen 5. Platz.
JACK WHITE als Entdecker
Der damals noch recht unbekannte Musikproduzent HORST NUßBAUM, der als JACK WHITE später eine große Karriere in dieser Funktion machte, wurde auf das Duo aufmerksam. In seiner Biographie liest sich das wie folgt:
Für mich war und ist es ein großer ‚Thrill‘, einen Künstler neu zu machen. Es war schon fast beängstigend, dass alles, was ich anpackte, hoch in die Single-Charts schoss. Als nächstes kamen Nina und Mike. Sie hießen eigentlich Michaela und Lothar, aber mit diesem Namen konnten sie keinen Blumentopf gewinnen. Ich hatte das Erfolgsduo Cindy und Bert vor Augen und dachte mir, dass Deutschland sicherlich ein zweites Duo verkraften würde.
Nach der Umbenennung und einer gelungenen Nasen-OP, zu der ich Nina geraten hatte, ging ich mit beiden ins Studio. Mit ‚Rund um die Welt zieht das Lied der Liebe‘ hatten wir unseren ersten kleinen Hit, ein Fremdsong, den ich prima fand‘.
Erste Single deutsche Version von „Lola“
So weit JACK WHITE, der hier wohl ein paar Fakten unterschlägt: Die erste von ihm mit „NINA & MIKE„, wie in der Tat die beiden zwischenzeitlich umbenannt wurden, produzierte Single erschien 1970 – also lange Zeit, bevor CINDY & BERT quasi „DAS“ deutsche Duo schlechthin wurden. In einem Interview mit dem FreizeitMagazin konnte NINA sogar noch das genaue Datum benennen, an dem JACK WHITE beim Duo vorstellig wurde: am 6. August 1970. – Die erste Single war auch nicht der zitierte Song, sondern „Lola„, die von JACK WHITE produzierte deutsche Version des KINKS-Hits, die nicht sonderlich beachtet wurde.
Und das trotz des Textes von JACK WHITE, der ja ansonsten laut eigener Aussage mit jedem Hit „in die Single-Charts schoss“. Interessanterweise geht es in der Original-Version um einen Mann in Frauen-Kleidern – JACK WHITE war das wohl zu heikel und er machte eine Story daraus rund um NINA & MIKE und ihrer Freundin „Lola“. Viele Jahre später hat HEINZ RUDOLF KUNZE einen mehr am Original orientierten Text zu der Nummer verfasst.
Zweite Single erneut ein Cover
Auch die zweite klingende Drehscheibe der beiden war eine deutsche Originalaufnahme – diesmal nahmen sie sich des Hits „When I’m Dead And Gone“ von MCGUINESS FLINT an. Im Buch „Schlager in Deutschland“ wird diese Interpretation mit dem Text von JACK WHITE nur bedingt begeistert wahrgenommen. Zum Thema Cover-Versionen hieß es dort damals:
Dabei ergibt sich ein sehr zwiespältiges Bild im Hinblick auf die Frage: Was scheint dem Schlagerpublikum zumutbar? – Zweifellos unzumutbar ist die Konfrontation mit dem Tode. Das englische Original ‚When I’m Dead And Gone‘ kalkuliert den Tod ein; die Sorge des Liebenden gilt jedoch nicht seinem Ende, sondern dem geliebten Mädchen, das auch ohne ihn sein Leben glücklich weiterführen soll.
Die deutsche Version weiß von alledem nichts. Im Jargon des Teenagers formuliert sie – unter dem Reimzwang der viermaligen Interjektion – eine Schlagzeile von entwaffnender Primitivität. Das Ergebnis ist ein Schlager wie viele andere zwar, doch droht im Halbschatten das Original und beklagt eine verpasste Chance:
Unter der Flagge eines etablierten Hits hätte ein ungewöhnlicher Inhalt anstelle der Stereotype vermittelt werden können. Nicht für die totale Umkehrung eines Inhaltes steht dieses eklatante Beispiel (der ‚verdrängte Tod‘ wäre ein eigenes Kapitel), sondern für mangelnde Risikobereitschaft angesichts handfester ökonomischer Interessen“.
Die genannte mangelnde Risikobereitschaft führte nicht zu kommerziellem Erfolg – „Du bist eine Show“ (deutsche Version des internationalen Hits „When I’m Dead And Gone“) platzierte sich trotz erstmaliger Teilnahme an der ZDF-Hitparade am 20. März 1971 nicht in den Charts.
Nur wenige Jahre später wurde das vermeintliche Tabu „Tod“ im Schlager dann mit Liedern wie „Ich fange nie mehr was an einem Sonntag an“, „Am Tag, als Conny Kramer starb“ und „Rocky“ durchbrochen – vielleicht war JACK WHITE mit seinen Künstlern NINA & MIKE damals in der Tat nicht mutig genug.
Letzte Single bei Decca handelt von einem Hund
Die dritte und letzte Single bei Decca war erneut eine Cover-Version. Produzent JACK WHITE veröffentlichte als Sänger selber „Ich und Du und ein Hund dazu“ als deutsche Version des LOBO-Hits „Me And You And A Dog Named Boo“ bei Telefunken. Bei der Gelegenheit ließ er diesen Text bei der Schwesterfirma Decca von NINA & MIKE singen – erneut stellte sich kein Erfolg ein, so dass 1971 nach der dritten Single erneut Schluss bei einer Plattenfirma war.
Wechsel zur Ariola
Nina und Mike wechselten zur damals sehr umtriebigen Schlager-Plattenfirma Ariola. Jack White als Produzent wurde beibehalten – er war es auch, der das Duo zu Ariola lotste. Weiterhin hieß das Rezept „Cover-Versionen“. Als erste Single bei der neuen Plattenfirma erschien die deutsche Version des Zager & Evans-Welthits (und One-Hit-Wonders) „In the Year 2525“, aus dem Textdichter Jack White „Was wird sein in sieben Jahren?“ machte – erneut sehr frei übersetzt ;-).
Am 15. April 1972 ging es damit in die ZDF-Hitparade. Auch in der von ILJA RICHTER präsentierten Disco wurde der Song vorgestellt.
Danach gab es dann den ersten „Nicht-Cover-Song“ der beiden – getextet von dem sehr etablierten Textdichter FRED JAY: „Marmor, Stein und Eisen…“ – äääh, verwechselt – nein „Ketten, Mauern und Stacheldraht„. Für die einen ist das eine verklausulierte Botschaft in Richtung der damaligen DDR – für die anderen eher ein pseudo-politischer Schlager. Auch dieser Titel wurde erfolglos in der ZDF-Hitparade vorgestellt – am 5. August 1972.
Einen eher unbekannten US-Song eines Sängers namens ROGER COOK coverten NINA & MIKE – mit „Sweet America“ traten sie in der ZDF-Hitparade auf – ein Hit wurde die deutsche Version aber in Deutschland ebenso wenig wie das Original – und das trotz erneuter ZDF-Hitparaden-Präsenz am 17. März 1973.
Fünfter ZDF-Hitparaden-Anlauf zündet
Der lange Atem JACK WHITEs zeichnete sich aus: Mit ihrem 5. Lied in der ZDF-Hitparade konnten sie sich zwar DORT am 07. Juli 1973 erneut nicht platzieren – dafür aber in den deutschen Verkaufs-Charts – mit „Rund um die Welt geht das Lied der Liebe“ landeten NINA & MIKE ihren ersten passablen Hit. Am 2. Juli traten sie zuvor mit dem Song auch in der ZDF-„Drehscheibe“ auf. Erstmals konnte das Duo von einer Single mehr als 100.000 Stück verkaufen. – Die BRAVO befand damals:
Genau so kam es: Am 16. Juli 1973 stieg der Song in die deutschen Single-Charts ein und schaffte es in die Top-15. JACK WHITE wandte damals erneut erfolgreich seinen fröhlichen Kitchen-Sound an. Der hat den Song selber als „Let’s Hang the Moon in the Front Room Mama“ erfolglos als Single veröffentlicht. Komponist des Liedes ist übrigens „TERRY TASSENBERG“ – das klingt zwar verdächtig nach JACK WHITE – aber der hat in seinem Buch im Zusammenhang mit dem Lied als Fremdkomposition gesprochen.
Durchbruch mit „Fahrende Musikanten“
Mit der nächsten Single kam dann der große Durchbruch für das Duo: Die Jack White-Komposition „Fahrende Musikanten„, von FRED JAY getextet, schlug ein wie eine Bombe: Gleich 2 mal kamen sie damit auf Platz 1 der ZDF-Hitparade und erreichten damit einen Top-5-Hit in den deutschen Verkaufs-Charts. Laut Angaben von NINA war der Song in den Top-3 der meistgespielten Musicbox-Platten des Jahres.
Ein Ritterschlag für ein Lied ist immer, wenn es parodiert wird (a la „Dänen lügen nicht“ von OTTO WAALKES) – die Band „J. B. O.“ (Abkürzung für „James Blast Orchester“, durfte dann aber nicht mehr so heißen, weil sich ein berühmter Bandleader auf den Schlips getreten fühlte) hatte Jahrzehnte später den Song etwas abgeändert in „Fahrende Masturbanten“.
Ganz „ernst“ hat viel später aber auch niemand Geringerer als HAPE KERKELING den Song im Duett mit KIM FISHER zum besten gegeben – auch das ist sicher ein Ritterschlag für das Lied. Während heutzutage laut einer Umfrage Musiker am meisten sexy auf Frauen wirken, galt damals wohl eher, dass Musikern bzw. Künstlern nicht so recht zu trauen ist (siehe auch „wat willste denn mit dem Film-Fuzzi“ aus GITTEs „Ich will nen Cowboy als Mann“ oder REINHARD MEYs „Musikanten sind in der Stadt“).
Kult-Faktor hat das Lied wohl sicher aber auch wegen des Mitmach-Faktors Marke „hejo – hejo – hoo“. Folgerichtig wurden Nina und Mike für das Lied mit der Goldenen Europa der Europawelle Saar ausgezeichnet. Vielleicht kam auch der autobiografische Text besonders gut an: dass beim „Tingeln“ sehr lange die „Kasse nicht geklingelt“ hat, davon kann das Duo buchstäblich ein Lied singen.
Nachfolgesingles „Achtungserfolge“
Nach quasi identischem Muster und mit gleichem Autorenteam wurde die nächste Single der beiden veröffentlicht. Diese Rechnung geht nicht immer auf – „Schenk mir ein Leben mit Dir“ war bestenfalls ein Achtungserfolg, der es in die Top-40 der Single-Charts schaffte. Auch „Kinder der Sonne“ konnte nicht an den Riesenhit „Fahrende Musikanten“ anknüpfen. Dennoch schafften es auch die „Sonnenkinder“ kurz in die Charts – der Song zeichnet sich durch einen Rhythmuswechsel zwischen Strophe und Refrain aus.
Zu diesem Titel befand die BRAVO damals:
NINA & MIKE sind bei Plattenproduzent JACK WHITE in den besten Händen. „Kinder der Sonne“ verbreitet Optimismus, ist für das sympathische Duo nach Maß gemacht.
„Das Top-Duo unter den Pop-Duos“
„Das Top-Duo unter den Pop-Duos“ (so die Werbung der Ariola damals) leistete sich dann sogar einen Flop – nicht mal unter die Top 50 der Verkaufscharts, ebenso wenig in der ZDF-Hitparade fand sich der Song „Ein Haus, in dem die Liebe wohnt“ wieder. Ob ein Missverständnis vorlag, dass mit diesem Haus ein Freudenhaus gemeint sein könnte, ist nicht überliefert.
Kuriosum im Jahr 1975: Bei der BRAVO-Disco in Bad Harzburg musste NINA alleine ohne MIKE auftreten, weil der im Krankenhaus war. NINA ließ sich kompetent vom BRAVO-DJ und -Redakteur SANRO unterstützen. MIKE litt damals an einer chronischen und schmerzhaften, aber gutartigen Darmerkrankungen, die einige Operationen erforderlich machten. Die Krankheit hat MIKE damals sehr belastet. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wog er nur noch 46 kg. Der BRAVO sagte er damals:
Die Ärzte sprechen von einer chronischen, aber gutartigen Entzündung des Darms. Diese Entzündung tritt eben von Zeit zu Zeit auf. Bisher hat kein Arzt ein Mittel dagegen gewusst.
Größter Hit überhaupt: La Paloma Blanca
Guter Rat war im Sommer 1975 teuer – drei eher wenig erfolgreiche Titel nach einem Mega-Hit – wie kommt man zurück in die Erfolgsspur? Die Antwort konnte in den 70er Jahren nur lauten: Cover-Version! Auch bei NINA & MIKE hat es geklappt- und wie: Die deutsche Version des niederländischen Mega-Hits der GEORGE BAKER SELECTION, „La Paloma Blanca“, schlug mächtig ein. Erneut enterte man gleich zwei mal die Nummer 1 der ZDF-Hitparade, wieder gelang ein Top-10-Hit mit dem Song, der die Hitparaden stürmte.
JACK WHITE hatte mal wieder das richtige Näschen und angelte sich frühzeitig die Rechte an dem Titel. Nachdem der Song ein Riesenhit wurde, überlegte GEORGE BAKER, höchstselbst eine deutsche Version zu singen. Man einigte sich schließlich darauf, dass die deutsche Version erst Mitte Juli 1975 erscheinen durfte.
Gut Ding wollte also Weile haben: Während der Schlager bereits am 19.07.1975 in DIETER THOMAS HECKs Schlagertempel vorgestellt wurde, stieg er erst im August des Jahres in die Charts ein und wurde damit der letzte Verkaufs-Hit der beiden. Diesmal schrieb HANS BRADTKE den Text der deutschen Version, die sich erneut inhaltlich weit vom Original unterschied: aus „I’m just a bird in the sky“ wurde „Traumboot der Liebe für zwei“.
Der Hit war so groß, dass es diesmal sogar erstmals (und letztmals) für eine Platzierung in den Longplay-Charts mit der LP „La Paloma Blanca“ reichte.
NINA als Boutique-Besitzerin
Der Erfolg war so groß, dass sich NINA einen Traum erfüllen konnte: Sie eröffnete in Ludwigshafen eine eigene Boutique namens „NINAs Second Hand Shop“. Im Angebot unter anderem: Gebrauchte Bühnenkleidung.
Krisenmodus im Jahr 1976
Die nächste Auskopplung aus dem Album hingegen, „Das Lied der Liebe„, wurde ein Flop. Vielleicht war es auch einfach zu sehr an den Hit „Fahrende Musikanten“ angelehnt.
Bereits zum Zeitpunkt des Auftritts in der ZDF-Hitparade kriselte es wohl zwischen den beiden. Als MIKE in der Show einen Texthänger hatte, tötete NINA ihn förmlich mit ihrem Blick. Wie so oft weise ich darauf hin, dass ich solche Anekdoten von damals liebe, weil es sie heute kaum noch gibt, weil in den großen Shows nur noch langweiliges Vollplayback zu hören ist – hier noch mal nachzusehen – man achte auf NINAs Gesichtsausdruck:
Ordentliche Platzierung beim Grand-Prix-Vorentscheid 1976
Nachdem dieser Song zur Überraschung vieler floppte, versuchte man es mit einer weiteren Wunder-Waffe – Nina und Mike nahmen erst- und letztmals an der Vorentscheidung zum Grand Prix Eurovision teil mit dem Lied „Komm geh mit mir„. Trotz eines imposanten dritten Platzes (eigentlich waren sie Vierte, aber Tony Marshalls Song „Der Star“ wurde ja disqualifiziert) kam der von „KARL-HEINZ BARBO“(ein Schelm, der da JACK WHITE hinter vermutet) nicht beim Publikum an.
Interessant an dem Song ist übrigens, dass er musikalisch anders tickt als viele Schlager: Die Strophe ist in „Dur“ gehalten, der Refrain in „Moll“ – in den allermeisten Fällen ist es sonst eigentlich umgekehrt.
„El Paradiso“ auf Platz 1 der ZDF-Hitparade
Die zweite 1976er Single, „El Paradiso“ war „eigentlich“ wieder ein Hit. „Eigentlich“ deshalb, weil NINA & MIKE damit zwar auf Platz 1 der ZDF-Hitparade landeten – ein Verkaufserfolg war der Song dennoch nicht. Und der Slogan „drei mal dabei – bitte nicht wiederwählen“ war diesmal wörtlich zu nehmen: Nie wieder danach trat das Duo in der TV-Kult-Show auf – vielleicht war bei ihnen in der Tat das Problem, dass sie sich just in jenem Jahr privat scheiden ließen.
Etwas böse war die Beurteilung in der BRAVO bezüglich des Auftritts des Duos in Berlin:
Beim Versuch, Bump zu tanzen, kläglich gescheitert. Hätte mehr geprobt werden sollen. NINAs lockige Haarmähne fand viele Kritiker. NINA singt besser als MIKE.
Als das Duo einige Jahre zuvor fragte: „Was wird sein in sieben Jahren“, konnte man damit sagen: Ihr seid geschieden. Auch der Songtext vom „Lied der Liebe“ ist angesichts der Scheidung fragwürdig: „Das Lied der Liebe soll uns stets begleiten – werden wir auch auf manchen Wegen viel Staub und Steine sehen“. Immerhin verbrachten sie noch einen Traumurlaub a la „El Paradiso“ auf Jamaika.
Die „glorreichen Zwei“ scheitern wenig glorreich
„Das Lieblingsduo der deutschen Hitparaden und ihr neuer Hit„- so wurde Anfang 1977 die von JACK WHITE geschriebene und produzierte Single „Die glorreichen Zwei“ von der Ariola beworben – es nutzte nichts, die Single wurde ein Riesen-Flop. NINA schob den Misserfolg nicht auf die eher unterdurchschnittliche Qualität des Songs, sondern darauf, dass sie meinte, dass die Fans dem Duo die private Scheidung übel nehmen. Im „Freizeitmagazin“ sagte sie damals:
Das haben uns viele Leute übelgenommen. Man muss doch akzeptieren, dass wir versucht haben, aus unserer Situation das Beste zu machen. Wir sind doch jetzt keine anderen Menschen, nur weil wir nicht mehr verheiratet sind!
Ende der Zeit bei Ariola
Mit den kapitalen Flops „Ein Vagabund liebt seine Welt“ und „Wir tanzen alle Big Bamboo„, der deutschen Version des SARAGOSSA-BAND-Hits, wurde die JACK-WHITE- und damit die Ariola-Phase des Duos recht ruhmlos beendet.
Neue Plattenfirma – neuer Produzent: PETER ORLOFF
Nina und Mike wechselten zu PETER ORLOFF, der Produktion und vielfach auch Komposition und Textdichtung übernahm. Zunächst ging es zur Plattenfirma „Crystal“, später zu Orloffs eigener Plattenfirma „Aladin“. Die erste Single war die deutsche Version des Smokie-Hits „For A Few Dollars More“. PETER ORLOFF textete darauf „Ein paar Dollar mehr„. Die Plattenfirma warb: „Da springen bestimmt ein paar Mark mehr raus“ – diese Prognose hat sich nicht bewahrheitet, die Single wurde kein Erfolg.
Danach wurde für das Duo wieder ein Original-Song geschrieben von den jungen aufstrebenden Schlagerschreibern PETER POWER (bürgerlich PETER SCHILD) und ULLI JONAS: „Ich käm‘ am liebsten zu Dir durch’s Telefon“. Die Plattenfirma fragte in der Anzeige: „Na, hat es jetzt bei Ihnen geklingelt?“ – in den Kassen der Händler leider nicht, dafür aber in der Single. GRAHAM-BONNEY-Fans erinnern sich vielleicht noch an den Song „Wähle 333“, bei dem eine Wählscheibe zu hören ist. Genau so beginnt auch NINA & MIKEs Telefon-Song. Das nostalgische Klingelgeräusch wurde musikalisch recht witzig in den Song eingebaut.
Die BRAVO war damals von der Single durchaus angetan:
Im Discofieber: Deutsche Version von ERUPTION-Song
Auch die weiteren Singles der 70er Jahre blieben weithin unbeachtet – Lieder wie „Sommer auf Trinidad„, die deutsche Version des Reggae-Songs „Sufferin‘ in the land“ von JIMMY CLIFF und die deutsche Version des ERUPTION-Hits „One Way Ticket“, „Rückflugticket auf den Mond„, kamen einfach nicht mehr so an wie alte Erfolge.
„Nebenberufe“: Produzenten und Discothekenbetreiber
Nachdem die Plattenverkäufe merklich zurückgingen, beschritt das Duo Ende der 70er Jahre neue Wege. So waren sie kurzzeitig als Plattenproduzenten aktiv (so produzierten sie 1978 den Song „Jezebel“ in der Interpretation des Schweizers STEVE YOUNG).
Auch als Discotheken-Betreiber betätigten sich die beiden zwischen 1979 und 1991. In ihrem Club „Boa!“ traten in Ludwigshafen viele ihrer Weggefährten auf wie z. B. Christian Anders, Jürgen Drews, Jürgen Marcus und sogar Wolfgang Petry.
Deutsche Version von GOOMBAY DANCE BAND Hit
Schallplatten produzierte das Duo munter weiter. Unter PETER ORLOFFs Regie wurden noch vier weitere wenig bekannte Singles veröffentlicht: 1980 interpretierten NINA & MIKE die deutsche Version der Neuaufnahme des Klassikers „Aloha Oe, Until We Meet Again“, mit dem die GOOMBAY DANCE BAND erfolgreich war. Böse Zungen behaupten, dass MIKE sich extra für die Interpretation des Songs „Aloha Oe, bis wir uns wiedersehen“ die „OLIVER-BENDT-Gedächtnisfrisur“ zugelegt habe.
1981 gab es einen großen Trend in den Musik-Charts – unter „Stars On 45“ wurden in Medley-Form große Hits bekannter Interpreten zusammengefasst. Auf diesen Zug sprang auch der holländische Musiker LOBO auf, indem er HARRY-BELAFONTE-Klassiker als Potpourri veröffentlichte – mit großem Erfolg, selbst in England gelang damit ein Top-10-Erfolg.
Kurios: Der holländische LOBO ist NICHT identisch mit dem „Dog named Boo“-Sänger aus den frühen 70er Jahren. Da ist es fast schon absurd, dass 2001 in den Niederlanden eine CD erschien namens „Very Best of LOBO“, auf der sowohl der „Dog Named Boo“-Song als auch der „Caribbean-Song“ zu finden ist. Wie dem auch sei, die deutsche Version von NINA & MIKE, „Caribian Disco Show„, erreichte nicht annähernd den Erfolg, den das Original hatte.
Ebenfalls in den Niederlanden ein Top-10-Hit war das Lied „Our Song“ von der britischen Band GUYS’N’DOLLS. NINA & MIKEs deutsche Version von der Nummer hieß „Unser Lied„. Im Erscheinungsjahr des Songs, 1982, erschien auch ein gleichnamiges NINA-&-MIKE-Album, das in der Hochzeit der Neuen Deutschen Welle leider wenig Beachtung fand.
1982 hatte JUAN PARDO mit „No me hables“ einen Hit. FRED JAY machte darauf einen deutschen Text – aber auch diese letzte von PETER ORLOFF produzierte gleichnamige Single schaffte keinen kommerziellen Durchbruch, obwohl sie sie am 21. August 1982 im deutschen Musikladen (moderiert von MANFRED SEXAUER) vorgestellt haben. Folglich zog sich das Duo für einige Jahre vom Tonträgermarkt zurück.
Nach vier Jahren für drei Singles zurück zu Ariola
Vier Jahre später kamen NINA & MIKE zurück zu ihrem langjährigen Vertragspartner Ariola. 1986 schrieb die renommierte Textdichterin IRMA HOLDER den deutschen Text des britischen Top-20-Hits „All Night Holiday“ von RUSS ABBOT. „In den Sommer flieh’n“ lief zwar gut im Radio, ein echter Hit wurde es aber nicht. Bemerkenswert ist, dass das Duo erstmals für sich selbst einen Titel produzierte.
Im Jahr darauf, 1987, erschien erneut bei Ariola die nächste Single der beiden, die von ihnen auch wieder selbst produziert wurde: „Amore Mio“ – zur Komposition von Musikern der Rock-Band TOPAS fand erneut IRMA HOLDER die Worte. Spannend: 2021 wurde „ausgerechnet“ dieser Song gecovert- vom Berliner Straßenmusiker ALEX d’FABIAN, der den Titel zusammen mit JULIA CASINA, einer langjährigen Freundin, neu aufgenommen hat.
Erneut in Eigenregie produzierten NINA & MIKE 1988 dann den für sie typischen Urlaubssong „Mit dem Südwind um die Welt„, erneut von IRMA HOLDER getextet.
1988 bis 1991: Unter Vertrag bei KOCH Records
Zwischen 1989 und 1991 veröffentlichte das Schlagerduo fünf Singles bei KOCH-Records, von denen leider kaum jemand Notiz nahm: „San Angelo“ (1988), „Der Stern von Montego“ (1989), „Heute Nacht und für immer“ (1990), „Fernandos Bodega“ (1990) und „Der Wein von Samos“ (1991). Die Songautoren hießen insbesondere DETLEF RESHÖFT, RUDOLF MÜSSIG und IRMA HOLDER, später war auch BEN BROCKER am Start. Einige Quellen geben bei letztgenanntem Song übrigens an, es handle sich um eine Neuaufnahme des Costa-Cordalis-Songs von Ende der 70er Jahre, was aber nicht stimmt – bei dem Song handelt es sich um eine eigene Komposition.
Neuer Produzent: PETER DÖRR
Nach einem Jahr Pause, in dem lediglich eine unveröffentlichte Promo-Single produziert wurde („Wo die Träume zu Hause sind„), banden sich NINA & MIKE im Juni 1993 an den Schlager-Produzenten und Songwriter PETER DÖRR und dessen Plattenfirma „Caribic“.
Stoßrichtung war es, dem „modernen Sound Rechnung zu tragen„, was offensichtlich gut gelang: Gleich die erste dort veröffentlichte Single, „Herzblatt – gesucht von Steinbock“ wurde in der TV-Sendung „Die deutsche Schlagerparade“ präsentiert, mit dem Lied gelang ein phänomenaler erster Platz in der TV-Show. Auch in vielen Rundfunkhitparaden konnte sich das Duo endlich wieder sehr erfolgreich platzieren.
Auch die nächste 1994 veröffentlichte Single, „Sag doch ‚take it easy‘ zum Leben“ wurde in der Schlager-Sendung „Deutsche Schlagerparade“ vorgestellt, diesmal konnten sich Nina und Mike mit dem PETER-DÖRR-Song aber nicht platzieren.
„25 Jahre NINA & MIKE“
1995 gab es einen Grund zum Feiern: „25 Jahre NINA & MIKE“ – zu diesem Anlass wurde nicht nur von der Ariola eine viel gesuchte gleichnamige CD mit dem Untertitel „Unsere größten Erfolge“ veröffentlicht mit Originalen(!) ihrer großen Erfolge bei der Ariola. Auch zwei Singles wurden im Jubiläumsjahr veröffentlicht: „Komm steig mal aus“ und das autobiografische „Pferdeschwanz und Pettycoat“. Die im Rock’n’Roll-Stil gehaltene originelle Single schaffte 1996 immerhin einen dritten Platz in der TV-„Deutschen Schlagerparade“.
Die letzten drei regulären Singles bei Caribic waren „Mi Amor“ (1996), „Das ist Klein Italien“ (1998) und „Heut steigt bei uns ne Riesenparty“ (1999). Zum Jahrtausendwechsel wurde dann die Zusammenarbeit mit PETER DÖRR beendet, um erneut mit PETER ORLOFF zusammenzuarbeiten.
PETER ORLOFF zur Jahrtausendwende wieder Produzent
Dessen Philosophie zur Jahrtausendwende war es, Welthits mit deutschem Text neu zu veröffentlichen. So wurde 1999 „Ich leb‘ im Traum“ veröffentlicht, die deutsche Version von ABBAs „I Have A Dream“.
Nach zwei weiteren Singles, „Probier’s doch mal mit Musik“ (2000) und „Denn man sieht vor lauter Bäumen…“ (2001, eine „Nachzügler-Single“ mit Country-Elementen und Auskopplung aus der Zeit mit Peter Dörr), wurde 2001 die PETER-ORLOFF-Produktion „Santo Domingo“ veröffentlicht – eine Neuaufnahme des Klassikers von WANDA JACKSON.
2002-2003 wenig Erfolg mit Caribic-Songs
In den nächsten Jahren , 2002 und 2003, wurden weitere Titel von Caribic veröffentlicht – die Auskopplungen wurden kaum wahrgenommen: „Weil wir beide uns gut verstehen„, Cover eines Songs von SANDY & ANDY, und „Reggae Nights„.
Nachdem rund 25 Jahre zuvor der PETER-ORLOFF-Song „Sommer auf Trinidad“ floppte, versuchten NINA & MIKE es mit dem „originellen“ Lied „Sommer, Sonne und Trinidad“ – der Erfolg dieser 2003er-Veröffentlichung war mit dem des ORLOFF-Songs vergleichbar.. Im gleichen Jahr wurde der Song „Tausend mal in jeder Nacht“ produziert, der aber nie auf Tonträger erschienen ist.
Mit „Komm sei stark“ Rückkehr in die Airplay-Charts
Etwas Aufwind in die Karriere NINA & MIKEs brachte der Wechsel zu „Vandango“. Unter der Regie von JÜRGEN WESTPHAL, unter Mitwirkung von MATS BJÖKLUND und mit Liedern von STEFFEN PETERS gelang der eine oder andere Radio-Hit. Gleich die erste „Vandango“-Single, „Komm sei stark„, schaffte es bis auf Platz 2 der media control-Formatradiocharts (Volksmusik).
Ein Jahr später wurde mit gleichem Team der Song „Er wollte wie Picasso sein“ eingespielt, und Nina & Mike räumten beim Schlagermove in Hamburg am 03.07.2004 ab. (Damals wurde etwas frustriert beklagt, dass das Duo nicht zu den Schlager-Starparaden-Konzerten eingeladen wurde. Zitat Vandango Media:
„Es ist völlig unverständlich, dass Nina & Mike nicht zu den großen Schlager-Starparaden eingeladen werden.“
2005: NINA verstirbt
Am 07.04.2005 verstarb Nina im Alter von nur 58 Jahren in Wilhelmshaven. Sie erlag einem Lungenkrebs-Leiden.
Die Feier zum geplanten NINA-&-MIKE-Jubiläum – 2005 hätte es das Duo seit 35 Jahren gegeben, fiel damit aus, ebenso kam es nicht mehr zum angepeilten Vertrag mit Universal Music Group, der sogar die Produktion einer Jubiläums-LP vorgesehen hätte. So wurde dann nur noch ein Lied namens „Good Bye mon Amie“ als Promo-Single veröffentlicht, das allerdings recht billig produziert wirkt.
Ende 2005 schrieb MIKE in Gedenken an seine langjährige Gesangspartnerin ein von den Zwillingen ALFRED und STEFAN KAPFER verfasstes Lied, dessen Text er selber gemeinsam mit der Textdichterin BIRGIT FRITZSCHE verfasst hat: „Nina, danke für alles!„.
MIKE: Solokarriere-Planungen
Mike plante, seine Karriere fortzusetzen. Zunächst war im Gespräch, MARGIT ANDERSON (, die schon Duetterfahrung mit dem volkstümlichen Sänger ROLAND STEINEL hatte,) als Gesangspartnerin aufzutreten unter dem Namen „MARGIT & MIKE“ – ein Tonträger der beiden wurde aber nie veröffentlicht. Auch das Duett „BETTINA & MIKE“, das eine Zeit lang geplant war, erwies sich als Luftblase.
„CARMEN & MIKE“: Es bleibt bei einer Single
Drei Jahre nach NINAs Tod, 2008, wurde mit Partnerin „CARMEN“ dann tatsächlich eine neue Single veröffentlicht: Unter dem Namen „CARMEN & MIKE“ erschien der von ELMAR NODERER komponierte und von BERND MEINUNGER getextete Song „Der Schlüssel zum Glück ist die Liebe„. Das war die letzte Single, die von MIKE veröffentlicht wurde. Noch im gleichen Jahr entschied sich MIKE dafür, erneut eine andere Duett-Partnerin zu wählen, weil die vorherige Partnerin angeblich wohl dem Medienrummel nicht gewachsen war.
Und so wurde verkündet, dass es unter dem Namen „NINA & MIKE“ ab 2009 weitergehen sollten. Die „neue NINA“ wurde von der Sängerin ANITHA WARNES verkörpert. Es hieß damals, dass sie Mike ganz „uneigennützig“ helfen wollte, weil er ein Freund sei. Es wurde verlautbart: „Optisch wäre es auch für die TV-Anstalten und die Branche ein Gewinn„.
Was damit gemeint war und warum sie nur „optisch“ und nicht etwa gesanglich als Gewinn vorgestellt wurde, kann man erahnen, wenn man folgenden YouTube-Clip aufruft – die Dame ist immerhin blond und beherrscht perfekt den „ANDREA-JÜRGENS-Tanzgrundschritt“… – wozu muss man da noch singen können?:
„Erstaunlicherweise“ wurde mit ihr nie ein Tonträger gemeinsam mit MIKE produziert…
2015: MIKE erliegt einer Lungenentzündung
Anschließend zog sich MIKE mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurück. Am 16.07.2015 erlag er im Alter von 71 Jahren einer Lungenentzündung. Zur Enttäuschung vieler Fans wurde über seinen Tod von den Medien nur wenig berichtet.
Auch wenn in Foren NINA & MIKE als „CINDY & BERT für Arme“ verspottet werden und in der Tat an deren Erfolg nie wirklich herankamen, wird ihre Musik sicher unvergessen bleiben. Insbesondere das Durchhaltevermögen ist hervorzuheben – und: Sie sind ihrem Stil (im Gegensatz zu vielen anderen Kollegen) immer treu geblieben.
Autor: Stephan Imming