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STEFAN MROSS: Kolumne Immer wieder sonntags und der deutsche Schlager – von THOMAS KAISER

STEFAN MROSS: Die Saison 2022 ist Geschichte

Unglaublich, wie die Zeit vergeht: Die Saison “Immer wieder sonntags” anno 2022 ist Geschichte. Zeit für ein Fazit – und das überlassen wir unserem Kolumnisten THOMAS KAISER, der nach längerer Zeit mit gewohnt spitzer Zunge die “IWS”-Saison 2022, die auf jeden Fall als sehr erfolgreich angesehen werden kann, unter die Lupe genommen hat. Hier seine wie wir finden treffende Analyse: 

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STEFAN MROSS: Ist “Immer wieder sonntags” der “Fernsehgarten des ZDF”?

Die Einschaltquoten für Immer wieder Sonntags sind in dieser Saison sehr gut. Die Veränderungen, mit der die Show in diesem Jahr daherkommt, rauben ihr die Eigenständigkeit gegenüber anderen Formaten. Da nun auch das Kochen seit einiger Zeit dazugehört und VINCENT GROSS neben dem Schlagerquiz für Challenges bereitsteht, könnte man IWS auch für einen Fernsehgarten der ARD halten.

FRAU WÄBER wegrationalisiert

Vieles, was man aus den letzten Jahren kannte, gibt es nicht mehr, obwohl genau diese Dinge für viele Jahre in der Vergangenheit, man kann ruhig die letzten 10 bis 12 nennen, gut genug waren. Auftritte von Comedians aus dem schwäbisch/badischen Raum wie von CHRISTOPH SONNTAG, ROBERTO CAPITONI oder HEINRICH DEL CORE gibt es nicht mehr. Auch eine FRAU WÄBER mit OPA MROSS sind verschwunden. Das regionale, was hier immer mit reinspielte, wurde wegrationalisiert. Erstaunlich, das rote Mikrofon für kleine Künstler gibt es noch.

Chöre nicht mehr dabei

Auch anderes fiel dem Rotstift zum Opfer. Die Sendung fiel immer durch Präsentation von Chören aus dem Rahmen. Die REGENSBURGER DOMSPATZEN, der TÖLZER KNABENCHOR sind Schwuppdiwupp weg. Auch die MÜHLENHOF-MUSIKANTEN sah man nicht.

Bühne geändert

Die Bühne, die bis zur letzten Spielzeit 2021 noch mit einem Balkon und an den Seiten mit Treppen gestaltet war, wurde durch drei einzelne Bühnenelemente ersetzt, die verloren in der Landschaft herumstehen. Es gibt keine Einheit. Man kann sie auch als überdimensionierte Wartehäuschen an Bushaltestellen wahrnehmen. Außerdem gibt es weniger Blumen- und Pflanzenschmuck. Durch den fehlenden Balkon hat man die Vielfalt verschiedener Auftritte eingeschränkt. Hier sei der deutsche Jazz- und Swingmusiker TOM GAEBEL mit folgenden Worten aus dem Videointerview  “The Making of Live at the Savoy”, welches im Rahmen seines neuen Albums “Live at the Savoy” veröffentlicht wurde, zitiert: “Die größten Auftritte kommen immer von oben nach unten!”

Bezeichnender Versprecher

Kann es sein, dass Stefan Mross ab und zu nicht weiß, wo er sich befindet? Am 28. August spricht er vom Europa-Park und nicht von der Wasserwelt Rulantica in Rust. Hat ihm der alte Standort besser gefallen? Das neue Gelände wirkt ehrlich gesagt etwas abseits gelegen. Im Europa-Park war man mittendrin und auch der TV-Zuschauer hatte hin und wieder die Fahrgeschäfte im Blick.

Gelungene Vertretung durch BERNHARD BRINK und UTA BRESAN

Eine Ausgabe wurde in diesem Jahr kurzfristig von UTA BRESAN und BERNHARD BRINK moderiert. STEFAN MROSS war krank. Die beiden haben es auch durch jahrelange Erfahrung sehr gut gemacht, nichts anderes war zu erwarten. Danach tauchte in den sozialen Medien einige Mal die Forderung auf, BERNHARD BRINK sollte die Moderation in Zukunft fortführen. STEFAN MROSS solle abgelöst werden. So weit so gut. MROSS ist aber nun mal der Moderator für Immer wieder Sonntags. Wenn er abgelöst wird, würde die Show noch mehr an Eigenständigkeit verlieren. Das passt nicht.

“Schlager des Sommers, Schlager des Jahres – ein Fall für das Duo BRINK / BRESAN?

Viel sinnvoller ist es, BERNHARD BRINK und UTA BRESAN beim MDR die Moderation anderer Schlagerformate zu übertragen. “Die Schlager des Monats” und “Musik für Sie” sind nur simple Clipshows ohne Charakter, daran ändern auch Interviews nichts. Die beiden würden sehr gut als Moderatoren, vielleicht auch als Duo zu den “Schlagern des Jahres” und den “Schlager des Sommers” passen. Der MDR sollte in dieser Richtung Überlegungen anstellen.

Änderung der musikalischen Richtung

Wenn man der Musik lauscht, die den Zuschauern geboten wurde, hat man den Eindruck, alles wird ständig wiederholt, alles klingt gleich. Zu diesem Punkt gibt es einige interessante Aussagen von zwei Künstlern der deutschen Schlagerszene. Der Komponist und Texter Christian Bruhn und die Sängerin Katja Ebstein gaben der Süddeutschen Zeitung (erschienen am Freitag, dem 13. März 2022, Ausgabe 110 in der Rubrik Medien) ein Interview. Auf die Frage: “Herr BRUHN, könnten Sie heute noch ein Lied wie “Wunder gibt es immer wieder” schreiben?” antwortete der Befragte: “Das könnte ich schon, ich kann nur nicht schreiben, was jetzt modern ist.” 

Die Nachfrage, ob ihn heutige Schlager langweilen, beantwortete CHRISTIAN BRUHN wie folgt: 

Das Programm von Bayern 3 ist sehr gleichförmig. HELENE FISCHER ist zweifellos hochbegabt, aber es ist immer dasselbe. Früher gab es einen Tango, einen langsamen Walzer oder eine Polka. Im Musikprogramm ist alles egalisiert und eintönig.

KATJA EBSTEIN ergänzte: “Dieser wahnsinnig einfältige Deutschbeat geht einem ziemlich auf die Nerven.” – und BRUHN erwiderte: “Volksmusik mit Disco-Rhythmus.”

Volksmusik mit Disco-Rhythmus

Bild von Schlagerprofis.de

Foto KASTELRUTHER SPATZEN: © HR/SWR/Andreas Braun/mediensegel

Zu der letzten Aussage gibt es ein sehr treffendes Beispiel. Die KASTELRUTHER SPATZEN spielten in dieser Saison ihren neuen Hit “Freundschaft aus Gold”. Dieses volkstümliche Lied enthält alles, was man von den Spatzen erwartet, aber auch sie haben in diesem Musikstück einen Beat verarbeitet. Warum? Es ist vollkommen überflüssig. Hier bestätigt sich das, was CHRISITAN BRUHN und KATJA EBSTEIN sagen: Volksmusik mit Discobeat.

Von Beats erschlagen

Musikalische Egalität findet man auch an vielen anderen Stellen der Show, z.B. in Folge 9. Ob DJ ÖTZI, FRANCINE JORDI, CLAUDIA JUNG oder OLAF BERGER – alle Songs besitzen einen stark in den Vordergrund gesetzten Beat. Diese Beats gibt es heute in der Schlagerbranche in so großer Anzahl, dass man davon schon fast erschlagen wird. Es tut auch den Stimmen nicht gut, es wird permanent gegen sie komponiert und arrangiert. Sehr gut zu hören bei PIA SOPHIE mit “Ewig” oder MIKE LEON GROSCH “Meine Wahl”.

Auch die Abläufe sind heute zu 99,9 % vollkommen gleich. Sie sind mittlerweile so vorhersehbar, das selbst ein Laie erkennt: “Jetzt kommt der Discobeat, da ist er schon!” Hier betätigt sich die im o.g. Interview genannte Eintönigkeit.

Vereinzelt leider Deutsch-Pop statt Schlager bei IWS

Sicher bietet IWS eine Menge an verschiedenen Künstlern, da hat die Show immer noch Vorteile gegenüber anderen. Wieso aber eine SENTA oder ein ALEXANDER KNAPPE? Die beiden sind eher Deutsch-Pop statt Schlager. Warum also nicht ALEXANDER MARTIN mit straightem Schlagerrock oder einer bei uns eher noch unbekannte MELANIE PAYER aus Österreich ein Forum bieten? Ist die Zeit nicht längst reif, auch anderen Genres der deutschen Musik eine Bühne zu bereiten? Wo bleibt ein Format für ADEL TAWIL, LEA, SENTA, WINCENT WEISS und Kollegen? Schweigen im Walde.

In dieser Saison hatte der deutsche Jazz- und Swingmusiker TOM GAEBEL, der auch als der deutsche FRANK SINATRA bezeichnet wird, mit “Papa loves Mambo” einen Auftritt.  Ein Song, der bei dem heutigen Angebot an Musiksendungen schon etwas Besonderes ist. Aber was macht man? TOM GAEBEL performt mit seinem Orchester nur diesen einen Titel. Danach ging es in die Küche zum gemeinsamen Kochen mit ANNA-CARINA WOITSCHACK. Man nutzt also nicht die Chance, den Zuschauern ein weiteres Mal einen ganz anderen Klang zu präsentieren. Sein auf Deutsch gesungenes “Auf die Eleganz” veröffentlicht am 12. November 2021 (siehe HIER), wäre an dieser Stelle ideal gewesen. Es fand nicht statt.

NICOLE und TOM GAEBEL: Mehr als ein Song nicht drin

TOM GAEBEL ist ja wie viele andere Künstler von dem Umstand betroffen, auch nach 17 Jahren Show-Business nur sehr wenige TV-Auftritte zu haben. Liegt es daran, dass er konsequent seinen eigenen musikalischen Weg bestreitet und den auch noch mit eigenem Orchester? So nach der Prämisse: “Wo kommen wir denn hin, Musiker mit eigener Note zu präsentieren! Wir in der Schlagerszene bleiben uns treu, wir setzen immer auf das Gleiche. Abwechslung und Vielfalt existieren bei uns nicht!”

Merkwürdig auch, dass NICOLE nach längerem unfreiwilligem Fernbleiben (aufgrund von Krankheit) nur ein Lied bringen durfte. Die neue Single “Ich bin zurück”. Warum gab es nicht “Ein bisschen Frieden, oder ein Medley aus “Allein in Griechenland” und “Mit dir vielleicht”? Sehr schade.

Blick in die nächste Saison

Ein Vorschlag für die nächste Staffel 2023. Die Stars, die oft auf den vorderen Chart-Plätzen landen, ANDREA BERG, DJ ÖTZI usw. bekommen immer zwei Auftritte in der Sendung. Das sollte geändert werden, statt der Elite kommt die zweite oder dritte Reihe des Schlagers an die Reihe. In diesem Jahr hätten dies die Newcomerin LUNA KLEE und CHRISTIAN LAIS sein können. Warum CHRISTIAN LAIS im Gegensatz zu ROLAND KAISER nicht längst in der ersten Reihe steht, kann nicht beantwortet werden. Seine neue Single “Die Wahrheit” steht dem Lied “Sag mir wann” in nichts nach.

Sommerhit-König aus Österreich

Der Sommerhit-König ist in diesem Jahr LUCA STANGL aus Oberösterreich. Sein Titel “Hauptsach mir san xund” bietet  volkstümlichen Schlager mit Quetschen/Handorgel ohne Firlefanz. LUCA STANGL war seit vielen Folgen der eindeutige Favorit auf den Sieg. Zeigt sich hier ein Wusch der Zuschauer nach mehr Schlager im volkstümlichen Gewand? Dieser Schlager ist in vielen Showformaten eindeutig  unterrepräsentiert, gerade auch in der ARD und beim MDR.

Fazit

Nach unzählig vernommenen Discobeats und sämtlichen Varianten davon stellt sich wieder die entscheidende Frage: Wann gibt es im deutschen Schlager Komponisten, Produzenten und auch Künstler, die diese Eintönigkeit von Beats und den auch immer gleichen Arrangements durchbrechen und sagen: “Wir machen es jetzt anders. Wir setzen auf Melodien und Harmonien. Wir erweitern den Klangkörper im Schlager durch weitere Instrumente!”

Das ganze nicht missverstehen: Der Discobeat-Schlager hat seine Berechtigung. Wenn von 30 Künstlern aber 28 zu den immer gleichen Songstrukturen über die Bühne tanzen, hat man das Gefühl, irgendwann abzuschalten und es auch nicht mehr einzuschalten. Der Grund, man weiß als Fan und Zuschauer sowieso, was kommt.

Thomas Kaiser

Foto: © SWR/Schneider-Press/W. Breiteneicher

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7 Antworten

    1. Das dachte ich auch gleich. Eine 1:1 Kopie

      Wenn aber Martin nicht Herr Kaiser ist, dann sollte man doch gleich Martin die Rezession schreiben lassen.

      Dann kann man sich den Umweg über Herrn Kaiser sparen.
      Vielleicht ist das auch kostengünstiger.

      Nur ein Vorschlag.

      1. Müssen wir jetzt vielleicht auf alles gefasst sein..
        Ist Thomas Kaiser jetzt Martin und auch vielleicht Stephan Imming ?

  1. Ich fasse mal, zwischen den Zeilen lesend, bzgl. der Rezension die Vorstellung von Herrn Kaiser (oder wie er auch heißt) über Schlager zusammen:

    Früher war alles besser, der heutige moderne Schlager ist Teufelszeug.

    Oder?

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