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HANS R. BEIERLEIN: Der “Erfinder” der deutschen Charts und “Entdecker” von UDO JÜRGENS verstorben

HANS R. BEIERLEIN: Ein erfüllter Lebenskreis hat sich geschlossen

Die 93 Lebensjahre des überaus erfolgreichen Medienmoguls und Topmanagers zusammenzufassen, ist eine Aufgabe, die so gut wie nicht zu bewältigen ist. HELMUT SCHMIDT soll über ihn gesagt haben, dass er ein medialer Gemischtwarenhändler gewesen sei. Picken wir uns einfach ein paar Aspekte aus dem Leben des enorm bedeutenden Mannes, der eher hinter den Kulissen tätig war, heraus. 

Schlager als Filmmusik verkauft

Schon 1958 hatte HANS R. BEIERLEIN eine großartige Geschäftsidee. Er kaufte von den damaligen Plattenfirmen Polydor und Heliodor Schlagerrechte an und verkaufte sie (insbesondere) dem Filmproduzenten “ATZE” BRAUNER (CCC-Film), die ihrerseits Handlungen um beliebte Schlager erfanden. 

Mitbegründer des Musikmarkts und damit der ersten “offiziellen” deutschen Charts

Bild von Schlagerprofis.de

Heutzutage kaum noch vorstellbar – noch bis Ende der 1950er Jahre Normalität: Es gab in Deutschland keine “richtigen” Charts. Es gab zwar Vorläufer, insbesondere im “Automatenmarkt” – repräsentative Charts aber führte HANS R. BEIERLEIN ein – zusammen mit dem von ihm (mit) ins Leben gerufene Branchenblatt “Der Musikmarkt”, der über viele Jahrzehnte hinweg DAS Branchenblatt schlechthin war. Gleich mehrere Hitparaden wurden seither erhoben – Schallplatten, Airplay (Rundfunk), Automaten, Noten usw. – detailliert konnten sich Fachhandel und Interessierte orientieren.

Das war ein Geniestreich, denn: Genau diese Liste benutzte BEIERLEIN dann – so ist es zumindest in einigen Artikeln zu finden – um Lieder durchzusetzen, die dann im Film vorkamen.

Die Idee, einen Film um Schlagertitel zu konstruieren und nicht – wie das sonst üblich war, Schlager in den “Plot” einzubauen, beanspruchte BEIERLEIN laut Angabe des Buchs “Schlager. Versuch einer Gesamtdarstellung unter besonderer Berücksichtigung des Musikmarktes der Bundesrepublik Deutschland” für sich. – Mit anderen Worten “spendierte” BEIERLEIN Deutschland “endlich” eine Hitparade, was er aber nicht ganz selbstlos tat. 

Edition Montana schon früh mit großem Erfolg

Die ebenfalls (wie der Musikmarkt) 1959 gegründete Edition Montana hatte auch schon früh großen Erfolg. Das Duo JAN & KJELD wurde (in Kooperation mit dem Berliner Verleger PETER SCHAEFFERS) unter Vertrag genommen – und “Banjo Boy” war gleich ein Riesenhit. Auch “Gitarren klingen leise durch die Nacht” war ein großer Erfolg – auch dank der Zusamenarbeit mit “AMIGA”. Und auch 1959 gehörte Klappern zum Handwerk: 

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Historische Begegnung mit UDO JÜRGENS

Ein historisches Treffen fand 1963 in der Münchner Pension “Hella Georga” in der Georgenstraße 6 in München statt. Hier traf BEIERLEIN die Musiker FRANK FORSTER und… – eben UDO JÜRGENS. Kaum zu glauben, aber wahr: die beiden teilten sich damals ein Zimmer. BEIERLEIN erkannte das große Talent von UDO und holte ihn zur “Deutschen Vogue”. Spannend: Damals war er (noch) Teilhaber der Deutschen Vogue GmbH. Die Rechnung ging auf – gleich die erste Single “Kiss Me Quick / 1000 Träume” war – anders als (außer “Jenny”) Udos vorherige Titel ein guter Erfolg, insbesondere in Österreich. 

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Als UDO JÜRGENS erstmals 1964 beim Grand Prix teilnahm – KARL LACKNER vom ORF bat BEIERLEIN um Rat, wer Österreich beim ESC vertreten könne. BEIERLEIN empfahl UDO JÜRGENS unter der Bedingung, dass  er ohne Vorentscheid antreten könne. Man einigte sich darauf, dass es eine interne Vorauswahl gegeben hätte – Motto “Warum nur, warum” habe sich gegen “Stille Nacht heilige Nacht” durchgesetzt. 

Der Erfolg gab BEIERLEIN recht: Platz 5 war ein schöner Erfolg, so dass man 1965 noch einmal so verfuhr. Gegen “Am Brunnen vor dem Tore” setzte sich “Sag ihr, ich lass sie grüßen” durch. Ergebnis: Platz 4. Selbstbewusst erörterte der Münchener BEIERLEIN, warum er seinen Schützling auch 1965 nicht etwa für Deutschland, sondern für Österreich starten ließ – selbstredend im Musikmarkt: 

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Das Erfolgsrezept wurde erfolgreich 1966 beibehalten – erstmals gewann Österreich die Eurovision, UDO JÜRGENS holte den Sieg mit “Merci Cherie”. Erneut gehörte Klappern zum Handwerk:

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Wie die weitere Karriere von UDO JÜRGENS weiterging, ist gemeinhin bekannt. Leider kam es 1977 wegen eines Steuer-Problems zum Bruch zwischen UDO und BEIERLEIN – viele Jahre lang gab es keinen Kontakt mehr unter den einstigen Freunden. 

1968: ALEXANDRA unter Vertrag

Immer schon liebte HANS R. BEIERLEIN das französische Chanson und vergaß da manchmal sogar das sonst immer von ihm berücksichtigte kaufmännische Denken. Im Fall ALEXANDRA passten Kommerz und künstlerischer Anspruch aber zusammen – mit ihr soll BEIERLEIN kurzzeitig auch privat liierg gewesen sein. Leider ist die großartige Künstlerin viel zu früh im Jahr 1969 bei einem Verkehrsunfall verstorben. Anno 1968 warb Montana damit, ALEXANDRA unter Vertrag genommen zu haben. 

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Auch HEINO vertraute Montana

Auch mit dem Volkssänger HEINO war BEIERLEIN verbandelt – und war an dessen Superhit “Blau blüht der Enzian” beteiligt.

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Fußball ist unser Leben

Sowohl musikalisch wie auch in Sachen Vermarktung war HANS R. BEIERLEIN auch in Sachen Fußball unterwegs. Zur Fußball-WM in Deutschland 1974 war er am Hit “Fußball ist unser Leben” beteiligt, dem ersten Schlager, der von der Nationalmannschaft gesungen wurde – ein “Rezept”, das über viele Jahre für große Hits passte. Aber auch in Sachen Fußball-Rechte machte er von sich reden, indem er erstmals dafür sorgte, dass das “Monopol” von ARD und ZDF beim TV-Rechte Kauf von Bundesliga-Rechten durchbrochen wurde. 

Volksmusik-Hype

Schon früh erkannte HANS R. BEIERLEIN die Popularität volkstümlicher Musik, die in den 1990er Jahren zu einem regelrechten Boom wurde. Der vom ORF erstmals 1981 ausgestrahlte Musikantenstadl wurde erst 1983 auch in Deutschland gesendet. Auch diesbezüglich hatte BEIERLEIN einen tollen “Riecher”…

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Grand Prix der Volksmusik

Auch bei der “Erfindung” des überaus erfolgreichen Formats “Grand Prix der Volksmusik” war BEIERLEIN federführend – von Anfang an. Stars wie STEFAN MROSS, STEFANIE HERTEL und die KASTELRUTHER SPATZEN sind bis heute erfolgreich.

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Feste der Volksmusik – bis heute erfolgreich – auch da BEIERLEIN am Ball

In den 1990er Jahren erkannte BEIERLEIN das große Erfolgsrezept der “Feste” – eine Show, die es bist heute überaus erfolgreich gibt…

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Man könnte das Thema unendlich weiterführen – aber wir finden, das ist schon eine ganz gewaltige Lebensleistung. 

Am 5. August 2022 ist HANS R. BEIERLEIN nach einem erfüllten Leben eingeschlafen. Die BILD-Zeitung berichtete darüber – und es ist offiziell: Der wohl bedeutendste Medienmogul Deutschlands lebt nicht mehr. Ohne ihn hätte sich der Schlager anders entwickelt. 

Für uns ist seine größte Lebensleistung der Aufbau der Karriere des großen UDO JÜRGENS’. Seine langjährige Vertraute BIZZY NIEßLEIN wird nun sein Werk – davon sind wir überzeugt – in seinem Sinne weiterführen. Wobei BEIERLEIN schon zu Lebzeiten alle organisatorischen Dinge geregelt hat. Die Firma “montanamedia” gibt es schon seit 2021 nicht mehr – 60 Jahre lang hat BEIERLEIN Strippen gezogen, das ist eine große Lebensleistung, vor der wir uns verneigen.

Möge er in Frieden ruhen. 

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Schlagerprofis – Der Podcast Folge 031

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