Sarah Zucker CD-Front Wo mein Herz ist

SARAH ZUCKER: Schlagerprofis-Rezension ihres Debutalbums “Wo mein Herz ist”

Mit viel Spannung wurde SARAH ZUCKERs Debutalbum erwartet – nun ist es da. Wir haben uns das Album angehört und finden, dass SARAH durchaus Potenzial hat, mehr als “Schwester von…” zu sein:

1. „Perfekt“ – ein Mutmachersong

„Nicht ohne meinen Bruder“ – so scheint das Motto von SARAH ZUCKER zu lauten, denn schon der Einstieg in ihr Album ist „Perfekt“ (- genau so heißt das erste Lied des Albums, ein Duett mit Brüderchen BEN ZUCKER). Laut BENs Touransage war es der „erste eigene Song“, den SARAH geschrieben habe – Grund genug, als Geschwisterduo dieses Lied auf der BEN(!)-ZUCKER-Tour 2019 zu interpretieren – für BEN sicher ein noch schöneres Duettgefühl als das imposante Duett mit Superstar HELENE FISCHER. Mit dem ersten Titel des Albums greift SARAH das Thema auf, dass jeder Mensch ein Individuum ist, das nicht „perfekt“ ist: „Fehler machen uns erst schön“. Viel Identifikationspotenzial ist gegeben, wenn der geneigte Schlagerfan hört, dass es nichts Ungewöhnliches ist, wenn man „vom Rand aus zusieht“, wenn „die anderen tanzen“. SARAH setzt sich in ihrem ersten im Popsound gehaltenen Titel dafür ein, zu sich selbst zu stehen – sicherlich ein gutes Thema, auch musikalisch sehr schön umgesetzt.

2. „Ohne Dich“ – Gute-Laune-Plädoyer für das Loslassen

Mit „Ohne Dich“ überrascht SARAH ihre Fans mit einer Uptempo-Nummer, die auch in Clubs sicher gut tanzbar ist. Im typischen 80er-Sound ist der Song gehalten, und auch das Video, in dem SARAH Rollschuhe fährt, zeigt, dass sie sich von dieser Zeit hat inspirieren lassen. Der treibende Beat des Songs war sicher ein Grund, das Lied als Single auszukoppeln. Anders als der Titel es vermuten lässt, geht es in dem Song darum, nach einer einengenden Beziehung wieder frei zu sein: „Ohne dich bin ich wieder frei“. So gesehen ist das Lied fast so etwas wie eine Fortsetzung von SARAHs erster Single:

3. „Zeit, um zu gehen“ – Ballade über das Ende einer Beziehung

Der tiefgründige Song „Zeit, um zu gehen“ ist – ganz anders als „ohne dich“ – balladesk gehalten. In diesem Lied geht es um das Ende einer Beziehung, also quasi der Status, der vor „Ohne dich“ in der Beziehung erreicht ist. Wehmütig bedauert SARAH ZUCKER in dem Song, der als Vorabsingle veröffentlicht wurde, dass „immer das Schönste zu schnell vorbeigeht“ – ein Text aus dem Leben, den wohl jeder unterschreiben kann. Aus dem Lied geht hervor, dass SARAH mit ihrem ehemaligen Lebenspartner eine tolle Zeit hatte, die sie auch nicht missen möchte – nun ist es aber offensichtlich eben „Zeit, um zu gehen“. Anlässlich der Single-VÖ haben wir HIER übrigens den Titel sehr ausführlich besprochen.

4. „Ich nehm‘ dich mit“: Reminiszenz an Cyndi Lauper

Voll das 80er-Feeling liefert dann der Song „Ich nehm‘ dich mit“. Dass der Autor des CYNDI-LAUPER-Klassikers „Girls Just Wanna Have Fun“ auch als Coautor des vierten SARAH-Songs ihres Debutalbums genannt ist, hat seine Gründe – Phrasen dieses Welthits läuten den hitverdächtigen Titel ein. Hier und da ist auch MADONNAS „Lucky Star“ im Song zu hören. Emanzipiert steht SARAH ZUCKER zu ihrem kurzen Kleid (kann sie übrigens bei ihren Edelbeinen auch) und kritisiert eher die „zu langen“ männlichen Blicke. Auch in diesem Song ist genießt SARAH ZUCKER ihr Dasein als Single. Sie „tanzt sich frei“ – merke: „Dafür brauch‘ ich Musik, aber keinen Mann“. Auch wenn der Verehrer alles versucht, genießt SARAH offensichtlich selbstbewusst die Möglichkeiten ihrer weiblichen Reize – das klingt etwas wie die „erwachsene“ Version von MARIE REIMS „Weil das Mädels so machen“, ist aber als Hommage an den Kultsong „Girls Just Wanna Have Fun“ gemeint. (Wobei das eine das andere nicht ausschließt…). Eigentlich ein perfekter Single-Song mit starkem Hitpotenzial.

5. „Wo mein Herz ist“ – Heimweh in Australien

Der Titelsong des Albums beschreibt laut eines Interviews die Zeit vor etwa zwei Jahren, als SARAH für längere Zeit in Australien war und sie das Heimweh plagte. Die melancholische Ballade „Wo mein Herz ist“ erzählt davon, dass SARAH ZUCKER „10.000 km“ entfernt da ankommt, wo sie eigentlich immer hinwollte – in Australien, einem Land, das Freiheit verspricht. Die Sängerin fragt sich aber vor Ort: „Was will ich hier?“ und erkennt: „Ich will dahin, wo mein Herz ist“ und richtet sich dabei offensichtlich an eine geliebte Person. Eine intime Hymne mit einer Selbsterkenntnis, was im Leben wichtig ist.

6. „Frei“ – Vom Zauber der Jugendzeit

Mit „Frei“ zitiert SARAH ZUCKER erneut einen Klassiker der 80er Jahre: „I Just Died In Your Arms“. Ein Lied, in dem sich „Joint“ auf „Freund“ reimt. Dass in den 80ern schon Alcopops beliebt waren, wäre uns neu – dennoch nimmt das dem Lied natürlich nicht seinen Charakter, wehmütig an schöne Jugendzeiten zurückzudenken: „Vor diesen Kids hat meine Mom mich so oft gewarnt“, stellt SARAH fest. Und die Erinnerung an das erste Tattoo, das SARAH sich im wahren Leben übrigens vom gleichen Tätowierer hat stechen lassen wie ihr Bruder, dessen Kumpel der Tätowierer ist, hat sich auch festgebrannt. – Auch der Titel scheint autobiografische Züge zu haben, auch wenn SARAH natürlich diesen Lebensabschnitt NICHT in den 1980er Jahren erlebt hat.

7. „Nie wieder“ – ein Liebeslied mit Augenzwinkern

In „Nie wieder“ beschreibt SARAH ZUCKER das Gefühl, eigentlich vom Partner getrennt zu sein – den aber in der Bahn wieder zu treffen und erneut großes Herzklopfen zu bekommen, obwohl man (bzw. „frau“) das doch eigentlich rational absolut gar nicht mehr gewollt hat – und dann ist es passiert: „Ich wollte doch nie wieder was fühlen bei dir – und jetzt lieg’ ich in deinem Arm“. So kann es gehen, wenn der Verflossene „einfach auftaucht“ und zu allem Überfluss „noch schöner aussieht“. Auch das wieder eine Geschichte wie aus dem realen Leben, konsequent im 80er-Stil produziert mit einem Power-Refrain.

8. „10 vor 10“ – eine Partyhymne

Ein weiterer Partysong des Albums ist zweifelsohne „10 von 10“. Sarah Zucker selbst hat das Lied in einem Interview als „Partyhymne“ bezeichnet, in dem sie autobiografisch von einem Abend mit ihren besten Freunden erzählt: „Wir sind 10 von 10 – wir sind lebende Legenden“.

9. „Alles wie neu“ – Lückenfüller-Song

Ein wenig dahinplätschert der vorletzte Song des Albums, „Alles wie neu“. Dabei geht es um etwas Großes: SARAH beschreibt, wie ihr durchaus schöner Alltag viele positive Aspekte bietet, aber immer den Schluss zulässt: „Es ist okay“. Bis ein beeindruckender Mann ihr Leben betritt und eben alles überstrahlt: „Alles glänzt wie du. Alles strahlt wie du“.

10. „Ça va ça va“ SARAH singt auch und gerade auf Französisch toll

Den krönenden Abschluss des Debutalbums von SARAH ZUCKER bietet der Song „Ça va ça va“, den BEN ZUCKER in einer anderen Duettversion schon zuvor aufgenommen hatte. Das Lied war der Schlüssel von SARAH, wieder aktiver als Sängerin zu werden, weil Bruderherz BEN sie bat, ihr die französische Sprache etwas näherzubringen. Den französischen Teil, den SARAH im Duett singt, singt sie sehr authentisch, die französische Sprache steht der Sängerin sehr gut – vielleicht sollte sie öfter hier und da auch auf Französisch singen, jedenfalls ist „Ça va ça va“ ein würdiger Abschluss des Albums.

Rückenwind von Bruder BEN – Fluch oder Segen?

SARAH ZUCKER tritt fast ausschließlich mit ihrem „großen Bruder“ BEN auf, der demnach den Eindruck vermittelt, stets eine „schützende Hand“ für sein Schwesterherz zu haben. Das ist anfangs sicher auch gut und schön, wenn man so einen tollen Support hat. Ob sich SARAH ZUCKER einen Gefallen damit tut, in allen denkbaren TV-Shows immer mit ihrem Bruder aufzukreuzen, wird sich zeigen. Potenzial hat sie sicherlich, auch als eigene Persönlichkeit und Sängerin wahrgenommen zu werden, zumal sich ihre Singstimme doch sehr deutlich von der Reibeisenstimme ihres Bruders unterscheidet.

Danksagung

Übrigens – im Booklet geht ein besonderes Danke an “Michael Jürgens & Claudia Jürgens mit dem Team von Jürgens-TV” – ein Schelm, der Böses dabei denkt… –  Apropos Booklet – das ist wirklich ausführlich und schön gestaltet und enthält alle Songs des Albums und tolle Fotos von SARAH ZUCKER.

Gelungenes Debutalbum mit Charts-Ambitionen

Mit „Wo mein Herz ist“ hat SARAH ZUCKER ein kommerzielles, gelungenes Debut auf die Beine gestellt, das klar – so wird es ja auch kommuniziert – im Stil der 1980er Jahre produziert wurde und mindestens genau so gut dem Genre “Deutsch-Pop” (statt Schlager) zugehörig sein könnte. Ein kleiner Kritikpunkt ist an der Stelle vielleicht, dass die Künstlerin in dieser Zeit selber gar nicht gelebt hat und demzufolge auch den „Lifestyle“ der damaligen Zeit nur aus Erzählungen und nicht aus eigener Erfahrung kennt, was ein wenig zu Lasten der Authentizität geht.

Hochwertige Arbeit

Dennoch ist das Album hochwertiger produziert als so manch andere Alben, die nach „Fließband“ klingen. Die 10 Lieder kann man sich gut anhören – offensichtlich kommt das auch bei den Fans an. Top-15 in den Midweekcharts, das klingt nicht schlecht für ein Erstlingswerk. Wir drücken die Daumen, dass eine gute Chartsplatzierung dabei herauskommt.

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9 Antworten

  1. Jetzt findet Michael Jürgens und seine Produktionsfirma schon Erwähnung in Album-Veroffentlichungen. Grausam. Kann man die Macht von Herrn Jürgens nach mittlerweile 26 Jahren nicht endlich mal beenden. Für mich ist das Diktatur. Widerlich. Das das übrigens vom MDR so unterstützt wird spricht Bände.

    Martin

    1. Gute Idee – Leg los!

      (Warum ist bloß noch keiner auf diese einzigartige Idee gekommen?)

    2. An den anderen Martin

      Ich finde deinen andauernden Feldzug gegen Michael Jürgens und Florian Silbereisen nur noch nervig und anstrengend.

      @Schlagerprofis Vielen Dank für die wieder einmal gute und ausführliche Rezension.

      Martin

  2. Seit wann muss das Besungene zwingend in der Zeit stattfinden, an der sich der Sound des Liedes orientiert? Es ist doch offensichtlich, dass sie hier nicht über die 80er, sondern über ihre eigenen Erlebnisse ihrer Jugend in den späten 90ern/frühen 00er-Jahren singt.
    Darf man heute kein Lied im Rock’n’Roll-Stil aufnehmen und dabei über Smartphones singen?
    Und was ist an “Joint” auf “Freund” verkehrt? Dieser Zwang zu immer 100% exakt korrekten Reimen ist schon lange überholt. Heutzutage zählt die Phonetik viel mehr als die exakt gleiche Wortendung und lässt dadurch auch mehr Abwechslung zu. Überhaupt ist das Album sehr abwechslungsreich (textlich und musikalisch) und hochwertig, das hätte ich so nicht erwartet nach den Vorab-Singles. Meiner Meinung nach steckt hier viel mehr Potenzial drin als bei ihrem Bruder, von dem sie sich schnellstens lösen sollte.

    1. Sorry Ansgar,

      aber die Rezension hast Du nur überflogen, oder?

      Ich finde zumindest keine Aussage, dass “Joint” und “Freund” im ‘Reimklang’ bezweifelt wird. Für mich stellt sich die Aussage dahingehend dar, dass es die Ära und Zeit beschreibt.

      Und zum Thema “Zeit erlebt”: Wenn man authentisch über etwas singen möchte und sogar den Sound nebst Fragmente der Originale aufgreift (Cindy Lauper), dann sollte die Authentizität zumindest insoweit stattfinden, dass der/die Künstler/in auch aktiv diese Zeit erlebt hat.

      Ich schreibe doch auch keinen Testbericht zum Auto XY, ohne ihn gefahren zu haben – nur weil mir “Hannes aus dem 12. Stock” sagt, dass der ‘supi’ fährt.

      Zum Potenzial und der “Bruderlösung”:

      Hier stimme ich Dir vollumfänglich zu!

      1. @Mike

        dann darf also kein nach 1990 geborener Künstler Sounds der 80er verwenden?
        Weiß das die aktuelle 80er-Retro-Welle schon?

        Und eine Amy Winehouse hätte auch nie Soul der 60er singen dürfen?

        Niemand sagt übrigens, dass sie ÜBER diese Zeit singt.

  3. Vielleicht sollte man einfach mal klären was Schlager ist und was nicht. Jeder der heute musikalisch durchstarten will wird dem Schlager zugerechnet. Ehrlich gesagt finde ich das zum Kotzen. Was seit einiger Zeit alles bei Silbereisen und Jürgens für Auftritte absolviert ist für die deutsche Musikszene ungefähr so relevant wie die Wasserstandsmeldung vom Ganges. Wenn z.B Ben Zucker keine Auftritte bei Jürgens hätte würde sich kein Mensch für den interessieren. Ausserdem finde ich das seine Stimme sowieso eine Beleidigung für jeden richtigen Sänger ist Aber das ist vollkommen egal. Wenn Ben Zucker in diesem Stil seine Stimme weiterhin so malträtiert ist die sowieso irgendwann im Arsch.

    Martin

    1. Lieber Martin,

      Deine penetranten “Kreuzzüge” für den Schlager werden langsam aber sicher besorgniserregend.

      Du bist seit einiger Zeit permanent am “draufknüppeln” was ‘Schlager’ und ‘Silbereisen’ angeht. Ehrlich gesagt, ist das das einzige, was ich wirklich zum “Kot**n” finde.

      Ich denke, mittlerweile hat jeder verstanden, dass Du Dir den alten klassischen Schlager zurückwünscht – vorgetragen bei Caroline Reiber oder Karl Moik (R.I.P.). Da dies aber nicht mehr stattfindet, weil sich der Markt weiterentwickelt und eben nicht Deinem Beispiel des Stillstands folgt, wird dieser Wunsch Deinerseits wohl eher ein unerfüllter und frommer bleiben.

      Abhilfe: https://www.youtube.com/watch?v=rCxY13sdZtc

      Bitte nicht böse sein, aber Dein dauerndes “Draufgeprügel” wird (gelinde gesagt) ‘anstrengend’.

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