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PETER KRAUS: Je oller je doller
DAMIT haben wir nicht unbedingt gerechnet. Eigentlich dachten wir, ein gediegenes Konzert eines Altmeisters zu besuchen – aber PETER KRAUS rockte die Westfalenhalle wie in seinen besten Zeiten. Mit unglaublichen 84 Jahren (er hat sein Alter selbst im Konzert genannt) bewies er nicht nur volle Stimmgewalt, sondern tanzte (Hüftschwung inklusive), dass man als Mittfünfziger nur neidvoll anerkennen muss, diese Fitness und Eleganz sicher nicht zu besitzen wie die Rock’n’Roll-Legende.
Um sich geschart hat er eine großartige Liveband mit einem Grammy-Inhaber: Bandleader GUIDO JÖRIS ist Bestandteil der SWR-Bigband, die kürzlich diesen bedeutenden US-Musikpreis gewonnen hat. Die musikalische Qualität seiner fantastischen Liveband war jederzeit förmlich spürbar.
“Wie alles begann…”
Wer hätte das gedacht, dass der BILL-HALEY-Klassiker “Rock Around the Clock” auch fast 70 Jahre nach Veröffentlichung noch immer die Leute begeistert? PETER hat sich für genau den richtigen Opener entschieden und gesagt, dass diese Rock’n’Roll-Musik ihn so begeistert hat, dass er beschloss, diese Musikart in deutscher Sprache quasi zu “importieren”, was ihm gleich mit “Tutti Frutti” auch gelang – auch dieser Song durfte nicht fehlen, erstmals war eines von vielen sensationellen Gitarrensoli zu hören – und das “Wop-babe-luba” toll mehrstimmig von der tollen Sängerin SANDIE WOLLASCH mehrstimmig begleitet.
Am 19.11.1956 war es dann soweit: PETER durfte beim “Jazzkonzert für die Jugend” mitwirken und präsentierte dem Publikum das dazugehörige Plakat. Damals habe er sich eigentlich noch als Schauspieler verstanden. Aber als Rocker, der ist “wie ELVIS – nur sympathischer” erkannte er, dass ihm mit dieser Art von Musik die Herzen zufliegen – da darf dann auch heute noch das gute alte “Heartbreak Hotel” nicht fehlen.
Eigene Hits: “Mächen-Einlull-Lieder”
Richtig Stimmung kam bei einem ausgiebigem Block mit den großen Hits von PETER auf – los ging es mit “Kitty Kat” und einem Saxofon-Medley mit toller rhythmischer Begleitung. Sommerlich wurde es dann mit dem “Hula-Baby”, der standesgemäß im Rumba-Rhythmus präsentiert wurde – herrliche zweite Gesangsstimme inklusive. Unvergessen ist natürlich auch der “Sweety“-Song, bei dem viele im Publikum den typischen Teil mitpfiffen – präsentiert im Shuffle.
Die Italien-Sehnsucht präsentierte PETER in den 1960er Jahren mit “Va Bene” – ein Titel, der vielleicht auch mit GIOVANNI ZARRELLA im Duett gut wirken würde. Wenn PETER KRAUS dann nicht nur musikalisch, sondern auch körperlich “Wie ein Tiger” über die Bühne schleicht, ist das einfach nur begeisternd.
Zum Pfeifen lud dann wieder der Song “Mit 17” ein. Der Block der “eigenen” Hits wurde dann mit dem großen Erfolg “Diana” abgeschlossen.
Jazz und Swing sind Peter nicht fremd
Von einer etwas anderen Seite zeigte sich PETER mit dem von BERT KAEMPFERT komponierten Klassiker “L.I.E.B.E.” und muss sich absolut nicht hinter der Version des Kollegen GÖTZ ALSMANN damit verstecken. Erstmals bekamen wir auch ein Pianosolo zu hören – präsentiert vom großartigen Tastenmann GUIDO HENDRICHS. Auch der Alltime-Klassiker “Summertime” – auf Deutsch “Sommerzeit” wurde vom Publikum gut angenommen, auch wenn es nun in Bereiche ging, die nicht das klassische Repertoire des Rock’n’Rollers tangierten – PETER hat aber längst die Dortmunder Westfalenhalle auf seine Seite gezogen. Sehr schön an dem Song war das von “NAPPO” KLAUS BERNATZKI gespielte Saxofon. Aber auch das Schlagzeugsolo wusste zu begeistern – Jazzmusik auf hohem Niveau!
Anekdoten erzählte PETER auch – selbst von SAMMY DAVIS JR., der bei der ersten Begegnung mit PETER erzählt haben soll, “completely stoned” zu sein. Dennoch blieb SAMMY ein Idol von PETER, der dann auch Mr. Bojangles zu Gehör brachte . Danach spielte PETER den Song eines deutschen Weltstars. Wer hätte gedacht, dass “Du, Du liegst mir im Herzen” ein Hit von MARLENE DIETRICH ist? Den Dortmundern gefiel es – man klatschte mit, sogar im “Off-Beat”, für deutsches Publikum sehr ungewöhnlich: auf den Zählzeiten “Zwei” und “Vier” – ein tolles Erlebnis, das man nicht alle Tage erlebt…
Abschluss der 1. Hälfte mit ELVIS
Ein Mann, der die Musik revolutionierte, war jeamand, dessen Name mit “E” anfängt – klar, dass die Erste Hälfte noch mal mit einem Song des Meisters ausklingen sollte. “Ich wär so gern dein Teddybär” hat PETER auf Deutsch gesungen. Ein großer Elvis-Hit war in frühen Jahren auch “Don’t Be Cruel“. Romantisch wurde es mit “Love Me Tender”, um mit “King Creole” wieder so richtig aufzudrehen – mit weiteren begeisternden Instrumental-Soli.
Die Rumba-Fraktion kam zwischenzeitlich mit “Devil In Disguise” in Berührung – zumindest in den Strophen. Hier erklang dann auch die deutsche Version, die im Original übrigens “ausgerechnet” von REX GILDO zum Erfolg geführt wurde. Mit “Viva Las Vegas” wurde die erste begeisternde Konzerthälfte dann im Samba-Stil abgerundet.
Warum eine PAUSE? Dafür lieferte PETER KRAUS die einfache Begründung, an das Dortmunder Publikum gerichtet: “Ich glaube, Sie brauchen ein wenig Erholung!”.
“Mein erstes Idol: Mein Vater”
Sehr ehrend äußerte sich PETER KRAUS über seinen Vater FRED KRAUS, der ebenfalls Musiker war. Als Operettenliebhaber hat er viele Operetten inszeniert. Grund genug, aus einer LEHAR-Operette einen Song im Swing-Stil ins Programm zu nehmen: Gänsehautmomente kamen auf, als PETER “Niemand liebt dich so wie ich” und der gute alte Jazzbesen am Schlagzeug zum Einsatz kam. Danach wurde die großartige Sängerin auf die Bühne gebeten:
Gemeinsam mit SANDIE WOLLASCH sang PETER den Klassiker “Blue Bayou” – das “passte” stimmlich – man fühlte sich bei der Sängerin an JANE COMERFORD erinnert – eine Sängerin, die im strahlenden Sopran genau so zu überzeugen weiß wie bei tieferen Tönen und das Wechselspiel von erster und zweiter Stimme perfekt beherrscht – großartig!
Auf den Spuren von CONNY FROBOESS und FRANK SINATRA
Ein Duett-Titel durfte nicht fehlen – herrlich interpretiert: “Sag mir, was du denkst” fühlte man sich um 60 Jahre zurückversetzt – im positiven Sinn. Eingebaut wurde der Klassiker “Ich will mit dir träumen”. “Ole Blue Eye” durfte nicht fehlen – “Schieß mich doch zum Mond” ist eine schöne Version von “Fly Me To the Moon” – mit originellem deutschen Text.
Danach wurde wieder wie in den wildesten Zeiten gerockt: “Roll Over Beethoven” wurde in perfektem Arrangement präsentiert – die Westfalenhalle tobte! Zum Ausruhen gab es dann eine herrliche Version von “Rhythmn Of the Falling Rain” auf die Ohren: “Manchmal” – erneut mit starkem Saxofonsolo garniert.
Deutschsprachige Idole dürfen nicht fehlen
Nicht nur an die großen internationalen Hits erinnerte PETER, sondern auch an die Idole, die in Deutschland die Menschen begeistert haben. Den Namen NANA GUALDI nennt PETER als Erstes – “Junge Leute brauchen Liebe” ist ein Klassiker, der auch heute noch funktioniert – originell an der Stelle ein unvermittelt eingebautes Gitarrensolo, an dem sich dann der “polyphone” Gesang von SANDIE und PETER anschloss – ein sehr schönes und anspruchsvolles Arrangement der Marke PETER KRAUS.
Ein weiteres Duett mit SANDIE WOLLASCH erinnerte an den Schweizer Entertainer VICO TORRIANI: “Siebenmal in der Woche” – mit einem Saxofonsolo, das im Original so wohl nicht zu hören war – gerade das natürlich das Salz in der Suppe der neuen Version – einmal mehr: Großartig!
Ein ganz großer Jazzsänger war BILL RAMSEY. Ein weiteres absolutes Konzerthighlight ist “Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett” – bärenstark von PETER KRAUS interpretiert und großartig begleitet von seiner extrem starken Begleitband – klasse! Auch ROCCO GRANATA durfte nicht fehlen – bzw. sein schöner Evergreen “Marina“. Kein Halten mehr gab es bei dem unfassbare 60 Jahre alten Superhit von CLIFF RICHARD. Noch heute kann wohl fast jeder “Rote Lippen soll man küssen” mitsingen – auch diesen Titel hat PETER sehr würdig gecovert, so dass es Spaß gemacht hat, mitzusingen und mitzuklatschen.
“Ein brandneuer Song von mir”: “Sugar Baby”
Ein Song durfte nicht fehlen: “Sugar Baby” – von PETER scherzhaft als “brandneuer Song” angekündigt – der Titel kam gut an – etwas zögerlich, dann aber “um so heftiger” zog es die Fans dann vor die Bühne, nachdem der Künstler sich überrascht gab, dass dieses Ritual nur stockend in Gang kam – Motto “hält euch die Polizei auf?”. Passend dazu gab es dann eine sehr witzige Version von “Great Balls Of Fire”: “Das geht mir so auf die Eier“, gefolgt vom Rock’n’Roll-Klassikern “Lucille“, “Jailhouse Rock” und “Rip It Up”. Zum guten Schluss darf der vielleicht größte Hit von PETER KRAUS nicht fehlen: “Schwarze Rose Rosemarie” wurde in einer neuen Version präsentiertn.
Fazit
Man ist fast geneigt zu sagen: “Dass ich DAS noch erleben darf”… – nicht, weil man ironisch über die recht alten Hits urteilt, sondern darüber, dass in einer Qualität Musik gemacht wird, wie man das heute kaum noch gewohnt ist. Wenn bei Schlagernächten im allerbesten Fall noch Halbplayback gesungen wird, wenn bei FLORIAN SILBEREISEN Feuerwerk wichtiger ist als Musik und wenn eine Kultsängerin bei einem Konzert in Teilen Vollplayback singt, ist man sehr dankbar, wenn es sie noch gibt – die von REINHARD MEY so besungene gute alte “Musik von Hand gemacht” – mit einer großartigen Sechs-Mann-Band und einem Künstler, der “Unterhaltung mit Haltung” macht.
Dass PETER KRAUS mit 84 Jahren “fit wie ein Turnschuh” ist, ist außergewöhnlich und erfreulich. Man hätte sich auch über das Konzert gefreut, wenn er weniger getanzt und gerockt hätte – aber SO war es natürlich noch mal so schön. Mit “Mitte 80” ein solches Konzert auf die Beine zu stellen – da müssen wir lange überlegen, ob es so etwas national oder international sonst gibt. Okay, auch DIETER HALLERVORDEN ist ein Vorbild in Sachen körperliche und geistige Fitness, aber der ist kein Musikstar.
Lange Rede – kurzer Sinn: Eine Fortsetzung dieser großartigen Tour wäre toll – oder aber “wenigstens” eine Livaufnahme dieses einzigartigen Tourprogramms. Für die noch bevorstehenden vier geplanten Konzerttermine wünschen wir PETER KRAUS und seiner Band viel Glück und toi toi toi!
Dringende Empfehlung: Wer die Show noch nicht gesehen hat und GUTE Livemusik mag, sollte sich das ansehen:
- 20.04.2023 Donnerstag | 19:30. Saarlandhalle. Saarbrücken
- 21.04.2023 Freitag | 20:00. Alte Oper – Großer Saal. Frankfurt am Main
- 22.04.2023 Samstag | 19:30. Festspielhaus Baden-Baden. Baden-Baden
- 23.04.2023 Sonntag | 18:00. Konzert- u. Kongresszentrum Harmonie
Fotos: Schlagerprofis.de
3 Responses
Der Krausnecker ist nur ein Schwadlapp. Zitat: Damals habe er sich eigentlich noch als Schauspieler verstanden. Aber als Rocker, der ist “wie ELVIS – nur sympathischer” erkannte er, dass ihm mit dieser Art von Musik die Herzen zufliegen Hier erzählt der Krausnecker das so und in einem anderen Interview erzählt er das er überhaupt kein Rock`n`Roller ist oder war. Krausnecker legt sich das so aus wie er es gerade gebrauchen kann dieser Wendehals hoch DREI !! Tutti Frutti war und ist nur daher genuschelt und nix weiter… Fred Krausnecker nebst Gattin, Gerhard Mendelsohn ,Günter Illgner das war in den Fünfziger und Sechziger die berühmt berüchtigte POLYDOR MAFIA oder POLYDOR GÄNG und Peter Boenisch war der Patriarch von der BRAVO – Darum hieß die BRAVO auch Boenisch Regelt Alles Von Oben.. und hätte Krausnecker diese Mafia und diesen Patriarsch nicht gehabt würde ihn heute keiner kennen… Der Krausnecker beweihräuchert sich nur selber und die Leute fallen drauf rein.. Mich k…. dieser Typ nur an !!
Das ist uns ehrlich gesagt egal, weil wir das Konzerterlebnis bewertet haben. Ein Sänger, der mit 84 Jahren stimmlich und körperlich so manchem jüngeren Kollegen locker etwas vormacht, der einen hohen künstlerischen Anspruch hat und sein Publikum begeistert hat. Leider keine Selbstverständlichkeit mehr heutzutage. Er hat einfach abgeliefert – und zwar richtig gut. Was vor 50 oder 60 Jahren war oder nicht war, können wir nicht beurteilen. Im Hier und Jetzt liefert Peter Kraus schlicht höchste Qualität ab.
Ich habe am 23.04.23 das Abschlusskonzert in Heilbronn besucht und war ebenfalls sehr begeistert von der Show. Instrumentale und gesangliche Livemusik – ein Genuss für jeden, der etwas von Musik versteht. Alleine die Liveband wäre mir das Ticket wert gewesen. Aber dass ein Peter Kraus, in diesem Alter, die Show mit höchstem Einsatz durchzieht, ohne auch nur den Ansatz von körperlicher oder stimmlicher Müdigkeit zu zeigen – das bekommt man mit Sicherheit nicht alle Tage zu sehen bzw. hören! Danke für dieses Konzerterlebnis!