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KLAUS HOFFMANN im Interview mit den Schlagerprofis

Anlässlich seines neuen Albums „Septemberherz“ trafen wir uns erneut mit KLAUS HOFFMANN zum Telefoninterview. Wir sprachen mit ihm über die neue CD, die Folgen der Pandemie und seine Leidenschaft für die Bühne.

Dein neues Album heißt „Septemberherz“. Wie bist Du auf den Titel „Septemberherz“ gekommen?

Ich mache das ja sehr intuitiv. Dann gibt’s eine Zeile oder einen Titel, der war plötzlich, vor Corona, da. Da war ich noch in Griechenland. Dann hat das sicher auch was mit meinem Älterwerden zu tun: Ich werd‘, so Gott will, nächstes Jahr 70, und dadurch hat das so einen Bogen bekommen, wo ich plötzlich dachte: „Septemberherz“. Dann habe ich dieses Wort genommen und bin damit umgegangen. Irgendwann habe ich es dann geglaubt. Eigenartiger Vorgang! Man erfindet was und muss es sich dann selber glauben. So entstand dann diese Reise über ganz lange Zeit und das ist dann dabei rausgekommen. Also ganz intuitiv, eine Herzenssache!

In welchen Situationen schreibst Du Deine Lieder?

An sich, glaube ich, unterwegs. Ich liebe es, also wirklich sprichwörtlich unterwegs zu sein. Ich hatte damit früher, glaube ich, viel mehr Probleme. Ich dachte, man muss aus der Stadt raus oder ans Meer. Diese ganzen romantischen Begriffe sind an sich Fluchten, um zu sich zu kommen, und jetzt reicht‘s schon ‘ne U-Bahn. Im Moment meide ich U-Bahnen, aber ich gehe dann richtig rein in die Stadt und plötzlich habe ich das Lied schon fertig. Es muss dann nur noch geschrieben werden. Klingt verrückt, aber ich glaube, man folgt so scheinbar unwichtigen Gedankengängen und inneren Stimmen. Dann setze ich mich hin und dann beginnt die Fleißarbeit.

Schreibst Du erst die Musik oder den Text?

Früher habe ich immer gesagt, ich mache die Musik zuerst, das stimmt nicht. Ich glaube, jetzt bin ich sehr textbezogen. Die besten Momente sind die, wenn Du alles zusammenbringen kannst. Du setzt Dich hin, manchmal vorm Schlafengehen, sehr spät in der Nacht setze ich mich noch an die Gitarre. Dann entstehen manchmal sehr stille Lieder, aber die haben eine ungeheure Wucht, und dann kommen Wort und Musik. Das musst Du dann wahrscheinlich unter so einem Zustand des Nichtnachdenkens machen. Bloß nicht so viele Gedanken machen, dann entsteht das, so wie ein Maler malt.

Du weißt also beim Schreiben schon, wie der fertige Song klingen soll?

 Ich weiß nur ungefähr, wo es langgeht, aber ich weiß nicht, was dabei rauskommt. Die isländische Sängerin Björk hat das mal so beschrieben: Sie geht, das mache ich manchmal auch, mit dem blöden Handy einfach durch die Welt und singt furchtbar unvollkommen die ersten Melodien und die ersten Worte. Das ist schon ein ganz tolles Kinderbild, wenn man sich das erlaubt. Und dann entsteht ein Lied. Das hat mir damals sehr viel Eindruck gemacht, dass die so verletzbar sich selber begegnet.

Du hast sehr lange an dem Album gearbeitet. Kannst Du eine Vor- und Nach-Corona-Zeit an den Liedern ablesen?

Ich habe ein bisschen Glück im Moment. Viele Journalisten haben geschrieben: „Das Album zur richtigen Zeit!“ oder „Wir brauchen so eine Musik jetzt!“ Aber während des Schreibens, als wir in dieser ersten Lockdown-Phase waren, war ich in einem Prozess, mit meinem Produzenten Berthold Weindorf zu arbeiten. Sehr lange vorher hatte ich alles mit meinen Musikern und Leuten aus England und der Schweiz eingespielt, die mit mir über den PC gearbeitet haben. Heute würde ich sagen, ich habe da schon Dinge in mir gespürt, wie alle Menschen, dass da eine Zeit der Stille kommt. Vor einem Jahr haben wir noch ein großes Festival gemacht in Flensburg und da kamen die ersten Nachrichten. Da habe ich schon gespürt, wohin die Reise für mich geht: zwischen Angst und Wirklichkeit.

Du hättest normalerweise jetzt viele Konzerte gegeben. Wie verbringst Du die Zeit stattdessen?

Das war sehr mühsam, weil ja alles abgesagt wurde. Ich musste mich erstmal wieder einkriegen. Gaukler müssen essen! Du musst ja auch sehen, dass der Laden läuft! Ich habe ja eine Firma und einen Verlag. Dann kamen die ersten Ängste und dann  habe ich mich beruhigt. Das war ein bisschen so wie in den fünfziger Jahren, wo wir alle kein Geld hatten. Diese Angst davor, dass die Kunst stillsteht, die war da, aber die war sehr an meinen Laden gebunden und an Menschen, für die ich Verantwortung hab. Und ich selbst hatte auch Angst: Krankheit? Tod? Mein Vater war ja sehr lange krank, bevor er starb. Da kamen schon Dinge zusammen. Jetzt ist es so, dass ich immer hoffe, dass alles wieder gut wird, wie ein Kind. Es wird sicherlich gut, aber es wird anders.

Was glaubst Du, wie es werden wird?

 Die größte Befürchtung, die ich habe, ist, dass unsere Kultur – was immer Du darunter verstehst – stirbt. Wir sind ja ans Geld gebunden, sonst können wir ja nicht arbeiten. Wir haben auch Förderungen bekommen, aber es kann ja sein, dass die im nächsten Jahr – wie wir Deutschen so sind – ihre Kohle wiederhaben wollen (lacht). So einfach ist es nicht! Ich habe einfach auch Angst, dass wir verblöden! Aber es wird vielleicht auch besser. Wir fangen ja im März schon wieder an und haben sogar zwei Philharmonien, die eine in Berlin und eine in Hamburg, die Elbphilharmonie. Wahrscheinlich kommt ein Drittel der Leute, aber wir gönnen uns das mit unseren Veranstaltern, und da muss ich den Hut ziehen. Es muss ja weitergehen! Das ist sehr egozentrisch an meinen Beruf gebaut, aber generell ist es so, dass dieses Virus unglaublich viel an die Oberfläche gespült hat, was vorher schon da war: Missstände und Sozialisation und die Armen werden sicherlich nicht reicher dadurch.

Ich habe den Eindruck, dass Du auf Deinem neuen Album deutlich politischer geworden bist.

Wenn Dir das gefällt, nehme ich’s so an. Ich hatte mit der Vokabel „Politik“ immer ein Problem, weil es für mich im Grunde immer eine Provokation war, politisch korrekt zu sein. Ich bin ja in den sechziger Jahren denkend geworden, da brauchtest Du ja nur eine andere Meinung zu haben, dann warst Du ja schon in einer anderen Partei. Wenn Du diese Lieder wie „Ich glaube“ – ist ja ein sehr theatralisches Glaubensbekenntnis – oder „Basta“ ansprichst: Das hab ich mir richtig verordnet! Jetzt musst Du mal wieder daran! Es ist nicht mein bestes Lied, aber ich find’s gut, dass ich’s gemacht hab. Wenn Du Musik als Lebensmittel nimmst, gibt es ja auch so Notwendigkeiten, und dem hab ich mich dann unterworfen.

Was hat es mit der Übertragung von Michel Legrands „Les moulins de mon coeur“ auf sich?

In den Clubs in München und Berlin, in denen ich spielte, war das mein Lied. Ich hab gar nicht verstanden, was da abging. Das hat mir ein Holländer immer vorgesungen. Dann hab ich den Film „Thomas Crown ist nicht zu fassen“ mit Steve Queen gesehen und das hat mich total berührt, weil die Musik so konträr war. Dieser Michel Legrand hat dieses kleine Lied ja in die Welt getragen. Ich glaube, es gibt 600 Versionen davon, mehr oder weniger gut. Jetzt auf dem Album wollte ich nochmal mein Lieblingslied singen. Ist wirklich so! Ist natürlich tages- oder nachtabhängig, wie Du gerade drauf bist, aber es war mein bewegendstes Lied. Es war in der Übersetzung der Ausdruck für mich: Ein Kind sieht erstmal alles, verliert, dann wird es als junger Mann in die Welt gehen und dann kommt es wieder an die Ursprünge seines Lebens ran. Das fand ich toll! Vielleicht hat das gar nicht so viel mit meinem Text zu tun, aber für mich war es dann so. Ich wollte mal mit Michel Legrand zusammenarbeiten, der war auch noch in der Lage dazu. Er hat dann, glaube ich, mit Daliah Lavi zusammengearbeitet. Er ist einfach einer der großen Klassiker! In Amerika musste ich ein halbes Jahr darum kämpfen, damit ich das Lied singen durfte! Aber es war mein Lied!

Du hast es auch ganz anders arrangiert als das Original, da ist es ja eine butterweiche Streicherballade, und bei Dir ist es sehr reduziert.

 Heute würde ich fast sagen: Ein Glück hab ich’s hinter mir! Mir haben natürlich ganz viele Versionen gutgetan, die ich so hörte. Aber so ist es mein Lied! Wie Du sagst, reduziert, und ein bisschen knorrig auch, mit spanischer Gitarre. Ich weiß bis heute nicht die Akkorde, wenn ich das alleine spielen müsste, hab ich zu tun! Es ist, glaube ich, ein sehr nahes Lied an mir selber dran. Ich wusste gar nicht, dass ich so auch bin.

Worum geht es in dem Lied „Dein Gesicht“ auf sich? Das ist ja dem Musikverleger Rolf Budde gewidmet.

Rolf ist leider vor zwei Jahren viel zu früh an Krebs verstorben. Ich hatte immer Männer, wie bei der Virgin, RCA und meinem eigenen Vertrieb Indigo, die an mich glaubten. Da war der Rolf der Letzte nach Fritz Rau, der mir immer wieder sagte: „Du hörst jetzt nicht auf!“ Ich wollte oft aufhören, weil ich mich mit der Ökonomie unheimlich rumschlagen musste. Ich meine, wir darben nicht, aber wir mussten immer sehr viel Geld verdienen, damit Du diesen Laden und diesen Sänger da aufrechterhältst und vertreibst. Darüber macht man sich oft erstmal kein Bild, umso schwerer jetzt in dieser Zeit. Umso stärker habe ich jetzt den Wunsch, weiterzumachen, aber das ist jetzt so ein Geheimnis! Der Rolf sagte immer: „Das steht überhaupt nicht zur Debatte! Ich kauf Dir die Firma nicht ab, sondern ich sage Dir, Du machst jetzt erstmal weiter!“ Das war gut, dass Du so jemanden hast! Der hatte den Leonard Cohen im Verlag. Der Leonard kam in den Verlag und brauchte Geld oder so, da war er schon ziemlich alt, und Rolf hat nicht gewusst, wer das ist (lacht). Er hat immer die Bänder von seinem Sohn gehört und gesagt: „Verdammt, was soll ich jetzt mit diesem traurigen Mann machen?!“ – Dann hat sein Sohn gesagt: „Ich weiß nicht, ob Du verstehst, wer das ist!“ Die haben sich dann oft getroffen.

Du endest mit dem Lied „Ich würd‘ es wieder tun“. Darin geht es um das Lampenfieber vor dem Auftritt, aber auch um Selbstvertrauen. Woher nimmst Du das Selbstvertrauen, nach so vielen Jahren noch auf die Bühne zu gehen?

Jetzt würde ich sagen, auch aus der Erfahrung und aus dem Publikum. Ich mach das jetzt sehr lange, und wenn die dann immer noch da sind und die mir schreiben, dass ich nützlich bin, im Sinne von „Wir brauchen Dich!“ Dann kommt vieles zusammen und dann ist das toll, dann ist es ein Geschenk. Mein französischer Partner François Robert, der Arrangeur von Brel, hat immer gesagt: „Du musst Geld verdienen, damit der Sänger singen darf!“ Das hängt eben immer an der Kohle, aber nicht nur, und da bin ich froh, dass die Leute immer noch da sind.

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Schlagerprofis – Der Podcast Folge 031

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