Ebstein

KATJA EBSTEIN: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! – Die Schlagerprofis-Biografie

Am 09.03.1945 wurde Karin Ilse Witkiewicz in Girlachsdorf bei Breslau (Schlesien) als jüngere von zwei Schwestern geboren. Kurz nach ihrer Geburt (im Alter von einem halben Jahr) floh ihre Familie vor der vorrückenden Roten Armee über Thüringen nach West-Berlin. Aus der späteren Wohnsitzadresse der Familie im Berliner Stadtteil Reinickendorf in der Epensteinstraße, wo Karin Witkiewicz aufwuchs, leitet sich ihr späterer Künstlername ab. Ihr Vater war Schmied, der im Krieg verletzt wurde und deshalb arbeitsunfähig war – ernährt wurde die Familie von ihrer Mutter.

Frühes Interesse an Musik, Kunst und Literatur

Bereits im jungen Alter interessierte sich Karin für Malerei, Musik, Literatur und Archäologie. Sie sang in Kinderzeiten in Chören und spielte Gitarre (- einem Gerücht zufolge habe sie damals 400 Comic-Hefte gegen eine Gitarre getauscht – ein Tausch, der ihr vermutlich nicht leid getan hat, wenn das Gerücht stimmt). Ihr Hauptinteresse galt zunächst der Bildenden Kunst, obwohl sie schon in jungen Jahren ein gutes musikalisches Gehör und eine schöne Stimme hatte. Nach dem Abitur studierte sie Archäologie und Romanistik, schloss das Studium aber aufgrund einer schweren Erkrankung (Hirnhautentzündung) nicht ab. Sie volontierte beim Sender Freies Berlin (Ressorts Klassische Musik und TV-Dramaturgie). Die nächste Stufe der Karriere dort wäre wohl Redaktions-Assistentin geworden.

Auftritte in Studentenkneipen

Nebenbei trat sie in Künstler- und Studentenkneipen auf und begann, sich in der Jazz- und Liedermacherszene einen Namen zu machen. – Aber auch im Schlager-Bereich tummelte sie sich, indem sie für DM 25,00 gemeinsam mit einer Freundin bei Studio-Produktionen als Background-Sängerin tätig war.

Erster Auftritt 1964 in Sendung „Marmeladentopf“

1964 wurde sie vom SFB für die ARD-Sendung „Marmeladentopf“ engagiert. Mit drei Begleitmusikern (u. a. Bodo von Greiff) sang sie neben hebräischen Songs den spanischen Flamenco „Fandango de Huelva“. Dadurch wurde der Berliner Schallplattenproduzent und Komponist Heino Gaze auf sie aufmerksam. Er entdeckte sie für die Schallplatte. Unter dem Namen „Katja“ wurden die beiden ersten von Heino Gaze komponierten Singles aufgenommen: „Irgendwann“ (1965) und „Wo ist das Schiff?“ (1966). (Diese Raritäten wurden übrigens inzwischen auf einem bemerkenswerten 3-CD-Set „Nur der Wind kennt meine Träume – Hits und Raritäten“ wiederveröffentlicht).

Ebstein Irgendwann

Wenngleich diese ersten Schallplatten Flops waren, rentierte sich die Zusammenarbeit mit Heino Gaze – beispielsweise unterstützte er „Katja“ darin, Gesangs-, Schauspiel- und Tanzunterricht (bei Anneliese Hanschke bzw. Ausdruckstanz bei Mary Wigman) zu nehmen. In Gesang wurde sie übrigens zeitweise von Elisabeth Hallstein, der Mutter der bekannten Sopranistin Ingeborg Hallstein, geschult. Elisabeth Hallstein fand Katjas hohe Altstimme für die große Musikliteratur geeignet. Statt auf die Opernbühne drängte es Katja aber zum niveauvollen Chanson, zur Folklore und zum Musical.

Erste Songfestivals 1966: Knokke und Burg Waldeck

Die Zusammenarbeit mit Heino Gaze war aber auch aus anderen Gründen folgenreich – durch ihn lernte sie den berühmten Schlagerkomponisten Christian Bruhn kennen, mit dem sie fortan musikalisch intensiv zusammenarbeitete. Bruhn wurde Jahre später Katjas Ehemann. 1966 trat sie erstmals bei einem Wettbewerb an – doch die Teilnahme am Schlagerfestival im belgischen Knokke war nicht von Erfolg gekrönt.

Ein Jahr später nahm Katja beim Festival „Chanson Folklore International“ auf Burg Waldeck mit Liedern von u. a. Berthold Brecht teil – ein renommiertes Woodstock-ähnliches Festival, bei dem berühmte Namen wie Reinhard Mey erstmals auffällig wurden. Bei diesem Festival lernte sie Siegfried Loch, seinerzeit Deutschland-Chef des damaligen Plattenlabels United Artists, kennen, der gerade nach vielversprechenden Talenten suchte. Er war von Katja angetan, so dass 1968 ein Schallplattenvertrag mit Liberty / United Artists geschlossen wurde.

Schallplattenvertrag mit United Artists

Bereits Anfang März 1968 wurden dort die ersten Aufnahmen gemacht: „Wie ein Kind“ (von Christian Bruhn und Günter Loose), „Nur der Wind kennt meine Träume“ (von Heino Gaze und Hans Bradtke) sowie ein dritter Titel von Klaus Doldinger. – Zunächst plante man, die erste Veröffentlichung unter dem Namen „Katja Winter“ vorzunehmen – das gefiel Produzent Siegfried Loch jedoch nicht. Deshalb entschied man sich wie bereits erwähnt für den Künstlernamen „Ebstein“ in Anlehnung an die Straße ihres früheren Wohnortes, der sich aber mit „p“ schrieb. Die Schreibweise „Ebstein“ mit „b“ wurde so gewählt, um Verwechslungen mit dem Beatles-Manager Brian Epstein zu vermeiden. Ihren Geburtsnamen, der auf ihre polnisch-schlesischen Wurzeln hinweist, hat Katja nie geändert. Der Künstlername „Ebstein“ wurde gewählt, weil ihr eigentlicher Name schlecht auszusprechen sei.

Obwohl „Wie ein Kind“ ein Achtungserfolg im Rundfunk war, wurde es kein Hit. Fälschlicherweise wird in den einschlägigen Discografien diese Schallplatte nicht als erste United-Artists-Single genannt, laut Christian Bruhn sind diese discografischen Angaben aber falsch – „Wie ein Kind“ ist demnach die erste Ebstein-Single bei Liberty / United Artists gewesen.

Verschollen ist laut Christian Bruhns Aussage auch das allererste produzierte Album Katjas, das einen Fragenkatalog an die Künstlerin enthielt, mit Fragen von Sängerin und Textdichterin Anja Hauptmann an Katja Ebstein.

TV-Auftritt in Truck-Branss-Show: „Ein Star wird geboren!“

United Artists-Produzent Siggi Loch lag nun daran, TV-Termine an Land zu ziehen, um Katjas Produktionen populär zu machen. Dazu nutzte er einen Kontakt zum sehr bekannten Berliner TV-Regisseur Truck Branss, der gerade mit seiner neu erfundenen ZDF-Hitparade für Furore sorgte. Unter seiner Regie konnte Katja ihren ersten TV-Auftritt in der Show „Sing And Swing -ein Abend mit internationalen Gaststars“ absolvieren.

Laut Aussage einer saarländischen Zeitschrift soll der ansonsten eher als bärbeißig bekannte Fernsehmann bei der Aufzeichnung am 03. April 1969 um 16.35 Uhr im Münchener Studio gesagt haben: „Ich bitte alle, sich diesen Tag zu merken. Ein Star wird geboren!„. Branss war so begeistert, dass er bereit war, eine eigene 45-minütige TV-Show für das Nachwuchstalent zu produzieren. Nachdem der SWF zunächst abgelehnt hatte, gab es einen Zuschlag vom ZDF für die Idee der Show „Katja Ebstein, die Stimme einer Unbekannten“. Das breit gefächert zusammengestellte Programm wurde im Münchener Trixi-Studio produziert. Damit war auch das Basis-Programm der ersten LP gelegt.

Vorher wurde anno 1969 unter Produktion Siegfried LochsDer Draht in der Sonne“ veröffentlicht, eine deutsche Version des Glen Campbell-Songs „Wichita Lineman“. Weder Katjas Version noch die parallel erschienene Version Thomas Fritschs konnten für Aufmerksamkeit sorgen. Einige Monate später erschien dann die vom damals sehr populären Graham Bonney komponierte Folge-Single, „…und wenn der Regen fällt“ (Text: Michael Kunze), die wie schon die Single „Wie ein Kind“ von Christian Bruhn produziert wurde.

„Bond-Girl“ Katja

Ebstein Bond

Trotz weiterhin ausbleibenden kommerziellen Erfolgs glaubte man an Katja – die erste LP namens „Katja“ kam auf den Markt – inklusive der von Christian Bruhn komponierten Single „Warum ist die Welt so schön?„. Spannend an dieser Veröffentlichung ist, dass die B-Seite zunächst die von Walter Brandin getextete deutsche Version des aus dem Musical Hair stammenden „Good Morning Starshine“ („Die letzten Sterne“) war. Katja Ebstein erhielt die Chance, die deutsche Version des Titelliedes des damaligen James-Bond-Films „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ zu singen: Aus „Do you know how christmas trees are grown“ wurde „Wovon träumt ein Weihnachtsbaum im Mai“, der dann als spätere B-Seite dieser Single gewählt wurde. (Warum der Song nicht stärker in den Vordergrund gerückt wurde, weiß wohl wirklich nur der besungene Weihnachtsmann). – Jedenfalls gab es mit dieser Single imposante TV-Auftritte, z. B. bei „Vergißmeinnicht“ und „Meine Melodie“.

ZDF-Show „Katja – die Stimme“

Im November 1969 fand dann die Aufzeichnung von Truck Branss‘ TV-Show statt. In der finalen Version nannte man die lang ersehnte Sendung „Katja – die Stimme“ – sie wurde erst am 20.03.1970 vom ZDF ausgestrahlt. Wermutstropfen war, dass die Sendung spät am Abend gesendet wurde. Sie wurde verschoben, weil genau an dem Tag mit Willy Brandt erstmals ein deutscher Bundeskanzler den Vorsitzenden des Ministerrates der DDR, Willi Stoph, in Erfurt besuchte – das Ereignis wurde damals wohl als wichtiger angesehen als Katjas erste eigene TV-Show. Der engen Sympathie Katjas für den Sozialdemokraten tat das aber keinen Abbruch.

19700320 BRAVO Katja die Stimme ZDF

Viel beachtete Debut-LP: „Goldene Europa“, „beliebteste Sängerin des Jahres“

Die Werbetrommel, die die damalige Zeitschrift „twen“ für die LP gerührt hatte (im Gegenzug war unübersehbar der „twen“-Schriftzug auf Katjas Debut-Longplay zu lesen), zahlte sich aus: Sie gehörte zu den ersten Preisträgern der „Europa“ – so hieß 1969 noch der vom Saarländischen Rundfunk vergebene Preis, der damals im Rahmen des Filmballs Wiesbaden verliehen wurde. Ab 1970 wurde daraus dann der über Jahre hinweg etablierte Preis „GOLDENE Europa“.

Viel beachtet war die LP aber auch wegen einiger heute nicht mehr bekannter Lieder. Das Lied „Lila Luftballon“ beispielsweise schrieb Christian Bruhn ursprünglich für eine TV-Schlagershow für Kinder und Jugendliche namens „Bettys Beat-Box-Haus“, für die er musikalisch zuständig war. Neben „Er ist wieder da“ (Original: Marion Maerz) nahm Katja auch einen Song der Nachwuchssängerin Susanne Tremper auf, „Es gibt nur eine wahre Liebe“.

Kurze Zeit später (1970) wurde Katja übrigens von der Fachzeitschrift „Die Schallplatte“ zur beliebtesten Sängerin des Jahres gewählt. Die BRAVO griff ein Zitat auf, das der Jazz-Musiker Klaus Doldinger geprägt hat, so ist in der Ausgabe der Jugendzeitschrift vom 01.10.1969 zu lesen: „Der Taschentext sagt, sie sei eine deutsche Barbara Streisand – und das ist nicht einmal so übertrieben„. Hintergrund dieser Äußerung ist sicher u. a., dass auf der twen-LP auch die deutsche Version eines Streisand-Klassikers zu finden ist: Aus deren „My Colouring Book“ machte Katja „Mein Bilderbuch“.

Durchbruch beim Grand Prix mit „Wunder gibt es immer wieder“

Nach diesen ersten Erfolgen bestand der Wunsch, nun auch „richtig durchzustarten“. Katja Ebsteins Produzent und Lebensgefährte Christian Bruhn legte Katja nahe, an der Eurovision teilzunehmen. Katja, der die Schlagerszene ja eher fern war, kannte den Wettbewerb kaum -selbst die Teilnahme ihrer Freundin Inge Brück, deren Verein „Künstler für Christus“ sie Jahre später beitrat, an diesem Wettbewerb 1967 hatte sie kaum wahrgenommen.

Anders Christian Bruhn: Der komponierte bereits 1962 den Siegertitel der deutschen Schlagerfestspiele „Zwei kleine Italiener“, interpretiert von Conny Froboess und war damit nach damaligen Reglement für den Grand Prix qualifiziert – der Schlager wurde eine der größten kommerziellen Erfolge, die ein deutscher Beitrag beim Grand Prix je hatte. Und so wurde er hellhörig, als ihn sein Freund und Textdichterkollege Günter Loose anrief mit der Empfehlung, den Song „Wunder gibt es immer wieder“ für den Wettbewerb ins Auge zu fassen. Ordentlich, wie Komponist Bruhn Zeit Lebens war, griff er in den Ordner „U-Z“ und fing an zu komponieren.

Zitat Christian Bruhn: „Gewaltig sollte es beginnen, dann ins rhythm-&-blues-hafte übergehen, und erst, nachdem sich die Spannung ins schier Unerträgliche gesteigert hatte, erst dann sollte Sängerin Katja Ebstein auftreten und mit dem Vers anheben. Eine Komposition mit Dramaturgie und Fernsehmaß also. Und wundersam flossen mir die Noten in die Feder. ‚Keep it simple, keep it sexy, keep it sad‘, wie der Amerikaner so sagt.“ Katja wurde strahlende Siegerin des deutschen Vorentscheids, den wir HIER ausführlich beschrieben haben.

Die Rechnung ging auf – Katja Ebstein erreichte am 21.03.1970, nur einen Tag nach der Ausstrahlung ihrer TV-Show, einen sehr guten 3. Platz mit ihrem Lied beim internationalen Wettbewerb und erreichte damit den größten Erfolg, den Deutschland bis zu diesem Zeitpunkt erreicht hatte beim immerhin schon 15. Grand Prix.

Der Erfolg kam nicht von ungefähr – selbst Musikwissenschaftler beschäftigten sich mit der beeindruckenden Komposition Christian Bruhns. So ist im Buch „Schlager in Deutschland“ zu lesen: „Nicht zu übersehen ist schließlich bei einer Untersuchung der melodischen Gestaltung von Schlagern die Tendenz zur Bildung von Melismen. Sie sind vor allem in Liedern langsameren Tempos mit leicht pathetischer Wirkung zu beobachten. Die nachfolgenden Beispiele stammen aus den Schlagern ‚Wunder gibt es immer wieder…‘ „. (Danke an Christian Bruhn für seine Definition des Worts Melisma: Wenn auf eine Silbe mehrere Noten gesungen werden „ …viele Menschen fra-a-gen“.)

Aber damit nicht genug. Auch den Aufbau des Liedschemas nimmt der Autor unter die Lupe: „Eine andere Möglichkeit der Dehnung und asymetrischen Gestaltung bei gleichzeitiger Geradtaktigkeit zeigt der Refrain des deutschen Beitrags zum Grand Prix 1970. Hier setzt sich der zehntaktige sequenzgeprägte Refrain aus einem viertaktigen Vordersatz und einem sechstaktigen Nachsatz zusammen. Die Ausweitung der Periode wird durch Dehnung im siebenten und zehnten Takt erreicht. Auffällig ist auch der Wechsel von volltaktiger zu auftaktiger Bewegung im achten Takt.

Aufnahme in sechs Sprachen, später Guildo-Horn-Cover

Nicht umsonst wurde aus diesem ersten riesengroßen Ebstein-Hit ein Evergreen, der gerne auch von Guildo Horn kraftvoll interpretiert wird – er ist anspruchsvoll komponiert und hat einen stimmigen Text. „Schlager“ wie diese zeigen, dass auch ein großer Hit durchaus mal anspruchsvoll komponiert sein kann. Damit hatte Katja national wie international den Durchbruch geschafft, ihr Eurovisionslied wurde in sechs weiteren Sprachen veröffentlicht (deutsch, englisch, französisch, italienisch, spanisch, portugiesisch und sogar japanisch).

Spezialistin für „Trösternummern“

Katja Ebstein formulierte den Geist ihres ersten Eurovisions-Songs wie folgt: „Die beiden (Christian Bruhn und Günter Loose) haben meine Weltverbessererattitüde in den deutschen Schlager gebracht, die Trösternummer geboren„. – Wenngleich man als Udo-Jürgens-Fan angesichts von Liedern wie „Immer wieder geht die Sonne auf“ etwas Stirnrunzeln bekomme, kann man der These durchaus zustimmen. Folglich wurde die nächste Nummer von den gleichen Autoren in ähnlichem Stil gestrickt – durchaus erfolgreich: Auch „Und wenn ein neuer Tag erwacht“ wurde ein passabler Hit. Trost gab es mit dem Lied ja auch genug: „Und wenn ein neuer Tag erwacht, und die Sonne wieder lacht, ist die große Einsamkeit längst vorbei….

Teilnahme beim Songfestival Rio de Janeiro

Nach dem großen Erfolg mit dem Eurovisions-Festival wurde Katja Ende 1970 zum internationalen Songfestival in Rio de Janeiro geschickt. Mit dem Lied „Mein Leben ist wie ein Lied“ (erneut mit dem Rezept zurückgenommene Strophen und hymnischer Powerrefrain) trat sie an und wurde zur besten Sängerin gewählt. Mit dem Cover der gleichnamigen kurz darauf veröffentlichten LP bewies Katja, dass sie auch Model- bzw. Mannequin-Qualitäten gehabt hätte und auch in dem Bereich hätte Karriere machen können.

LP Cover Mein Leben ist wie ein Lied

Erste Tour-Erfahrungen mit James Last

Auch erste Tournée-Erfahrungen konnte Katja Ebstein in jenen Jahren sammeln, indem sie als Gastmusikerin mit dem Orchester James Last auf Tour ging.

Erneute Teilnahme bei der Eurovision mit „Diese Welt“

Nach ihrem großen Erfolg bei der Eurovision 1970 kam der damals zuständige Hessische Rundfunk in Form des damals zuständigen Hans Otto Grünefeldt auf den nahe liegenden Gedanken, Katja im Folgejahr erneut ins Rennen zu schicken. Gesagt – getan: Es wurde beschlossen, dass die Berlinerin 1971 erneut ran sollte. Dennoch gab es eine deutsche Vorentscheidung, in der Katja sechs Lieder unterschiedlicher Komponisten vorstellte. Ihr persönlicher Favorit war naturgemäß der von ihrem Lebensgefährten Christian Bruhn geschriebene Song „Alle Menschen auf der Erde“. Der Song wurde aber nur B-Seite ihrer nächsten Single.

Zur Überraschung vieler Schlager-Experten gewann jedoch der (vielleicht von Alexandras „Mein Freund, der Baum“ abgesehen) erste Ökosong der Schlagergeschichte: „Diese Welt„. Komponist dieses Liedes war der damals mit 28 Jahren recht junge Dieter Zimmermann, der leider mit nur 34 Jahren an Leukämie verstarb. Textdichter war der sehr erfolgreiche Fred Jay.

Auch zu diesem Eurovisions-Song hat das Buch „Schlager in Deutschland“ treffliche Analysen parat, diesmal geht es um den Text des Songs: „…dirigieren Schlager das Bewusstsein vorzugsweise auf irreale Ziele oder solche, die gesellschaftlich irrelevant sind. Tatsächlich gibt es aber einen kleinen Bereich von Titeln mit sozialkritischer Tendenz, und entgegen dem allgemeinen Trend zum laisser-faire finden sich auch Appelle, die die Aktivität der Hörer herausfordern, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Der deutsche Beitrag für Dublin 1971 widmet sich dem Problem der Umweltverschmutzung.

Zur Überraschung vieler erreichte Katja mit ihrem Ökoschlager erneut international einen 3. Platz beim Grand Prix Eurovision und war auch in den deutschen Verkaufs-Charts ein Top-20-Hit. Katjas 1971er-Erfolg ist um so höher zu bewerten, als diesmal das Teilnehmerfeld aus 18 Nationen bestand (1970 traten 12 Nationen an).

Politisches Engagement musikalisch und „im echten Leben“

Mit dem Nachfolgelied „Ein kleines Lied vom Frieden“ knüpfte man erneut an die Grand-Prix-Nummer an. Kommerziell ging das mit der deutschen Version des Tim-Hardin-Songs „Simple Song Of Freedom“ nicht wirklich auf. Friedens-Lieder hatten erst Jahre später Hochkonjunktur, erneut war Katja ihrer Zeit wohl voraus: „Sing mit mir ein kleines Lied vom Frieden – singt es in die ganze Welt hinaus – weil jeder irgendwann – den ander’n brauchen kann – ohne Frieden kommen wir nicht aus“.

Dennoch identifizierte Katja sich mit dem Song, zumal sie ja in jener Zeit auch politisch in dieser Richtung aktiv war und sogar Wahlwerbung für Willy Brandts SPD und dessen versöhnende Ostpolitik machte, was nicht unumstritten war: Als sie den James-Krüss-Song „Die Taube“ auf dem Bundespresseball sang, verließen CDU-Politiker demonstrativ den Saal. Die Sympathie zwischen Willy Brandt und Katja Ebstein beruhte wohl auf Gegenseitigkeit – anlässlich ihrer Mitwirkung an einer Benefiz-LP zur Welthungerhilfe empfing er sie und bedankte sich für ihre Unterstützung bezüglich dieses Projekts.

Kritikerlob für anspruchsvolle Lieder

Im Anschluss wollte Katja Ebstein sich mit sehr anspruchsvollen Liedern präsentieren, was ihr bei Kritikern zwar Lob einbrachte, kommerziell aber fulminant floppte. Weder der Bruhn-Song „Wir leben, wir lieben“ noch die deutsche Version des Labi Siffre-Songs „Get to the Country“, „Hinaus aufs Land„, schlugen kommerziell ein. Von Bedeutung war die 1972 veröffentlichte Single „Wir leben, wir lieben“ allerdings schon: der Hohe Kommissar der UNO, Sadruddin Aga Khan, bat Katja um einen Song für die international erscheinende LP „Top Star Festival“, mit der 12 Weltstars wie Donovan und Aretha Franklin die Flüchtlingsnot lindern helfen wollten. Katja war mit der B-Seite der Single, „Manche Leute“, als einzige deutschsprachige Künstlerin vertreten. Interessant ist, wie aktuell das Thema heutzutage wieder geworden ist.

Hochzeit mit Christian Bruhn

Dennoch gab es ein sehr einschneidendes Ereignis im Jahr 1972 für Katja, nämlich ihre (heimliche) Hochzeit mit Christian Bruhn. Und der hatte dann auch musikalisch die Idee, die auch kommerziell wieder auf die Erfolgsspur führte. In Zeiten von Erfolgen griechischer Sängerinnen und Sänger (Nana Mouskouri, Demis Roussos, Costa Cordalis u. a.) ersann er gut ein Jahr vor Udo Jürgens‘ „griechischem Wein“ wieder einen echten Katja-Hit: „Der Stern von Mykonos„. Erstmals seit knapp drei Jahren wurde sie damit auch wieder in Dieter Thomas Hecks ZDF-Hitparade vorstellig – es lohnte sich: Mit dieser kommerziellen Nummer kam Katja Ebstein in die Top 5 der deutschen Verkaufscharts, es wurde ihr bis dato größter Hit. Wieder einmal wurden auch internationale Versionen wie „The Star of Mykonos“ oder „Le soleil sur Mykonos“ produziert.

Kommerzielle Erfolge mit „Mykonos“ und „Peru“

Im Anschluss wurde wieder so etwas wie ein Ökoschlager veröffentlicht – diesmal ging es um Entwicklungsländer. In Zeiten der Einwanderung von Flüchtlingen mutet das Thema aktueller denn je an. Trotz der schweren Kost wurde (vielleicht auch aufgrund der gefälligen Komposition) „Ein Indiojunge aus Peru“ erneut ein Hit.

Wechsel der Plattenfirma – hin zu EMI Electrola

Mit dem erneut griechisch angehauchten Lied „Athena“ endete eine Ära – es war ihre letzte Single bei „United Artists“, sie wechselte zur großen Plattenfirma EMI Electrola. Damals ließ ihre alte(!) Plattenfirma verlautbaren: „Das bestehende Vertragsverhältnis zwischen Katja Ebstein und der Firma United Artists Records, München, endet am 16. März dieses Jahres. Auf der Grundlage dieses bestehenden Vertrages finden seit einigen Wochen erfolgreiche Verhandlungen zur Fortsetzung des Vertragsverhältnisses statt. Sie haben bis zum Tage zu einem unterschriftsreifen, neuen, langjährigen Vertragsentwurf geführt. Es ist der ausgesprochene Wunsch von Frau Ebstein, den Vertrag mit United Artists fortzusetzen„. – Solche Treue-Bekenntnisse kennt man sonst eigentlich heutzutage nur von Protagonisten der Fußball-Bundesliga…

Bereits nach dem Wechsel wurde von ihrer alten Firma noch mal ein Schlager veröffentlicht, der zwar nicht mehr in die Charts kam, aber doch bei einigen Fans gut ankam und passend zur Situation war: Aus Donna Hightowers „This World Today Is A Mess“ wurde „Wölfe und Schafe“ – der Text von Michael Kunze führte aber nicht mehr in die Hitparaden.

EMI-Debut „Es war einmal ein Jäger“ schlägt ein

Anders sah es mit Katjas Debut bei EMI-Electrola aus – „Es war einmal ein Jäger“ war ein lupenreiner Schlager, den Christian Bruhn ihr auf den Leib schrieb – belohnt wurde das mit einem Super-Hit, der in die Top 5 der Verkaufs-Charts kam und mit dem sie sich erstmals(!) in der ZDF-Hitparade mehrfach platzieren konnte. Gerne wird das Beispiel dieses Superhits dafür genommen, warum im Radio lieber englischsprachige Songs gespielt werden. Es macht eben keinen guten Eindruck, wenn nach einer Kriegsberichterstattung „Im Leben geht mancher Schuss daneben“ gespielt wird.

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Parallel erschien eine LP, die im Rahmen der großartigen (inzwischen leider eingestellten) „Originale“-Reihe der Universal neu aufgelegt wurde: „Wilde Rosen und andere Träume“, auf der Katja das ganze Spektrum ihres Könnens zum besten gab. Die neue Plattenfirma EMI warb: „Das ist die junge Generation mit ihren niveauvollen Songs, die uns manchmal nachdenklich stimmen oder schmunzeln lassen.“

Hinter der Single-Auskopplung steckte durchaus Kalkül. Im Branchenblatt Musikmarkt war damals zu lesen: „Mit ihrem Hitparadenerfolg ‚Es war einmal ein Jäger‘ hat Katja gezeigt, dass sie es sich leisten kann, auch einmal etwas ganz anderes zu singen als das, was man sonst von ihr erwartet. Man könnte sagen, dass Welten zwischen diesem volkstümlich-lustigen Schlager vom Oberförster Schmidt und den Songs ihrer neuen LP liegen. Aber sie hätte den Jäger auch dann mit Überzeugung vertreten, wenn er kein Bestseller geworden wäre. Denn nichts findet sie schlimmer, als sich auf eine bestimmte musikalische Richtung festlegen zu lassen. Sie liebt den Kontrast und steht hinter dem, was sie tut. ‚Wenn ich beispielsweise Lieder zum Paragraphen 218 singen würde, wie man mir einmal bei einer Diskussion vorschlug‘, meint Katja, ‚würden sie wahrscheinlich nicht gekauft werden. Ich bin da ganz ehrlich – bei allem Engagement habe ich mir vorgenommen, mein Publikum gut zu unterhalten, und das ist nicht gerade das leichteste“.

Anspruchsvolles Heine-Projekt: „gelungenste Heine-Interpretation“ jener Zeit

Im Jahr darauf zeigte sich Katja wieder von ihrer anspruchsvollen Seite. Später äußerte sie sinngemäß, dass sie ihre kommerziellen Erfolge dazu nutzte, weniger erfolgversprechende, aber anspruchsvolle Projekte anzuschieben. So erschien die von Kritikern viel beachtete, aber kommerziell wenig erfolgreiche LP „Katja Ebstein singt Heinrich Heine„. Die von Christian Bruhn vertonten Heine-Gedichte stellte sie im September 1975 im „leider nicht ganz ausverkauften“ Robert-Schumann-Saal in Düsseldorf vor. Dennoch war das anwesende Publikum begeistert – Katja wurde erst nach drei Zugaben von der Bühne gelassen. Trotz des ausgebliebenen kommerziellen Erfolgs (das Fernsehen hielt sich laut Hinweis Christian Bruhns nämlich vornehm zurück) sorgte die LP für viel Aufmerksamkeit, so sprach Prof. Wilhelm Gössmann, erster Vorsitzender der Heinrich Heine- Gesellschaft von einer der wohl gelungensten Heinrich Heine – Interpretationen jener Zeit.

Katja selbst äußerte sich damals zu diesem Projekt wie folgt: „Heine-Texte sind für mich nichts Geschmäcklerisches, nichts Elitäres. Sie strömen Kraft aus. Zärtliche Kraft, an der man nicht vorbeikommt. Ich möchte das bewältigen. Nicht, indem ich Heine krampfhaft rhythmisiere, sondern indem ich als Interpretin eng unter seinen Texten bleibe. Denn das, was Heine vorgab, läuft auf ganz natürliche Art – wie von selbst„. Jahrzehnte später konstatierte sie: „Durch erfolgreiche Popmusik konnte ich mir parallel die Kleinkunst leisten“.

1975 Platz 5 beim Grand-Prix-Vorentscheid

Auch auf kommerzieller Schiene war man wohl bemüht, wieder weg vom „Humtata-Schlager“ hin zu hymnenhaften Liedern zu kommen. So schickte man Katja 1975 zur Vorentscheidung zum Grand Prix 1975 mit dem Lied „Ich liebe Dich“ – diesmal reichte es „nur“ zu einem respektablen 5. Platz in starkem Teilnehmerfeld – gegen Joy Flemings „Ein Lied kann keine Brücke sein“ war aber in jenem Jahr national kein Kraut gewachsen. So wurde der Song erst ein Jahr später lediglich als B-Seite einer Single veröffentlicht.

Charleston-Hit „Die Hälfte seines Lebens“

Neben diesen anspruchsvollen Ansätzen wurde aber auch wieder ein (kommerziell erfolgreicher) Schlager herausgebracht: Vor genau 40 Jahren kam der Song „Die Hälfte seines Lebens“ in die Hitparaden – und dieser Christian-Bruhn-Song schlug wieder ein. Im munteren Charleston gehalten, geht es darum, die schönen Seiten des Lebens zu genießen – und nach Meinung des Textdichters Georg Buschor wird dieser Gedanke von vielen historischen Persönlichkeiten wie Sokrates, Goethe und Kant geteilt.

Intermezzo als Produzentin

Neues Terrain betrat Katja auch in jener Zeit – sie betätigte sich kurze Zeit als Produzentin. Beispielsweise produzierte sie mit Wyn und Andrea Horn deren Titel „Der Nachbar“.

Im Frühjahr 1976 wurde dann die nächste Single veröffentlicht, die allerdings lediglich ein leidlicher Radiohit wurde, obwohl der Text durchaus passend war: Im Jahr ihrer Scheidung von Christian Bruhn sang Katja „Aus Liebe weint man nicht„.

Letzte Christian-Bruhn-Komposition für Katja schlägt noch einmal ein

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Im Sommer 1976 wurde es dann wieder richtig schlagerhaft – mit „deidideldum“ wurde ein Russland-nostalgisches Epos namens „In Petersburg ist Pferdemarkt“ veröffentlicht, das musikalisch und inhaltlich etwas in Richtung von Udo Jürgens‘ „Anuschka“ geht. Schlagerkritiker und emanzipierte Frauen kritisieren, es sei ein patriarchalisch angehauchter Text, weil die Frau Treue gelobt, während der Mann auf den Pferdemarkt geht („Da muss ein Mann doch hin“) – vermutlich hatte Alice Schwarzer nicht wirklich ihre Freude an dem Text. Das Publikum honorierte die letzte Christian Bruhn-Komposition für Katja mit einer Top-40-Position in den deutschen Verkaufs-Charts, von denen sie sich dann für einige Jahre verabschiedete.

Neuer Produzent: Joachim Heider

Nach der privaten und beruflichen Trennung von Christian Bruhn wurden die Singles Katjas wieder anspruchsvoller, kommerziell entsprechend erfolgloser. Das Management übernahm 1977 Jerry Toger, die Produktion ihrer Singles der damals sehr kreative und großartige Berliner Joachim Heider. Die erste gemeinsam produzierte Single, der Joachim Heider-Song „Du und ich„, fiel nicht sonderlich auf.

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Die zweite von Heider produzierte Single hatte großen Anspruch. Die deutsche Version von „Don’t Cry For Me Argentina“, dem akustischen Zentralmotiv aus der Rockoper „Evita“, die den legendären Aufstieg der Eva Peron erzählt, wollte Katja unbedingt singen: Es entstand „Wein nicht um mich, Argentinien„. Das Original von Julie Covington wurde ca. 800.000 mal verkauft. Katja zur Intention, diesen Titel aufzunehmen: „Das hat mich sehr interessiert, die Form des Liedes wie das Lied selbst. Außerdem ist es für mich vom Image-Wert her sehr gut, denn ich muss da hin, wo ich mal war.“ – Es kam wie so oft: Die vom renommierten Texter Eckart Hachfeld, der auch große Hits wie „Aber bitte mit Sahne“ für Udo Jürgens textete, verfasste Single brachte Katja von der Kritik große Anerkennung – ein Verkaufserfolg wurde sie hingegen nicht.

Weck mich, bevor Du gehst„, die letzte 1977er-Veröffentlichung war wieder ein typischer Heider-Song. In Deutschland kam der Song nicht sonderlich an, in den Niederlanden wurde er allerdings in der Version von Rita Hovink („Wek me vordat je gaat“) zum Hit.

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Eher anspruchsvoll blieb es mit der ersten 1978er-Single, erneut einer Komposition Joachim Heiders, in der Katja auf eine anscheinend von vorneherein zum Scheitern verurteilte Beziehung zurückblickte: „Es war beinah so wie ein Lied„, das sie an Dienstag(!), dem 30.05.1978 bei Frank Elstners „Montagsmalern“ vorstellte. Die ZDF-Hitparade war seinerzeit schwer erreichbar für Katja, weil dort die im Verkauf besten platzierten Titel präsentiert wurden und Katja seinerzeit sich nicht platzieren konnte.

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Mit dem nächsten Song machten die Songautoren Joachim Heider und Christian Heilburg ihrem Image, gerne mal verklausulierte Schwulen-Songs zu schreiben (, wobei das eher von deren Rosenberg-Produktionen verkörpert wurde). Auch die Werbung für die Single „Dieser Mann ist ein Mann“ ging in dieser Richtung – dort war ein halb nackter Mann abgebildet. Interessant: Während es Kritik an der fehlenden Emanzipation im „Pferdemarkt“-Song gab, stört sich wohl niemand an die Sexualisierung des männlichen Körpers in diesem Zusammenhang :-).

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Berliner Lieder

Gegen Ende 1978 gab es dann so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit: Für ihre LP mit Berliner Liedern „So wat wie ick et bin“ ließ sich die Ebstein in Overknee-Stiefeln und kurzem Rock ablichten, dass selbst Andrea Berg vermutlich rote Ohren bekommen hätte. Ihre Plattenfirma bewarb die LP wie folgt: „Dufte! Jetzt jibt et eene neue Platte mit juten Berliner Liedern von Katja Ebstein! Da klingt det Kassenjeläute fast so schön wie det Jebimmel von der Jedächtniskirche„. – Wie zu befürchten, bimmelten die Kassen leider nicht so wie die EMI sich das vielleicht gewünscht hätte – erneut war die anspruchsvollere Katja mit ihrem Konzeptalbum kommerziell nicht erfolgreich, obgleich auch ein Lied wie die „Krumme Lanke“ oder ein Couplet von Otto Reutter enthalten war.

Basierend auf dieser LP, deren Songs sie selbst auswählte, wurde eine ARD-TV-Show („Das ist mein Milieu“) produziert, bei der ihr späterer Ehemann Klaus Überall, mit dem sie seit einigen Jahren liiert war, Regie führte und als Drehbuchautor tätig war. Katja sang in der Sendung nicht nur, sondern präsentierte sich auch als Schauspielerin in mehreren verschiedenen Rollen.

Neuer Produzent Ralph Siegel

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Anfang 1979 erschien eine Single, die ihr neuer Produzent Ralph Siegel für sie schrieb – obwohl Siegel damals äußerst erfolgreich war und der Song wieder ein klassischer Schlager war, blieb der Erfolg für „Es müssen keine Rosen sein“ aus.

Neue Plattenfirma Ariola, neuer Manager Freddy Burger

Vielleicht unter dem Einfluss Ralph Siegels (?) wechselte Ebstein ihre Plattenfirma zum 01.05.1979 – weg von der EMI, hin zur Münchener Ariola. Aber nicht nur Produzent und Plattenfirma wurde gewechselt – mit Freddy Burger fand sie auch einen Manager der „ersten Liga“, der ja seit 1977 auch Udo Jürgens unter Vertrag hatte. Interessanterweise war es nicht das erste mal, dass Katja sich Udos Umfeld anvertraute. Zuvor hatte sie bereits mit Udos langjährigem Pressesprecher Hansi Hoffmann Kontakt. Im Sinne von Publicity platzierte der ganz bewusst eine Ente, die durch die damaligen Zeitungen geisterte. So ließ er über eine österreichische Zeitung verlautbaren: „Die Sängerin Katja Ebstein hat erste Kontakte für eine Tournee durch China mit der diplomatischen Vertretung Pekings in Wien aufgenommen. Geplant sind Konzerte in den größten Städten Chinas.“ Das Dementi der chinesischen Botschaft in Wien folgte auf dem Fuß: „Wir kennen keine Katja Ebstein, und es haben auch nie Kontakte stattgefunden„. Schon damals gehörte wohl Klappern zum Handwerk…

Schunkelnummer „Trink mit mir“ missfällt Katja

Die erste bei Ariola erschienene Single war erneut eine Siegel-Nummer: „Trink mit mir“ wurde allen Vorschusslorbeeren zum Trotz kein Hit. Vielleicht lag das daran, wie sehr Katja hinter dem Song stand (hä ähm): „Die Platte ist zu verkraften. Man kann, das muss ich voraussetzen, nicht mit einem Geschmack a la Nina Hagen herangehen. Meine Firma muss sich verständlicherweise nach dem Markt richten, auf dem man das Produkt absetzen kann. Und das ist nun einmal der deutschsprachige„.

Erfolgreiche DDR-Konzerte

Sehr erfolgreich waren in jener Zeit ihre insgesamt 30 DDR-Konzerte – mit großem Orchester trat sie vor bis zu 9.000 Zuschauern auf.

Konzeptalbum „Glashaus“ – ein Meilenstein

Anfang 1980 gelang die Balance zwischen künstlerischem Anspruch und kommerziellen Erfolg wieder hervorragend: Das im typischen Ralph-Siegel-Stil gehaltene Konzeptalbum „Glashaus“, das auch in durchsichtiger Vinyl-Optik erschien (leider reichte mein Taschengeld damals nicht für den Kauf – ich weiß noch, wie oft ich die Platte im Hagener Kaufhof in der Hand hatte), war sowohl als LP als auch mit einigen Auskopplungen ausgesprochen erfolgreich.

Noch VOR Gitte Haenning beschäftigte sich Katja mit dem Thema „Die Frau in der Gesellschaft“. O-Ton Katja: „Es geht im allgemeinen um die Situation der Frau, die ein bisschen im Glashaus sitzt, aber auch um die Mann-Frau-Beziehung. Es sind nicht nur neue Nummern darauf, sondern auch Standards wie ‚Free Again‘ – in deutscher Version natürlich.“ Die TV-Werbetrommel wurde damals kräftig gerührt – Katja durfte ihre LP bei Joachim Fuchsbergers „Auf los geht’s los“ und in Rainer Holbes „Starparade“ vorstellen, dort sogar in einem Star-Block mit gleich drei Titeln.

Top-10-Hit „Abschied ist ein bisschen wie Sterben“

Als erste Single wurde aus dem Album ein bärenstarker Titel ausgekoppelt: „Abschied ist ein bisschen wie Sterben„. Witzigerweise musste Siegel sich in einer Talkshow („Ich stelle mich“) gegenüber einem kritischen Fragensteller rechtfertigen, warum denn nur „ein bisschen“ – wie beim Frieden. Siegel konterte, dass er lediglich ein französisches Sprichwort mit dem Text zitiert habe (bzw. sein Textdichter Bernd Meinunger). Großartig orchestriert, musikalisch anspruchsvoll – und die wunderbare Radio-Falle – nach dem vermeintlichen Schluss kommt noch eine Gesangszeile – der Song ist einer meiner absoluten Lieblingslieder der Berlinerin und war kommerziell auch überaus erfolgreich – sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz(!) kam Katja damit in die Top 10.

Zweiter Platz beim Grand Prix mit „Theater“

In jenem Jahr, 1980, besann man sich auf eine Idee, die schon 1970 funktionierte – um das Album zu pushen, könnte man ja… richtig! Ralph Siegel reichte seine Komposition „Theater„, gesungen von Katja Ebstein, zur Eurovision ein – das Ergebnis ist gemeinhin bekannt. Katja gewann die deutsche Vorentscheidung (auch wenn „Nachwuchs-Moderator“ Thomas Gottschalk zunächst irrtümlich Costa Cordalis als Sieger auf die Bühne holte) und erreichte beim internationalen Wettbewerb in Den Haag einen fulminanten zweiten Platz, was (wie schon 1970) zu dem Zeitpunkt die beste Platzierung war, die je ein deutscher Beitrag beim Grand Prix erreicht hatte. Sie scheiterte nur knapp an Johnny Logan, mit dem sie später recht gut befreundet war.

Bei Katjas Vortrag stimmte aber auch alles – „Theater“ ist ein internationales Thema, der Text wurde von vier Pantomimen wunderbar umgesetzt, und die hymnenhafte Komposition tat ihr übriges – auch kommerziell war der Song sehr erfolgreich. Die Top-10 der deutschen Verkaufs-Charts wurden nur knapp verfehlt, und erstmals überhaupt kam Katja Ebstein auf Platz 1 der ZDF-Hitparade. Das Lied wurde in mehreren Sprachen veröffentlicht („It’s Showtime“ bzw. „Theatre„).

9-mal hintereinander in der ZDF-Hitparade

Im Spätsommer 1980 wurde aus der Sensations-LP „Glashaus“ eine weitere Single ausgekoppelt, die erneut kommerziell recht erfolgreich werden sollte: „Dann heirat‘ doch Dein Büro“. Diese Mischung aus Emanzipations-Pushing und einfachem Schlager hatte etwas, und ähnlich wie Scheidungskinder sich 1978 von Andrea Jürgens‘ „Und dabei liebe ich euch beide“ angesprochen fühlten, gab es sicher viele Ehefrauen und Kinder, die sich freuten, wenn ihr Papa, der bis abends im Büro verweilt, besungen wurde. – Das ist ein wohl bis heute aktuelles Thema, mit dem Katja Ebstein erneut (letztmals) die ZDF-Hitparade gewann. Bemerkenswert ist übrigens, dass Katja 1980 neun mal in Folge in der Berliner TV-Show zu Gast war – nonstop von Februar bis Oktober. Auch in Sachen „Charts“ stellte sich mit diesem Song letztmals ein Hit ein.

Erste große eigene Deutschland-Tour

Nach langem Zögern war es so weit – Katja Ebstein begab sich erstmals auf große Deutschland-Tournée. Offizielle Premiere war am 01. Oktober 1980 in ihrer Heimatstadt Berlin. Ungewöhnlich: Bereits im Vorfeld wurde am 18. September 1980 eine TV-Show namens „Konzert frei Haus“ (Regie: Rainer Bertram) ausgestrahlt, parallel erschien eine Live-Doppel-LP „Katja Ebstein live“. Das Programm des Konzerts fasste das Branchenblatt Musikmarkt wie folgt zusammen: „…mit einem abendfüllenden, mehr als zwei Stunden dauernden Programm, das von Liedern mit literarisch-kabarettistischen Texten über Pop-Songs und Platten-Hits, Heine-Lieder und ambitionierten Chansons bis hin zu einem Reigen großer Musical-Melodien reicht“.

LP „He Du da“ legt Grundstein für späteres Bühnenprogramm

Nach diesen kommerziellen Erfolgen wurde es für Katja wohl mal wieder Zeit, etwas „Anspruchsvolles“ zu produzieren – Ende 1980 erschien unter der musikalischen Leitung von Dieter Reith und Produktion ihres späteren Ehemanns Klaus 

die LP „He Du da!“ mit Texten der Liedermacher Stephan Sulke, Inge Brück und Robert Long, die übrigens bis heute von Bedeutung ist, weil sie die Grundlage für Katjas Bühnen-Programm Jahrzehnte später war. Die Plattenfirma Ariola schrieb dazu damals: „Aktuelle Themen sind Umweltschutz, Wirtschaftskriminalität, die Macht der Reichen und der Superreichen, die ewige Suche nach der großen Liebe, Schmerz, Trennung, Abschied. Dabei beweist die Sängerin einmal mehr ihre Vielseitigkeit. Anspruchsvoll und trotzdem populär – diesen Balance-Akt zwischen Kunst und Kommerz schaffen nur wenige – doch sie schafft es – mit Liedern, die sowohl ins Ohr als auch unter die Haut gehen„. Wie erfolgreich diese LP wurde, kann sich vermutlich jeder denken…

Für ihre großen 1980er Erfolge verlieh ihr die Europawelle Saar 1981 die „Goldene Europa“.

Siegel-Nummer schlägt nicht ein

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Als Single ausgekoppelt hat man „vorsichtshalber“ von diesem Album keinen Titel – man versprach sich mehr von der typischen Ralph-Siegel-Nummer „Ich bin ein Berliner Kind„. Trotz ZDF-Hitparaden-Präsenz und schlagerhafter Ausrichtung wurde das 1981 aber kein Hit, was umso erstaunlicher ist, als am 10.03.1981 in der ARD erneut eine Ebstein-Sendung unter dem Motto „Das ist mein Milieu“ ausgestrahlt wurde, die von der Kritik sehr gut aufgenommen wurde – ihr wurde attestiert, dass sie „neben Schlagerschnulzen, Heine-Songs und Rock-Tönen auch volkstümliche Heimatlieder auf ihrer umfangreichen Palette hat- und noch ein paar erfreuliche komödiantische Klekse dazu“.

Grand Prix: Moderatorin beim Vorentscheid 1981

Ein Karriere-Highlight jenen Jahres war die Moderation der deutschen Vorentscheidung zum Grand Prix 1981, die sie übernommen hatte. Siegreich war damals Lena Valaitis, die noch knapper am internationalen Sieg vorbeischrammte als Katja. Deren Geheim-Tipp war die Gruppe „Janz“ mit dem Song „Steine“ – leider hat man von der Formation nachher nicht mehr viel gehört – auch nicht von den führenden Köpfen, den Gebrüdern Paul und Ken Janz.

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Die zweite 1981er Single, „Wann siehst Du mich schon weinen?“ aus der Siegel-LP „Kopf hoch“ blieb weithin unbeachtet. Die LP „Kopf hoch“ beinhaltete erneut Lieder über die „Liebe an und für sich aus der Sicht einer Frau„. Die Ariola bewarb die LP wie folgt: „…eine LP mit hohen musikalischen, textlichen, und gesanglichen Ambitionen vor. Bernd Meinunger, Michael Kunze und Thomas Woitkewitsch gehören zu den Text-Autoren. Sechs der Songs komponierte Ralph Siegel, der als bewährter Ebstein-Produzent auch Regie im Studio führte. Hauptthema der LP ist einmal mehr die Liebe, vor allem natürlich die Liebe aus der Sicht einer Frau.

Schauspielerin in „Professor Unrat“ – großer Erfolg

Einen Karriereschnitt vollzog Katja Ebstein, indem sie die weibliche Hauptrolle (Künstlerin Rosa Fröhlich) im Theaterstück „Professor Unrat“ im Ernst-Deutsch Theater in Hamburg über 3 1/2 Monate vor ausverkauftem Haus an der Seite des Schauspielers Friedrich Schütter übernahm und damit in die Fußstapfen Marlene Dietrichs trat. In der Folgezeit ging Katja immer mehr in Richtung Schauspiel, was auch dem Beruf ihres Ehemanns Klaus Überall (Regisseur) geschuldet sein könnte. Der Erfolg war so groß, dass sich eine 180-Tage-Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz anschloss.

Katja „bereut keinen Augenblick“

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In der Hochzeit der neuen deutschen Welle (Frühjahr 1982) konnte Katja auch mit vermeintlich kommerziellen Produktionen nicht punkten. Die erste Single des Jahres, „Ich bereue keinen Augenblick“, war zugleich die letzte Produktion Ralph Siegels für Katja. Im Radio lief der Song recht gut, ein Verkaufserfolg wurde es aber nicht, obwohl sie den Titeln in ihrer Personality-Show „Mein Name ist Katja“ am 25.02.1982 vorstellen konnte.

Neuer Produzent Bernie Paul

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Bernie Paul (bürgerlich Bernd Vondficht), der einige Jahre zuvor als Interpret mit „Oh No No“ große Erfolge feiern konnte, produzierte die nächste Single Katja Ebsteins. Fred Jay textete die deutsche Version des italienischen Songs „Aria di casa“ von Sammy Barbot: „Leben“.

Bohlen-Komposition der Zeit voraus

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Im Winter 1982 war Katja mal wieder ihrer Zeit voraus – im doppelten Sinne: Zwei Jahre vor Herbert Grönemeyer machte sie sich humorvoll lustig über gewisse Attitüden (insbesondere hinsichtlich von Schönheitsidealen) der Männer im Song „Mann, bist Du schön„. An dem Song besonders spannend ist aber nicht etwa der Name des Produzenten (Bernie Paul), sondern der des Komponisten – schon 1982 trieb ein gewisser Dieter Bohlen sein Unwesen.

Aber auch in Sachen Schauspielerei war Katja in jenem Jahr aktiv, so spielte sie an der Seite von Klaus Wildbolz und Hans Richter die Buhlschaft in „Jedermann“ bei den Sommerfestspielen in Heppenheim.

Neuer Produzent: Harold Faltermeyer

19830201 22

Mit der LP „Traumzeit?“, produziert vom renommierten Harold Faltermeyer, endete Katjas Ariola-Zeit (- zumindest, was LP-Produktionen angeht). Ausgekoppelt als Single wurde daraus die die Single „Fluchtwege„, die deutsche Version des Dianne Warwick-Welthits „Heartbreaker“.

„Cats“-Song vor Angelika Milster

Das Titellied der LP „Traumzeit?“ zeigt erneut Katjas Vorausdenken – es war nämlich eine deutsche Version des Titelliedes des später sehr erfolgreichen Musicals „Cats“, dessen Titellied sie damit intonierte – Angelika Milster hatte Jahre(!) später mit einer anderen deutschen Fassung dieses Liedes einen großen Erfolg. Die beiden Sängerinnen haben übrigens lt. einem Zeitungsartikel eine gemeinsame Leidenschaft: aus Händen zu lesen.

Das Fragezeichen hinter dem LP-Namen hatte übrigens laut Branchenblatt „MusikInformationen“ einen Hintergrund: „Das Fragezeichen hinter dem Titel ihres neuen Albums weist bereits auf die kritischen Inhalte der LP-Songs hin, für die vornehmlich namhafte Autoren wie Michael Kunze und Thomas Woitkewitsch verantwortlich zeichnen. Katja packt in ihren Liedern zeitgemäße Themen wie die Zerstörung der Umwelt, die Emanzipation der Frau und das Bild des Mannes von heute an. Die Neue deutsche Welle wird von Katja liebenswert persifliert.“ In der Tat: Mir ist außer dem Katja-Song kein Lied bekannt, das den Titel „Neue deutsche Welle“ trägt.

Nach der Ariola-Zeit erschien 1983 noch eine Single bei der CBS: „Wunderland“. Der von André Heller getextete Song (Komposition: Francis Lai) war Titellied eines TV-Films mit Gustl Bayrhammer, in dem der bayrische Schauspieler ein Wunderland besucht, in dem Figuren aus Comics, Märchen und Legenden leben. Vielleicht auch deshalb wird dem Lied attestiert, dass es eine gewisse Disney-Song-Affinität habe.

Tonträgerpause – Moderatorin „Unterwegs in der DDR“

In den folgenden Jahren erschienen keine Tonträger von Katja, allerdings war sie weiterhin aktiv. Beispielsweise tummelte sie sich als Moderatorin der TV-Reihe „Unterwegs in der DDR“. Auf einem Fahrrad besuchte sie dabei historische Stätten und Sehenswürdigkeiten der DDR und kostümierte sich in der Art der Person, die sie darstellte. Der Erfolg war so groß, dass in den Jahren 1986 und 1987 26 weitere Folgen produziert wurden.

Einige Jahre später, bei einem Konzert im Ostberliner Friedrichstadtpalast verhaspelte sie sich mit der Aussage, die DDR sei europäisches Ausland, was einige Politiker wie Egon Bahr empörte, die darauf hinwiesen, die DDR sei der andere Teil Deutschlands. Katja stellte zwei Jahre vor der Wiedervereinigung (anlässlich der 750-Jahr-Feier Berlins im Friedrichstadtpalast) klar: „Meine Worte bezogen sich auf das Staatswesen, die Einreiseformalitäten und die verschiedenen Währungen„.

Lied zur ARD-Fernsehlotterie

1986 versuchte Katja mit einem Lied von Hanne Haller und Ramona Leiß, wieder einen Hit zu landen – das Lied zur ARD-Fernsehlotterie „Mensch, sag doch einfach na und!“ wurde zwar in der ZDF-Hitparade vorgestellt – erneut war sie aber ihrer Zeit voraus – Jahre später landete Udo Jürgens mit ähnlichem Thema („Na und!?“) einen veritablen Hit. Mit dieser Single war die Ariola-Zeit dann endgültig beendet. 1987 veröffentlichte Ebstein dann ihre vorerst letzte Single, die sehr selten zu finden ist: „Lach mich nicht aus!„.

Verlagerung auf die Schauspielerei

In jener Zeit hatte das Schauspiel die Singerei wohl in der Hierarchie der Prioritäten endgültig abgesetzt. So übernahm Katja im Frühjahr 1987 die Hauptrolle der Nachtclubsängerin und Mörderin „Roxie“ im Musical „Chicago“ gemeinsam mit dem Ensemble des Berliner Theater des Westens sehr erfolgreich über 2 1/2 Monate. Ein Jahr später wurde das Musical unter Mitwirkung Katjas erfolgreich in Berlin gespielt.

In der Folgezeit (1988/89) war sie als Schauspielerin in der 20-teiligen ARD-Serie „Friedrichstadtpalast“ im Vorabendprogramm der ARD zu sehen.

In der Zeit des Mauerfalls (ab Herbst 1989) ging Katja mit dem Musical „Sweet Charity“ auf Drei-Länder-Theater-Tournée. Wegen des großen Erfolgs wurde die Tour 1991 im Frühjahr wiederholt.

Auch in den 1990er Jahren war Katja weiter als Schauspielerin und Rezitatorin aktiv. Gemeinsam mit Lutz Görner rezitierte sie seit 1990 beispielsweise Lyrik von Frauen und ging mit ihm auf eine über 3 Monate laufende Gastspielreise, was von der Kulturkritik begeistert aufgenommen wurde. Ende 1991 ging sie – diesmal solo – erneut auf Tour unter dem Motto „Frauenlyrik“. Im gleichen Jahr gab sie die „Spelunken-Jenny“ der Dreigroschenoper von Berthold Brecht im Hamburger Ernst-Deutsch-Theater, weil sie wie Jenny eine kämpferische Natur sei. Zwei Jahre später spielte sie die Titelrolle von „Victor und Victoria“, womit sie erneut auf Drei-Länder-Tour war.

Album „Ebstein“ schafft es nicht in die Album-Charts

19941015 MM 44

Nach vielen Jahren war es 1994 wieder soweit – eine große Plattenfirma (Polydor) veröffentlichte die CD „Ebstein“, ein „Album mit ausgewählten Musical- und Filmmelodien in bestechenden neuen Arrangements„. Großer kommerzieller Erfolg war damit leider nicht mehr zu erzielen. Auch die deutsche Version des Songs „With One Look“ aus dem Musical Sunset Boulevard, „Nur ein Blick„, blieb von der breiten Öffentlichkeit unbemerkt.

Ansonsten war sie in den 90er Jahren mit Programmen wie „Meisterinnen aus zwei Jahrhunderten“ mit zeitgenössischer Frauenlyrik und Soloabenden mit Werken von Heinrich Heine und Berthold Brecht unterwegs.

Unter dem Motto „Berlin … trotz und alledem“ präsentierte sie seit 1998 Werke von Otto Reutter, Kurt Tucholsky u. a. – entsprechende CDs finden sich auf Katja Ebsteins Homepage unter „Discografie“. Dort ist auch das 1999 erschienene Album „Frauenlyrik“ zu finden. Diese Discografie verschweigt übrigens, dass Katja auch mal Schlager auf Tonträgern veröffentlicht hat.

Seit 2001 präsentiert Katja „alle Jahre wieder“ zur Weihnachtszeit ihr Programm „Es fällt ein Stern herunter“. Katja möchte damit ein vorweihnachtliches Programm der etwas anderen Art präsentieren und rezitiert dabei Beiträge u. a. von James Krüss, (unvermeidbar) Heinrich Heine, Loriot, Erich Kästner, Hans Dieter Hüsch und anderen.

Anspruchsvolles Album „Witkiwicz“

Anlässlich ihres 60. Geburtstages bzw. anlässlich ihres 40. Bühnenjubiläums erschien 2005 die bis dato letzte CD mit populärer Musik. Nachdem die vorherige CD „Ebstein“ genannt wurde, kam man auf die sehr einfallsreiche Idee, die CD nach ihrem bürgerlichen Namen „Witkiewicz“ zu benennen. Etablierte deutsche Protagonisten wie Pe Werner, Rainhard Fendrich und Xavier Naidoo steuerten Lieder zu der von Dieter Falk produzierten CD bei. Ein Jahr nach der Veröffentlichung ging Katja mit dem Programm unter dem Motto „Meine Lieder“ auf Deutschland-Tour.

Zweiter Platz bei „Let’s Dance“

2007 begab sie sich dann wieder auf die eher kommerzielle Schiene und nahm mit beachtlichem Erfolg an der 2. Staffel der RTL-Show „Let’s Dance“ teil – an der Seite ihres Tanzpartners Oliver Seefeldt belegte sie einen hervorragenden zweiten Platz.

Bundesverdientskreuz

Im Januar 2008 wurde Katja eine sehr große Ehre zuteil: Für ihr soziales und künstlerisches Engagement wurde ihr das Bundesverdienstkreuz verliehen. Ein Aspekt war hier sicher auchihr Engagement für Kinder finanziell schwach gestellter Familien im Rahmen der von ihr gegründeten „Katja-Ebstein-Stiftung“.

Im gleichen Jahr trat sie als Mentorin (bzw. „Patin“) der deutschen Vorentscheidung zum Grand Prix von Musical-Star Carolin Fortenbacher in Erscheinung. Nur denkbar knapp (mit 49,5 zu 50,5 Prozent) siegten damals die No Angels – mit dem bekannten Ausgang. Böse Zungen behaupten, dass das entscheidende Prozent der von den No Angels gezeigten nackten Haut geschuldet war, die international aber nicht sonderlich beeindruckt hat.

Jury-Mitglied bei Gottschalk-Sendung

Um den Musical-Nachwuchs kümmerte sie sich im Frühjahr 2008 in der von Thomas Gottschalk moderierten ZDF-Show „Musical Showstar 2008“, deren Jurymitglied sie an der Seite von Uwe Kröger und Alexander Goebel war. Die Sieger der Show durften im Musical „Starlight Express“ eine Rolle spielen. Für die ganz große Karriere reichte es für die siegreichen Anna-Maria Schmidt aus Bernshausen und Kevin Köhler aus Oer-Erkenschwick aber nicht.

Premiere des Bühnenprogramms „Na und? Wir leben noch!“

Direkt danach präsentierte sie in Dülmen die Premiere ihres Bühnenprogramms „Na und? Wir leben noch“, das von ihrem Ehemann Klaus Überall geschrieben und konzipiert wurde und erneut anspruchsvolles Programm beinhaltet – u. a. aus der LP „He Du da“. Mit diesem Programm ist sie bis heute unterwegs – vielleicht liegt ihr viel daran, weil ihr Mann, mit dem sie seit 1979 verheiratet war, am 29.10.2008 seiner Lungenkrebserkrankung erlag. Ihren bürgerlichen Namen Karin Ilse Überall trägt sie übrigens bis heute.

Fred-Jay-Preis

Große Ehre für Katja im Jahr 2009: Ihr wurde der renommierte Textdichter-Award „Fred-Jay-Preis“ übergeben. Die Stifterin Mary Jay-Jacobsen richtete zur Preisverleihung folgenden Gruß aus: „Ich freue mich besonders, dass in diesem Jahr Katja Ebstein den Preis erhält, für die mein Mann unter anderem den Umweltsong ‚Diese Welt‘ geschrieben hat.“

Im Rahmen der sehr erfolgreichen Vox-TV-Serie „Cover My Song“ gab es 2011 ein musikalisches Lebenszeichen von Katja: Gemeinsam mit dem deutschen Rapper JokA nahm sie ihren Evergreen „Wunder gibt es immer wieder“ in neuem Gewand auf. Für die nationalen Verkaufs-Charts reichte es nicht, aber immerhin wurde der Song in Hip-Hop-Download-Charts angenommen.

Mitglied der Bundesversammlung bei Wahl des Bundespräsidenten

In den letzten Jahren ist Katja immer wieder als politisch aktiver Mensch in Erscheinung getreten. Beispielsweise wählte sie 2017 in der Bundesversammlung Frank-Walter Steinmeier – die SPD entsandte sie in die Bundesversammlung. Auch wirkte sie im Dokumentarfilm „Mit Jesus auf die Barrikaden“ mit, der die 68er Bewegung und konkret die Protestbewegungen um den erschossenen Benno Ohnesorg und Rudi Dutschkes zum Thema hat. Katja äußert sich in diesem „Dokumentarfilm mit christlichem Hintergrund“ als Zeitzeugin.

Angekündigte Biografie wurde nicht veröffentlicht

Sehr schade: Die für 2018 angekündigte Biografie Katjas mit dem Titel „Begegnungen“ wurde bis heute nicht veröffentlicht.

Klare Haltung zu Integration

Interessant – auch zur Migration hat Katja eine klare Haltung – der Sender n-TV zitiert sie HIER wie folgt: „Es gehört eine Assimilierung dazu. Respekt vor Frauen gehört auch bei Migranten dazu. Ohne die eigene Kultur zu leugnen, muss man sich unserer annähern.

Im vergangenen Jahr trat Katja beim Kult-Fernsehgarten im ZDF auf und sang ihr Lied „Theater“ im Beisein des Komponisten Ralph Siegel, mit dem sie offensichtlich noch immer einen „guten Draht“ hat.

Katja Ebstein ist eine der bedeutendsten deutschen Sängerinnen, die neben ihrem politischen Engagement zweifellos Schlagergeschichte geschrieben hat. Schlagerfreunde werfen ihr aber ihre unterkühlte Distanz zu ihrem Schlager-Schaffen vor.

So wählt Schlagerexperte Reiner Moritz in einem seiner Bücher Katja auf Nummer 4 der „Anti-Stars“ mit folgender Begründung: „Am ungenießbarsten sind Schlagersänger, die mehr sein wollen als Schlagersänger. Katja Ebstein zum Beispiel glaubt wohl bis heute, dass sie, weil sie Brecht-Lieder sang, eine Brille mit ovalen Gläsern trug und Romanistik studierte, mehr als eine Schnulzentante ist. Gerade wer einmal mit Brecht-Texten Umgang hatte, wäre gut beraten gewesen, nicht Schlager zu trällern, deren Abgeschmacktheit eher auf einen Hobby-Dichter-Abend, Sektion Langenbeutingen, schließen ließe….“ – das ist harter Tobak, dessen Ansatz man im Kern zwar teilen kann, gleichzeitig auch massiv widersprechen muss, weil er der Künstlerin nicht in all ihren Facetten gerecht wird. Die Schlagerwelt wäre ohne Hymnen wie „Wunder gibt es immer wieder“ und „Abschied ist ein bisschen wie Sterben“ ein gutes Stück ärmer.

In diesem Sinn gratulieren wir eine der intelligentesten, streitbarsten, aber doch sympathischsten (eben weil „echtesten“) Schlagersängerinnen überhaupt zum „runden“ Geburtstag.

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Schlagerprofis – Der Podcast Folge 058

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