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JOE DASSIN: Gestern wäre er 85 Jahre alt geworden

JOE DASSIN: Unvergessener Chansonstar mit deutschen Erfolgen

Wir sind etwas spät dran – aber “just in tim”: JOE DASSIN, der große Meister des französischen Chansons mit Hits wie “Oh Champs Elysees” oder “Septemberwind”, wäre heute 85 Jahre alt geworden – Grund genug, ihm eine ausführliche Biografie zu widmen.

Schlagerprofis-Biografie JOE DASSIN

Am 05. November 1938 wurde Joe Dassin als Joseph Ira Dassin als Sohn des Filmregisseurs Jules Dassin (1911-2008) und der Violinistin Béatrice Launer (1913-2005)  in New York geboren. Dassin hatte zwei jüngere Schwestern (Richelle, geb. 1940 und Julie, geb. 1945).

Seine Kindheit verbrachte er bis zum 11. Lebensjahr in Kalifornien, wo sein Vater als Filmregisseur Karriere machte. Aufgrund politischer Verwicklungen (sein Vater galt als Moskau-Sympathisant, daher drohte ihm Berufs-Verbot, er kam auf die „Schwarze Liste“ des damaligen Senators McCarthy) musste die Familie auswandern und landete nach verschiedenen Stationen 1950 in Paris.

Vater mit Liaison mit MELINA MERCOURI

Nachdem er 1956 in Grenoble sein Abitur gemacht hatte, beschloss er, zusammen mit seiner Mutter zurück in die USA zu gehen; seine Eltern haben sich zwischenzeitlich scheiden lassen; sein Vater ging eine Beziehung mit der griechischen Schauspielerin und späteren griechischen Kulturministerin Melina Mercouri ein, mit der er zusammen den Kinowelterfolg „Sonntags nie“ realisierte.

JOE promovierte in Völkerkunde

In Amerika studierte Dassin zunächst Medizin, brach das Studium aber schnell ab, nachdem er bei einer Vorlesung, in der Leichen seziert wurden, in Ohnmacht gefallen war. Er schwenkte auf u. a. Philosophie um und promovierte gar in Völkerkunde an der Universität von Michigan. Wenngleich er sich eigentlich zunächst mehr für Sport interessierte, begann er zur Finanzierung seines Studiums in Folk-Clubs mit Chansons aufzutreten, wobei seine Vorliebe insbesondere dem Chansonnier Geroge Brassens galt.

Versuche als Schauspieler und Regieassistent

Nach Abschluss seines Studiums schnupperte Dassin in den Beruf seines Vaters hinein. Er arbeitete als Regieassistent bei Filmen wie „Topkapi“ und „What’s New Pussycat“ (mit Peter Sellers, Romy Schneider  und Woody Allen). Er versuchte sich auch als Schauspieler, z. B. im Peter-Ustinov-Film „Lady L.“ und begann auch in den USA zu singen. 1965 kehrte er nach Frankreich zurück, weil er in den Staaten mit seiner warmen Stimme und seiner chansonartigen Art zu singen keine Perspektiven sah.

Lebensgefährtin stellt Kontakt zur Plattenfirma her

Von großer Bedeutung wurde seine Freundin und spätere Ehefrau Maryse, die ihm zum 26. Geburtstag eine Schallplatte schenken wollte mit seiner französischen Aufnahme des Liedes „Freight Train“. Davon wurden immerhin 1.000 Exemplare verkauft, von Bedeutung war aber, dass Maryse Kontakte zu Plattenfirmen herstellte. So entstand auch der Kontakt zu Jacques Plait, der schon mit Charles Aznavour, Johnny Hallyday und Serge Gainsbourg zusammengearbeitet hatte und der sein Produzent und Mentor wurde.

Mitte der 1960er Jahre: Erste Erfolge in Frankreich

Seinen ersten Erfolg in Frankreich erzielte er mit besagter französischer Version des Hits der Chas McDevitt Skiffle Group. Deren „Freight Train“ übertrug er ins Französische: „Je change un peu de vent“. Nachdem Dassin 1966 mit „Bip Bip“ einen weiteren großen Hit in Frankreich nachgeschossen hatte, wurde er dort zu einem großen Star. U. a. wurde dort seine Version von „Guantanamera” populär.

Nach vorne getrieben wurde seine Karriere auch durch die Hochzeit mit der gerade bereits erwähnten sieben Jahre jüngeren Maryse Massiéra, die fortan Dassins Managerin wurde und in dieser Funktion sehr umtriebig war. Beispielsweise vereinbarte sie für 1967 eine Tour mit Salvatore Adamo, organisierte  international Konzerte und beschaffte ihrem Mann sogar im Pariser „Olympia“ den ersten Auftritt.

Schon früh schrieb Dassin auch für andere Interpreten Lieder, beispielsweise 1968 für France Gall den Song „Bébé requin“, der in Deutschland von France Gall auch als „Haifischbaby“ populär gemacht wurde.

Anfang der 1970er Jahre: Erste deutsche Songs

Anfang der 1970er Jahre begann er, auch in Deutschland Lieder aufzunehmen und aufzutreten. Hierzulande wurde er insbesondere durch beliebte TV-Shows populär. Bereits am 08. Dezember 1969 trat er im „Musik aus Studio B.“ auf und am 05. März 1970 (Aufzeichnung vom 05. Februar 1970) in der ZDF-Starparade.

“Les Champs Elysées” als Hit des Lebens

In jener Zeit hatte Dassin auch den Hit seines Lebens: „Les Champs-Elysées“, wohl besser bekannt als „Oh Champs Elysées“. Es ist wohl DAS französische Lied schlechthin, das fast zu einer Art Volkslied geworden ist. Dabei war der Song eigentlich zunächst als B-Seite gedacht – bei der deutschen Ausgabe der Single war der Song zunächst „Seite 2“ – auf „Seite 1“ befand sich der Titel „Le chemin de papa“.

Nachdem „Champs Elysées“ der Renner auch in den deutschen Charts wurde, wurde die deutsche Version „Oh Champs Elysées“ (getextet von Hans Bradtke) auf Seite A genommen, während die von Fred Jay getextete Version von „Le chemin de papa“ („Es ist leicht, auf dem Kopf zu stehen“) zur B-Seite wurde. Dassin produzierte das Lied auch auf Spanisch, Englisch, Italienisch und Japanisch.

Original ist ein englischer Song

Spitzfindige Leute amüsieren sich darüber, dass ausgerechnet ein Amerikaner (Dassin kam ja in New York zur Welt) mit einem englischen Lied („Les Champs-Elysées“ ist eine französische Adaption des 1968 von der britischen Band „Jason Crest“ herausgebrachten Liedes „Waterloo Road“) praktisch DEN französischen Song-Klassiker schlechthin populär gemacht hat. Textdichter Pierre Delanoe ist auch kein Unbekannter:

Bereits 1958 war er erster französischer Sieger des Grand Prix Eurovision, und er textete u. a. für Gilbert Becaud (Nathalie) – auch ist er für den französischen Text des Liedes bekannt, aus dem Udo Jürgens „Es wird Nacht, Senorita“ machte.

Song bis heute populär

Dassins erster deutscher Hitparaden-Erfolg ist bis heute nachhaltig präsent – erst im vergangenen Jahr hat die Sängerin Zaz mit einer (allerdings phänomenal großartigen) Neuversion des Klassikers große Erfolge feiern können  (für ihr Album „Paris“, in dem sie dieser Stadt gewidmete Lieder wie eben Champs Elysées neu aufnahm, erhielt sie sogar in Deutschland den Echo für das erfolgreichste Album 2014 einer internationalen Sängerin). Auch Geraldine Olivier hat den Song neu aufgenommen.

Ein weiterer internationaler Hit Dassins aus 1970 war seine französische Version des Christie-Hits „Yellow River“ – bei ihm hieß es erfolgreich „L‘ Amerique“. Diese französische Version des Pop-Klassikers wurde lange Zeit auch in Deutschland gerne im Radio gespielt.

Erster deutschsprachiger Hit: “Es gibt Mädchen so zum Träumen”

Joe Dassin Es gibt Mädchen so zum Träumen

1971 nahm Dassin erneut ein Lied für den deutschen Markt auf – aus dem von ihm selbst komponierten Chanson „La Fleur Aux Dents“ wurde (von Carl Ulrich Blecher getextet) „Es gibt Mädchen so zum Träumen“. Auf dem Cover der Single ist Dassin mit einem Gepard abgebildet – das Tier wurde (ebenso wie dünne Zigarillos) so etwas wie ein „Markenzeichen“ für den Sänger – er ließ sich immer wieder damit ablichten.

Joe Dassin Das sind zwei linke Schuh

Nach einem erfolgreichen Auftritt in der ZDF-Show „Nightclub“ am 18. April 1971 wurde ihm im gleichen Jahr ein speziell für den deutschen Markt geschriebenes Lied von Christian Bruhn maßgeschneidert – mit Erfolg: „Das sind zwei linke Schuh‘“ (Text: Hans Bradtke) wurde der erste deutschsprachige Hit Dassins, der die Top 20 um Haaresbreite verpasste.

(Auch die B-Seite kann sich hören lassen – aus Dassins Chanson „Le cadeau de papa“ wurde „Meines Vaters Sohn“.) Den Titel präsentierte er am 18. Oktober 1971 bei “Musik aus Studio B”.

Weißer Anzug wird salonfähig gemacht

Wenn man sich alte Videos von diesem Lied ansieht, bemerkt man, dass schon lange vor  Udo Jürgens jemand in einem schneeweißen Anzug perfektes Entertainment bot. Angeblich riet ihm die Ehefrau von Henri Salvador zu diesem Outfit (, zu dem auch noch ein silberner Gürtel gehörte).

Kurze Zeit später wurde in Deutschland eher erfolglos Dassins Song „Fais la bise a ta Maman“, eine lt. Plattenfirma im „dufte poppigen Stil gehaltene“ Nummer, veröffentlicht – weder die Original-Version noch die 1973 veröffentlichte deutsche Fassung „Schöne Grüße an Mama“ (Text: erneut Carl Ulrich Blecher), erreichte hierzulande viel Aufmerksamkeit (in Frankreich reichte es immerhin zu einem 15. Platz).

1972: “Taka Takata”

Im Sommer 1972 brachte Joe Dassin seine französischsprachige(!) Version des spanischen Hits „Taka Takata“ von Paco Paco auf den Markt. Der Song, in dem es darum geht, dass sich jemand in eine hübsche Tänzerin verliebt, die sich aber als Gemahlin eines Toreros entpuppt, was diesen zu Reaktionen zwingt, schaffte es immerhin auf Platz 50 der deutschen Charts. Die Plattenfirma hatte wohl Recht: „Ein Song mit Rhythmus, Temperament und guter Laune“.

In jenem Jahr kaufte sich Dassin ein Haus auf Tahiti, nahe der Insel Bora Bora, wo er sich mit seinem bevorzugten Hobby, dem Fischen, von seinen anstrengenden Tourneen entspannen konnte.

Deutsche Songs wollen nicht “zünden”

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Auch 1972 wollte man mit einer deutschen Auftragsproduktion punkten, doch der von Hans Blum geschriebene Song „In Versailles in dem großen Garten“ wurde überraschenderweise kein Verkaufserfolg, auch wenn DASSIN am 17.01.1973 einen schönen TV-Auftritt in der ZDF-“Drehscheibe” hatte.

Song aus Deutschland kommt in Frankreich an – aber nicht in Deutschland…

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1973 gelang Dassin etwas Ungewöhnliches – Zitat der Plattenfirma: „Das gab’s noch nie! Eine deutsche Komposition auf Platz 1 der französischen Hitparaden! Der von Chris Juwens (bürgerlich Uwe Stelzmann) geschriebene Titel hält diese Position seit nunmehr drei Wochen. ‚La Complainte De L’Heure De Ponte‘ erscheint in Deutschland als ‚In Paris ringsumher“. Die BRAVO bezeichnete den Song als “Medizin gegen trübe Laune”.

Um ganz sicher zu gehen, wurde die deutsche Version des Hits (Text: Carl Ulrich Blecher) mit den Schöneberger Sängerknaben aufgenommen – genutzt hat es nichts, in Deutschland kam der Hit nicht an. Tragische Geschichte am Rande: Komponist Juwens wurde alkoholkrank und verstarb sehr jung bereits im Jahre 1998.

Private und berufliche Probleme

In den Jahren 1973/1974 stagnierte Dassins Karriere etwas- einhergehend mit einer Ehekrise mit seiner Frau Maryse und vor allem dem tragischen Unglück, dass der gemeinsame Sohn Joschua nur fünf Tage nach seiner Geburt verstarb. Auch gesundheitliche Probleme plagten ihn seinerzeit. Seit früher Jugend hatte er Herzprobleme, die ihn dazu zwangen, kürzer zu treten. Diese Herzprobleme waren übrigens auch Ursache dafür, dass er nicht in den Militärdienst einberufen wurde.

1974 veröffentlichte Joe Dassin in Frankreich seine französische Version des Art-Garfunkel-Hits „I Shall Sing“, den im Original Miriam Makeba besang (Komposition: van Morrison). Aus seiner französischen Version, „A chacun sa chanson“ machte Textdichter Hans BradtkeKeiner singt gern allein“. Weder Dassins Version noch die parallel von Jürgen Drews erschienene Aufnahme wurde populär.

Kurios: Im April 1974 ging DASSIN auf kleine Deutschland-Tour – Stationen waren Berlin, Hamburg, Stuttgart und München – leider vergebens.

Wer aufmerkt angesichts der B-Seite „Wahre Liebe kommt ganz leise“ und an einen Udo Jürgens-Titel ähnlichen Namens erinnert wird, wird enttäuscht – es handelt sich nicht um ein Udo-Cover, sondern um Dassins deutsche Version seines Liedes „La dernière page“ (deutscher Text: Christian Heilburg).

Großer Erfolg mit “L’eté Indien”

1975 schrieb der Italiener Toto Cutugno für die Band Albatros den Song „Africa“. Kurze Zeit später nahm Joe Dassin den Song auf Französisch auf und veröffentlichte „L’eté Indien“. Auf Französisch kam der Sprechgesang in Deutschland immerhin in die Top 50.

Der Song wurde ein Welthit und wurde in 25 Ländern veröffentlicht. Richtig gut in Deutschland lief es mit der von Dieter Zimmermann produzierten und Charly Niessen getexteten deutschen Version des Liedes: Der „Septemberwind“ wurde der letzte große Hit Joe Dassins in Deutschland. 14 Wochen lang hielt sich das Lied in den hiesigen Charts.

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Im Gegensatz zum beruflichen Erfolg lief es 1975 für Dassin  nicht so erfreulich – seine Ehe mit Maryse wurde geschieden.

“Die kleine Kneipe” auf Französisch

Mit dem Song „Ca vas pas changer le monde“ konnte Joe Dassin 1976 noch einen Top-20-Erfolg in der Schweiz erreichen, auch in den Niederlanden hielt sich der Song für einige Wochen in den Hitparaden. Mit „A Toi“ gelang ihm 1977 international ein weiterer Achtungserfolg, wobei insbesondere dessen B-Seite erwähnenswert ist: Die französische Version des Peter-Alexander-Klassikers „Die kleine Kneipe“ hieß bei Joe Dassin „Le café des trois colombes“.

Am 14. Januar 1978 heiratete Joe Dassin Christine Delvaux in der Provence, kurz darauf, am 14. September des Jahres, kam sein Sohn Jonathan zur Welt.

1979 trat Dassin letztmals im „Olympia“ auf; er erlitt kurz darauf zwei Herzinfarkte, außerdem wurde kurz nach dem Auftritt ein Magengeschwür festgestellt, so dass weitere geplante Auftritte abgesagt werden mussten. Auch privat lief es Anfang der 1980er Jahre nicht gut für Joe Dassin, seine Ehe mit Christine wurde bereits nach gut zwei Jahren wieder geschieden, allerdings kam kurz darauf noch sein zweiter Sohn Julien am 22. März des Jahres zur Welt.

Früher Tod im Jahr 1980

Am 11. Juli 1980 gab Dassin eine Galavorstellung in Cannes. Im Anschluss flog er in seine Wahlheimat nach Tahiti, um sich von den Strapazen der Behandlungen wegen seiner Herzprobleme, die ihn schon seit frühester Jugend begleiteten, zu erholen. Bei einem Mittagessen am 20. August 1980 erlitt er einen weiteren Herzinfarkt, den er nicht überlebte. Er starb in Tahitis Hauptstadt Papeete.

Joe Dassin begriff sich nicht als Protestsänger oder als Interpret politischer Lieder. Für den ehrgeizigen, zielstrebigen Sänger war es wichtiger, einen guten Job mit Chansons zu machen – ein Unterfangen, was dem introvertierten „Amerikaner in Paris“ sehr gut gelungen ist. Der Wunsch, auch in den USA mit seinen Liedern erfolgreich zu werden, blieb ihm allerdings verwehrt.

Text: Stephan Imming

 

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