Udo Jürgens Schlager

UDO JÜRGENS Doku „UDO!“ heute Abend – TV-Kritik

UDO JÜRGENS: „UDO!“: Oft gehörte Anekdoten und teils tiefe Einsichten

Die einstündige Dokumentation „UDO!“, die heute im Anschluss an die Show „Udo Jürgens forever“ ausgestrahlt wird, verspricht ein Psychogramm des 2014 verstorbenen Udo Jürgens. Tatsächlich beginnt sie spannend: Man hört, wie Udo Jürgens in einem Demo den Groove des 2008 veröffentlichten Liedes „Die unerfüllten Träume“ ansingt, und hofft, etwas über seine Arbeitsweise als Komponist zu erfahren.

Doch schon bricht die Aufnahme ab und man sieht Privatfilme, die den Star am Meer zeigen. Sein langjähriger Textdichter Michael Kunze beschreibt die Qualität des Komponisten so: „Man erkennt auch bei dem einfachsten Lied einen Udo-Jürgens-Song an drei Harmonien.“ Kollege Oliver Spiecker geht sogar noch einen Schritt weiter: „Für mich ist Udo ein eigenes Genre.“

Immer wieder werden Aussagen von Jürgens aus dem Off eingespielt, die wie Tonbandaufnahmen klingen. Oftmals sind es aber nur Sequenzen aus Fernsehinterviews, zum Beispiel aus der Dokumentation „Der Mann, der Udo Jürgens ist“. Die erste dieser Einspielungen gibt den Ton der neuen Doku vor: Darin beschreibt sich Udo Jürgens als jemanden, der das Komponieren und Texten auch genutzt habe, um einen „entsetzlichen Komplex“ zu überwinden.

Unstetes, von Einsamkeit geprägtes Leben

John Jürgens beschreibt seinen Vater als „Alphatier“, seine kleine Schwester Jenny glaubt, er sei gerne nach Hause gekommen, um sich von seinem wilden, unsteten Leben zu erholen, das trotz vieler Ausflüchte von großer Einsamkeit geprägt gewesen sei. Manfred Bockelmann sieht seinen Bruder als Profi, wenn es um die Öffentlichkeit ging. Im wirklichen Leben sei er jedoch ein immer einsamer Autist gewesen.

John blättert die Chronik „Udo 70“ durch. Als er die Städte vorliest, in denen sein Vater aufgetreten ist, fragt er: „Wo warst Du?“ Es klingt wie ein Vorwurf. Er sei mit dem normalen Leben abseits der Tourneen nicht klargekommen, sagt seine erste Frau Panja, die nach langer Zeit zum ersten Mal wieder vor die Fernsehkameras tritt. Jenny beschreibt ihren Vater als „lebendig, infantil und albern“. Auch auf der Bühne sei Jürgens ein Garant für gute Laune gewesen – als Beleg dient ausgerechnet das sozialkritische „Ein ehrenwertes Haus“. Passender ist da schon Spieckers Urteil: „Er hat unser aller Leben vertont.“

Ausführliche Beschreibung der Kindheit

Ausführlich wird das behütete Aufwachsen auf Schloss Ottmanach beschrieben, das aufgrund der Kriegszeit und der Umgang mit Kindern durch Lehrer und Gesellschaft trotzdem dazu führte, dass Udo Jürgens sich selbst als „unglückliches, kränkliches Kind“ erlebte. Untermauert wird dies durch ein Zitat aus einer seiner Autobiografien, in dem er sich als Kind als „Versager“ beschreibt.

Doch die Musik veränderte sein Leben: In einer selten gezeigten Archivaufnahme erzählt Vater Rudolf Bockelmann davon, wie die erste Komposition des damals zwölfjährigen Udo entstand. Selbst die Bombengeschwader konnte er am Klavier imitieren, wie Jürgens selbst zu Lebzeiten immer wieder erzählte. Sie bereiteten ihm jahrelang Albträume.

Ab 1950 besuchte er das Musikkonservatorium in Klagenfurt. Seine Eltern hofften, dass er klassischer Musiker wird, doch Jürgens wollte immer etwas Eigenständiges machen. Dazu ermutigte ihn auch seine erste Liebe Brigitta Köhler, die in der Doku fälschlicherweise Brigitte genannt wird.

Manfred Bockelmann fotografierte viele Fotos für die Platten seines Bruders. Sehr interessant erzählt er, dass Jürgens aufgrund seiner Komplexe immer Angst vor den Fototerminen hatte. Das lag wohl auch an seinen abstehenden Ohren, die er sich früh anlegen ließ.

Teils Fehler und waghalsige Einordnungen

Waghalsig ist die Behauptung, Jürgens habe seinen ersten USA-Besuch im Jahr 1957 in „Ich war noch niemals in New York“ verarbeitet – und falsch die Behauptung, das Lied sei 20 Jahre später erschienen, da es erst 1982 auf den Markt kam. Die Eigenkomposition „Jenny“ wird als sein erster großer Erfolg bezeichnet. Doch es wird nicht deutlich, dass er zu Beginn seiner Karriere von der Plattenfirma Heliodor dazu genötigt wurde, Lieder anderer Komponisten zu singen.

So wirkt es, als habe er auch „My baby, goodbye“ komponiert, das aus dem Songfestival in Knokke eingeblendet wird. Der Off-Kommentar „Abschiedslieder werden zu seinem Markenzeichen“ trifft ebenfalls nicht ganz den Kern.

Panja erzählt, wie sie ihren späteren Mann in einem Rock’n’Roll-Club kennenlernte. Schon damals habe er bei jeder Gelegenheit mit dem Fingern auf einer Unterlage Klavier gespielt. Auch in seiner Freizeit habe ihn die Musik beherrscht. Jenny wird auf ihrem Bauernhof in Spanien gezeigt. Sie erzählt, ihre Tiere seien ihre Therapeuten … Auch sie betont, sie habe ihren Vater als Kind oft vermisst. Dazu passen Briefe von ihr mit der Zeile: „Gestern haben wir Dich im Fernsehen gesehen.“

Entdecker Hans R. Beierlein machte Udo Jürgens zum Star

Als „entscheidendes Moment“ bezeichnet Textdichter Kunze den Beginn der Zusammenarbeit mit Hans R. Beierlein, der Udo Jürgens endgültig zum Star machte. Es sei ein Kunststück gewesen, jemanden, der deutsch singt, zu etablieren, ohne eine Kopie von amerikanischen oder europäischen Erfolgssängern zu sein. Nach seinem Durchbruch beim „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ habe Udo Jürgens zunächst vor allem Trennungslieder komponiert.

Das greift deutlich zu kurz: So erschien kurz vor dem Grand-Prix-Sieg das Lied „Sag‘ mir, wie“ mit Zeilen wie „Sag‘ mir, wie, sag‘ mir, wie lebt man frei in jedem Land? Sag‘ mir wie, sag‘ mir wie, reich‘ ich meinem Feind die Hand?“, die perfekt die damalige gesellschaftspolitische Situation beschreiben. Immerhin wird „Peace now“ aus dem Jahr 1968 erwähnt.

Ausführlich sprechen sowohl Panja Jürgens als auch ihre Kinder wie schon so oft über die Untreue des Stars. Die „Trophäenjagd“ habe ihm als „Bestätigung seines Selbstbildes“ gedient, die Beziehungen mit weiblichen Fans hätten nicht auf Augenhöhe stattgefunden. Panja beklagt die „Ohnmacht des Verlassenwerdens“, ohne zu erwähnen, dass auch sie damals andere Beziehungen hatte.

Kritiker und politische Töne

Auch Kritiker kommen zu Wort, zum Beispiel in seltenen Ausschnitten aus den 1970er Jahren, in denen Udo Jürgens als „Märchentante des Kapitalismus“ beschrieben und sein Erfolg mit den Worten „auf der Unzufriedenheit und dem Unglück des Publikums aufgebaut“ erklärt wird.

„Lieb‘ Vaterland“ wird als eines der ersten politischen Lieder des Superstars bezeichnet. Als nach seiner Mammuttournee „Udo 70“ der Erfolg nachlässt, droht die Plattenfirma, seinen Vertrag nicht zu verlängern. Dem entgeht er mit dem Megahit „Griechischer Wein“, dessen Entstehungsgeschichte wie schon so oft ausführlich erzählt wird.

Immer wieder wird die sensible Seite des Künstlers beleuchtet: Oft sei ihr Mann vor Tourneen weinend aufgewacht, sodass sie einen Notarzt rufen musste, erzählt Panja. Schuld daran sei die Angst gewesen, die an ihn gestellten Erwartungen nicht erfüllen zu können.

Egoistisches Verhalten

Erst zu seinem 50. Geburtstag im Jahr 1984 hätte ihr Vater ihnen die Existenz ihrer 1966 geborenen Halbschwester Sonja gebeichtet, erzählen Jenny und John. Auch Panja habe zehn Jahre nichts von ihr gewusst. Hier sei Udo egoistisch gewesen, insbesondere Sonja gegenüber. Mit zunehmendem Alter habe er sich dann um Harmonie bemüht, insbesondere innerhalb der Familie.

Zum x-ten Mal wird die Entstehungsgeschichte von „Mein Bruder ist ein Maler“ erzählt. Manfred Bockelmann beschreibt seinen Bruder als „Autist, der in sich selbst gefangen“ war. Niemand sei richtig an ihn herangekommen, selbst er als Bruder nur für ein paar Momente.

Mit symphonischem Werk Zweifel der Eltern beseitigt

Auch die Geschichte des symphonischen Werkes „Wort“ hat man schon zu Lebzeiten oft gehört. Doch Textdichter Spiecker macht deutlicher als Udo Jürgens selbst, dass seine Eltern erst dadurch begriffen hätten, was in ihm steckte. So soll sein Vater nach der Aufnahme, zu der Jürgens seine Eltern eingeladen hatte, weinend zu seinem Sohn gesagt haben: „Du bist ja ein Künstler.“

Kurz wird die Entstehung des international weitgehend erfolglosen Albums „Leave a little love“ angerissen, das Udo Jürgens zu einer Karriere in den USA verhelfen sollte. Danach hetzen die Macher Sebastian Dehnhardt und David Kunac in den letzten fünfeinhalb Minuten von den 1980er-Jahren bis zu seinem Tod im Jahr 2014. Da ist von sich wiederholenden Mustern die Rede, seine zweite Ehefrau Corinna und seine uneheliche Tochter Gloria werden eingeblendet, aber nicht namentlich erwähnt. Kein Wort über die wichtigen sozialkritischen Lieder der 1980er Jahre oder die symphonische Dichtung „Die Krone der Schöpfung“.

Auch sein Manager Freddy Burger, der ihn von 1977 bis zu seinem Tod betreute, wird mit keinem Wort erwähnt. Selbst seine letzte Lebensgefährtin Michaela Moritz, mit der er das Buch „Der Mann mit dem Fagott“ schrieb, und sein langjähriger Bandleader Pepe Lienhard werden nicht erwähnt. Stattdessen erzählt Jenny wie schon so oft, dass ihr Vater sich „nirgendwo so gespürt hat wie auf der Bühne“. Auch Jürgens‘ Altern und die Umstände seines Todes werden nicht näher behandelt.

Fragwürdige Behauptung von Jenny Jürgens

Manfred Bockelmann erzählt weinend vom letzten Konzert seines Bruders in Zürich, das er miterlebt hat. In der Pause sei er zu ihm gegangen und habe gesagt: „So gut warst Du noch nie.“ Fragwürdig ist Jenny Jürgens‘ Behauptung, ihr Vater habe wohl von allen Familienmitgliedern den geringsten Preis für seine Karriere bezahlt: „Weil er hat ja gemacht, was er wollte.“ Am Ende hört man Udo Jürgens über eines seiner Lieblingsthemen philosophieren: die Sehnsucht. Dazu verbeugt er sich zu Beginn seiner Tournee „Es lebe das Laster“ beim Lied „Mein Gesicht“.

Ein Psychogramm der Legende Udo Jürgens liefert „UDO!“ nicht. Dazu sind die Dokumentationen „Portrait ohne Maske“ (1990), „Legenden“ (2008), „Mein Leben“ (2009) oder die fantastische VOX-Doku „Ich wünsch‘ Dir Liebe ohne Leiden – 85 Jahre Udo Jürgens“ (2019) besser geeignet. Anstelle einiger schon zu Jürgens‘ Lebzeiten oft gehörter Anekdoten überzeugen die sorgfältig ausgewählten Archivbilder und Oliver Spiecker als Interviewpartner. So erfahren die Hardcore-Fans doch noch ein paar Neuigkeiten.

Foto: © BR/Manfred Bockelmann/Montage: Manuel Steinhauser

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Eine Antwort

  1. wie bereits hier schrieb ist diese doku bedeutungslos.
    es fehlen alle wichtigen wegbegleiter wie joachim heider oder herr burger.
    ich war noch niemals…..war nie ein welthit.
    es fehlen sämtliche concert aufnahmen aus südafrika brasilien j a p a n .hier besass ich viele unveröffentlichte tourfotos aus 1973. authorisiert von gabor einem bandmitglied.

    diese doku ist weichspülmittel vom discount eigenmarke.
    sie spiegelt nicht die weltkarriere des herrn uj wieder.
    uj und seine karriere in china????? es war ein auftritt
    aber seine japan Karriere fällt flach.
    ich war bei dem wpsf 1981 in japan dabei. uj war der totale star. aufnahmen hiervon fehlanzeige.
    ich werde im jan 25. 67 jahre alt. ich bin uj fan seit 1964. damals schrieb er den welthit walk away. uj war nie ein schlagerstar. er war udo jürgens. deshalb liebte ich seine musik so.
    ich habe dies vor 40 jahren geschrieben und muss es heute noch tun.
    es tut mir so unendlich leit, dass sein weltumspannendes werk so mit füssen getreten wird. uj hat besseres verdient

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