Thomas Anders Florian Silbereisen

THOMAS ANDERS & FLORIAN SILBEREISEN: Die Schlagerprofis-Albumkritik

Vergleich mit dem Pop-Titan in dem Fall wenig schmeichelhaft

Das Album kommt in einem Einheits-Sound daher, wie man es sonst nur vom „Pop-Titan“ kennt. Die Instrumentierung, die Arrangements und selbst die Sounds erwecken den Eindruck, dass die Playbacks „in einem Rutsch“ produziert worden sind. Erhärtet wird dieser Gedanke, wenn man bedenkt, dass die CD von Thomas Anders & Florian Silbereisen schon im Januar 2020 angekündigt worden ist und die VÖ ursprünglich bereits für März 2020 geplant war – nicht gerade viel Zeit für die Produktion eines Albums.

Viel Synthetik, keine Naturinstrumente

Die Produktionen wurden „vollgestopft“ mit Synthetik – das, was „der Deutsche“ unter angesagtem „Deutsch-Pop“ versteht – aber es nicht wirklich tut. Ein großes Problem ist, dass den Stimmen sehr viel „diffuser“ Hall spendiert wurde – neben Stereo-Delays, die teils wirklich ’störend‘ in den Seiten flattern. In den Versen sind die Stimmen streckenweise zu leise, die Lautstärkenunterschiede zwischen Vers und Refrains wurden offensichtlich nicht „manuell“ berücksichtigt. „Kompressor drauf, ‚Leveler‘ und dann passt das schon.“ Aber auch die Playbacks selbst strotzen vor Hallanteilen in den Sounds. Klare Tiefenstaffelungen sucht man hier vergeblich – es ’suppt‘ sehr stark zu. Durch alle Produktionen arbeitet kontinuierlich eine und das gleiche „Drum-Kit“ aus der Konserve.

Nur ein Song hebt sich von den 17 Titeln ab – ein Cover

Eine Ausnahme gibt es bei „Rücksicht„. Hier wurde sparsamer instrumentiert und auch die Klarheit mehr erhalten. Allerdings stören die Drum-Sounds auch hier das Gesamtbild – zu sehr „90s Drum-Computer“ und völlig kraftlos ohne Akzente. DALIAH LAVI hätte vielleicht gesagt: „Wer hat mein Lied so zerstört?“. Das erinnert schon sehr an die Produktion „Giovanni Zarrella – La Valle dell’Eden“, die ähnlich synthetisch daher kommt. Und warum man sich beim Intro nicht an das Original angelehnt hat, sondern starke Anleihen an MARY ROOS‘ „Aufrecht gehen“ genommen hat – man weiß es nicht. Vielleicht sollte dieses Intro noch mal gewürdigt werden, weil es in MARYS neuer Aufnahme ihres ESC-Klassikers nicht stattfand. Übrigens – der Song „Du kannst ein Sieger sein“ ist auch ein Cover. Auf dem 2016 erschienenen Thomas Anders-Album „History“ wurde das Lied „Take the Chance“ veröffentlicht – „Du kannst ein Sieger sein“ ist dazu die deutsche Originalaufnahme.

Wenn Frauenstimmen quietschen

Bei dem Titel „Deine oder meine“ fragten wir uns dann endgültig, ob das ernst gemeint sei. Im Refrain ‚antwortet‘ ein Chor aus Frauenstimmen, wo man in die obere Oktave (Terz) noch eine Stimme gelegt hat. Diese ‚quitscht‘ extrem unangenehm im Mix hervor. Als leichte „Farbe“ im Chorsatz wäre es ja möglich gewesen, aber hier sticht die Stimme so prägnant heraus, dass wir uns fragen, ob man die alten „Modern Talking-Chöre“ simulieren wollte? Wobei: Die Nummer von TIM PETERS, WERNER PETERSBURG und ALEXANDER SCHOLZ ist eigentlich ein wirklich eingängiger mitsingbarer Schlager mit Hitpotenzial. Aber die Produktion….

Ein Album, das wie ein langer „Hitmix“ klingt

Insgesamt ist „Das Album“ ein Album voller Lustlosig- und Eintönigkeit. Jeder Track ist auf „Lead-Synths“ aufgebaut, die die typischen „Syncopen„-Figur spielen, wie man sie eigentlich gar nicht mehr hören möchte. Dazu wird vor den Refrain die obligatorische Snare in den explosionsartigen Hall verfrachtet oder das Rückwärtsbecken (Reverse-Crash) resoniert unangenehm auf die ‚Eins‘. Da ist kein Highlight, wo mal handwerkliche „Gimmicks“ zu finden sind – das bessern auch keine „angesagten“ Voice-Samples (z. B. Song ‚Rücksicht‘) auf – insbesondere, wenn sie im Mix fast verschwinden, dass der „Normalhörer“ diese gar nicht wahrnehmen wird.

Kommerzieller Erfolg ist dennoch vorprogrammiert

Trotzdem sind wir uns sicher, dass auch dieses Album reißenden Absatz finden wird. Das liegt auch sicher an der Zielgruppe, die einfach nur „unterhalten“ werden will. Musikalisch und handwerklich ist es bei uns (leider) durchgefallen: „Massenware aus der Produktionsstraße“. THOMAS ANDERS ist zweifellos ein großartiger Sänger von Weltruhm. Dass er qualitative Aspekte dem kommerziellen Erfolg untergeordnet hat, ist vielleicht nicht das erste Mal in seiner Karriere – dennoch ist denkbar, dass er mit dieser Produktion dem einen oder anderen Fan vor den Kopf stößt. Und dass FLORIAN SILBEREISEN diesen „Schnellschuss“ mitträgt, ist wohl nur dadurch zu erklären, wenn man einen Blick auf die Plattenfirma wirft, die vielleicht Einfluss genommen hat.

Besonders schade ist es hierbei um den Titel „Wie ein großes Feuerwerk“ (der glatt ein Helene Fischer-Song sein könnte), denn dieser hat absolutes Hit-Potential! Allerdings gehen wir davon aus, dass sich der Song auch so durchsetzen wird – unabhängig von technischen (Grob-)Feinheiten.

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7 Antworten

  1. Kritik „Das Album“

    Danke für eure ehrliche Meinung zu obigem Album, die ich voll unterstreichen kann. Ich erwarte von einem Album: Abwechslungsreiche Songs, sehr gute aussagekräftige Texte, dazu passende Musik und ganz besonderes eine/n sehr guten Interpreten, der fühlt was er singt. Solche Künstler/innen gibt es, wenn auch nur wenige.

    „Das Album“ vereint das nicht (schade um die schöne Stimme von Thomas Anders) ist aber gut für Party zu machen.

  2. Herzlichen Dank den Schlagerprofis für diese eindeutige Kritik zum neuen Album von TA und FS. Merkt eigentlich keiner das durch solche Veröffentlichungen der deutsche Schlager gegen die Wand gefahren wird. Warum sagt man den Produzenten nicht einmal mitten ins Gesicht: „Ihr habt hier eine richtige Scheiße gebaut!“

    Martin

    1. Sehr schöne Rezension! Vielen Dank dafür.
      Das Album ist kompositorisch und handwerklich wirklich unterer Durchschnitt. Die Melodien und Arrangements plätschern und pumpen so einfallslos vor sich hin, insbesondere wenn man die Songs hintereinander hört. Wieso muss alles so klingen wie die erste gemeinsame Single? Hatte Eloy keine Lust mehr manche der Songs zu interpretieren? Aber Dank der medialen Unterstützung und der anspruchslosen Hörerschaft ist es vermutlich Erfolg genug. Schade für die einzigartig schöne Stimme von Thomas – und zusätzlich Schade für die Entwicklung des deutschen Schlagers.

  3. I don`t understand why you say such nosense, in your opinion , it`s an album full of callousness and monotony. So listen to the song She did it again or She said she loves me or 100.000 Miracles and more as you can see , but the fans are of different opinion because Thomas`s album won three chart. I would like to see how you would sing it ? I think everyone would run away

  4. @Eva:

    To enter the charts is not a proof of quality – it´s a proof that the audience is obviously deaf!

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