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JACQUELINE BOYER: Sie landete den ersten großen ESC-Siegertitel
Den Grand Prix Eurovision de la Chanson – heute ESC – gibt es seit 1956. In den ersten Jahren seiner Existenz war der Wettbewerb noch nicht sonderlich bekannt – daran zu erkennen, dass sich Jahre später niemand mehr an genaue Infos zum ersten Grand Prix erinnern kann – bekannt ist gerade einmal, dass LYS ASSIA den Wettbewerb mit “Refrain” gewonnen hatte. Der erste echte ESC-Hit war aber nach unserer Kenntnis “Tom Pilibi” von JACQUELINE BOYER, die für Frankreich den Titel holte. Unglaublich, was vor 61 Jahren sonst noch für Stars im Wettbewerb vertreten waren:
- RUDI CARRELL (“Wat een Geluk”) für die Niederlande
- CAMILLO FELGEN (“So laang we’s du do bast”) für Luxemburg
- SIW MALMKVIST (“Alla andra får varann”).
Den österreichischen Beitrag schrieb niemand geringerer als der große ROBERT STOLZ, ein Komponist von Weltruhm. Weniger bekannt ist wohl der deutsche Beitrag “Bonne nuit, ma cherie”, den WYN HOOP damals gesungen hat. Das Lied, das alles überstrahlt hat und der wohl erste große Hit der Eurovisions-Geschichte wurde, hieß aber: “Tom Pilibi” – gesungen von einer damals gerade mal 18 Jahre alten Schönheit namens JACQUELINE BOYER. Auch wenn DOMENICO MODUGNO mit “Volare” und “Ciao Ciao Bambina” große Hits landen konnte, ist “Tom Pilibi” der erste Siegertitel, der richtig “eingeschlagen” ist und auch wegweisend für spätere stars wie FRANCE GALL (1965) und SANDIE SHAW (1967) wurde.
Der Siegertitel passte zum damaligen Zeitgeist – heute völlig unvorstellbar und doch vielleicht die Emanzipation etwas vorantreibend. Heute unvorstellbar: TOM PILIBI war jemand, der Königstöchter verführen konnte – also ist es für die kleine Schäferin toll, wenn sie ihne verfürhen kann, auch wenn der Mann sie nicht alleine betört. Andrerseits war die Interpretin emanzipiert genug, den “Schlingel” in Tom Pilibi zu erkennen und selbstbewusst selbst zu bestimmen, ob sie sich auf des “Spiel” einlässt.
Musikalische Familie
Die Siegerin 1960 wuchs in einer mehr als musikalischen Familie auf. Wenn andere in ihren Lebensläufen den Onkel, den Opa oder sonst wen bemühen müssen, ist es bei JACQUELINE anders: Ihre Mutter war die ebenfalls sehr populäre Sängerin LUCIENNE BOYER, die ihrerseits mit “Parlez-moi d’amour” schon 1930 einen großen Erfolg hatte. Ihr Vater war JACQUES PILLS, der 1959 beim Grand Prix Eurovision für Monaco antrat und – anders als seine Tochter – Letzter wurde. Später trennte sich JACQUELINES Vater von ihrer Mutter und heiratete niemand geringeren als EDITH PIAF. Mehr Musikalität in einer Familie geht wohl nicht.
Wobei auch ihr erster Mann, den sie mit 18 Jahren geheiratet hatte, FRANCOIS LUBIANA, ebenfalls ein Sänger war – leider hielt das Glück dann aber nicht ewig, allerdings gibt es eine gemeinsame Tochter namens GIORGIA. Als sie 1966 einen schweren Autounfall hatte, saß er am Steuer, danach machte JACQUELINE eine künstlerische Pause, um das zu verarbeiten. Sowohl mit FRANCOIS wie auch mit ihrer Mutter LUCIENNE wie übrigens auch mit Größen wie PETER WECK sang JACQUELINE BOYER Duette ein.
Großer Hit “Mitsou” in Deutschland
Ihren in Deutschland wohl größten Erfolg landete JACQUELINE BOYER mit einem Schlager, der – zumindest der Legende nach – von CHRISTIAN BRUHN eigentlich für CONNY FROBOESS vorgesehen war, die aber dankend abgelehnt hatte. JACQUELINE hingegen sang das Lied – fertig war der Riesenhit “Mitsou” mit japanischen Elementen – zwar klischeehaft, aber schön.
Bei der ersten ZDF-Hitparade mit dabei
Am 18. Januar 1969 wurde deutsche Schlagergeschichte geschrieben. Mit dabei: JACQUELINE BOYER, die damit zu den noch lebenden Zeitzeugen dieses legendären Events gehört – sich aber eines Interviews zufolge leider nicht mehr wirklich daran erinnern kann. “Mein Herz sagt oui” hieß der damalige Schlager. Auch in der dritten ZDF-Hitparade war JACQUELINE BOYER dabei – mit dem Song “Mucho Amore” – danach dann leider nicht mehr.
Karriereende bei ANDY BORG
Immer mal wieder tauchte JACQUELINE BOYER auch bei ihren treuen Fans in Deutschland auf. Insbesondere die treue ESC-Community ließ sie immer wieder hochleben. Doch nun, mit über 80 Jahren, geht die Sängerin in (vorläufigen) Ruhestand. Sehr schön finden wir, dass ANDY BORG ihr dafür ein großes Forum bietet – am 26.12. verabschiedet sich JACQUELINE bei ANDY BORG endgültig von der Bühne. Wir wünschen der charismatischen ehemaligen ESC-Siegerin alles Gute und würden uns freuen, wenn zu dem Anlass noch mal ein schöner Sampler veröffentlicht wird – zuletzt hat sich Bear Family Records 1997 der beliebten Künstlerin angenommen.