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Rainhard Fendrich – Starkregen
Gestern veröffentlichte der Wiener Liedermacher Rainhard Fendrich mit Starkregen sein achtzehntes Studioalbum.
Schon die Tonart des Openers Burn Out, D-Dur, verspricht einen fröhlichen Einstieg in das Album. Das Lied handelt von dem gleichnamigen Krankheitsbild, an dem in der heutigen Zeit viele Menschen leiden. Es lädt dazu ein, innezuhalten, sich Zeit für sich selbst zu nehmen und die Arbeit einfach mal Arbeit sein zu lassen. Ein wichtiges Thema, das musikalisch und textlich schön umgesetzt wurde, auch wenn die musikalisch allzu fröhliche Refrainzeile („Burn out“) mit den gedehnten Vokalen angesichts des ernsten Themas etwas befremdet.
Das mit 2:34 Minuten recht kurz gehaltene Heiße Luft wendet sich klar gegen Populismus, die Verlogenheit der Politik und rechte Hetze gegen Flüchtlinge. Meinungsstark, wie man es von Fendrich gewohnt ist.
Mein Leben wirkt zunächst wie eine Rückschau auf Fendrichs eigenes Leben, ist jedoch eine Liebeserklärung an die Partnerin, in der sich der Ich-Erzähler für die gemeinsame, hoffentlich noch lange andauernde Zeit bedankt.
Social Media Zombie beschreibt auf humorvolle Weise einen Menschen, der seinem Smartphone und den sozialen Medien verfallen ist und sich von der realen Welt abkapselt und schlussendlich vom Auto überfahren wird, da er von seinem Handy abgelenkt war.
Rock‘n‘Roll Band ist eine autobiografische Hommage an die „gute, alte Zeit“. Der Erzähler erinnert sich an seine Zeit in einer Band, als sie so laut spielten, bis der Hausmeister den Strom abdrehte. Sicher ein Lied für Menschen der Generation 50 plus, also für Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Mit der Zeit ist eine schöne, akustische und musikalisch einfach gehaltene Ballade und eines der Highlights des Albums. Darin macht Fendrich sich Gedanken über die Zeit, die ein guter Freund sein kann, aber auch ein Feind, wenn man sich den eigenen Fehlern nicht stellt. Die Zeit hilft dabei, das eigene Leben und Handeln zu reflektieren. Auch in diesem Lied prangert der engagierte Musiker rechtes Gedankengut an, indem er andeutet, wie fahrlässig es ist, nicht aus der Nazizeit zu lernen.
Hinterm Tellerrand wird in den Strophen von einem Ostinato bestimmt, das den Text in den Vordergrund stellt. Darin prangert Reinhard Fendrich oberflächliches, provinzielles Denken von Menschen an, die sich nur zurücklehnen und sich außer dem Wetter und dem neuesten Skandal für nichts interessieren. Diese Menschen spricht er explizit in der Du-Form an. Im Refrain fordert der Musiker dazu auf, über den Tellerrand zu blicken und die Augen für die gesellschaftlichen Probleme dieser Zeit zu öffnen. Auch hier wendet sich Fendrich klar gegen rechtes Gedankengut.
Nur die Liebe handelt davon, dass man sich vieles kaufen kann, aber nicht die Liebe. Diese kurze Zusammenfassung mutet wahrscheinlich kitschig an, jedoch beschreibt der Sänger auf poetische Weise die Zerbrechlichkeit der Liebe. Die Wirkung des Textes wird durch das zurückgenommene, akustisch gehaltene Arrangement musikalisch verstärkt.
In Sag ma net, es gibt kan Teufel hadert Fendrich, der sich in Interviews immer wieder zu seiner Religiosität bekannt hat, mit dem Glauben. Er weist auf Ungerechtigkeiten im Kleinen und Großen hin und lässt keinen Zweifel daran, dass der Teufel viele Gesichter hat. Musikalisch spannend ist der Taktwechsel im Refrain.
Die Welt ist groß plädiert auf poetische Weise dafür, die Erde zu bewahren und zu beschützen. Fendrich beschreibt den Menschen als Zerstörer der Erde und bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, dass sich die Erde wieder regeneriert.
In I steh gern im Stau verarbeitet auf humorvolle Weise Beobachtungen, die der Erzähler im Stau macht. Ein radiotaugliches Lied zum Entspannen.
Der Rest von Dein‘ Gewissen wendet sich in direkter Ansprache gegen reiche, gewissenlose, arrogante Menschen. Der Rest vom Gewissen dieser Menschen wendet sich direkt an sein Gegenüber und versucht, ihn zum Umdenken zu bewegen.
Die Ballade Abendrot, in der Fendrich nur vom Klavier begleitet wird, setzt den melancholischen Schlusspunkt des Albums und handelt von einem alten Mann, der seine demente Ehefrau aufopferungsvoll pflegt. Der Song beschreibt auf anrührende Weise eine glückliche Ehe, die nun von der Alzheimererkrankung der Frau getrübt wird.
Das Lied bildet den berührenden Abschluss eines großartigen Albums. Fendrich zeigt sich meinungsstark, bezieht klar Haltung gegen rechte Hetze und appelliert dafür, um Hier und Jetzt zu leben. Ein wichtiges, großes Album des österreichischen Liedermachers!
Georg Fuchs