JAMES LAST: Exklusives Schlagerprofis-Interview mit seinem Sohn RON LAST anlässlich 20-CD-Set “Non Stop Dancing”

JAMES LAST: Mit “Non Stop Dancing” schrieb er Musikgeschichte

Als JAMES LAST Mitte der 1960er Jahre erstmals auf seine Art und Weise Pop-, Rock und Schlagertitel mit ganz speziellem Sound und Hintergrundgeräuschen im Partystil aufbereitete, hat wohl kaum jemand geahnt, was für eine unglaubliche Erfolgsgeschichte das Konzept “Non Stop Dancing” werden würde, das über Jahrzehnte hinweg überaus beliebt war und bis heute ist. Erstmals überhaupt erscheinen alle 34 Alben der Serie auf 20 CDs in einer opulenten und limitierten Fan Box, die ihren Preis absolut Wert ist. 

Aus diesem Anlass durften wir ein interessantes Gespräch mit RON führen, dem Sohn von JAMES LAST, der schon in jungen Jahren eng mit seinem Vater zusammen gearbeitet hatte und daher exzellent über das Lebenswerk und Anekdoten seines Vaters Bescheid weiß. 

Bild von Schlagerprofis.de

Interview mit RON LAST

Das Konzept „Non Stop Dancing“ entstand zu Karrierebeginn von JAMES LAST. Sein Vater, also Dein Großvater, soll da nicht unbeteiligt gewesen sein an der Idee, Hintergrundgeräusche und Klatschgeräusche zur Auflockerung der Unterhaltungsmusik einfließen zu lassen?

Ich kenne die Story anders. Mein Großvater hat an vielem Schuld, was Musik und Lebensfreude angeht. Er hat mit seiner Frau dafür gesorgt, dass die Kinder im wirtschaftlich schwierigen Nachkriegsdeutschland musikalisch trotzdem ausgebildet worden sind. Ich kenne die Geschichte so, dass mein Vater damals einen Partykeller hatte und feststellte, dass es eine steife Atmosphäre war. Da kam ihm die Idee, instrumentale Musik zur Auflockerung zu produzieren, um die Menschen früher zum Tanzen zu bewegen. Je größer die Hintergrundgeräusche waren, desto einfacher war es, die Tanzfläche zu füllen.

Diese typischen Hintergrundgeräusche – da warst du selbst als Kind beim Klatschen und „Mitmachen“ dabei?

In den ersten Anfängen zwar nicht – aber eigentlich war es ja tatsächlich so, dass JAMES LAST ja drei Familien gepflegt hatte: Unsere Familie, die Fanfamilie und die Musikerfamilie. Die Grenzen haben sich da vermischt. Irgendwann haben wir Kinder dann „mit musiziert“. Da gibt es sogar Beweisfotos, so dass Leugnen zwecklos ist (lacht).

Ab den 1990er Jahren fungiertest du auch als Toningenieur…?

Ja, da gab es allerdings teilweise Überschneidungen. Ich habe schon mit 14 Jahren angefangen, mit meinem Vater zusammenzuarbeiten – in diversen Funktionen. Das ging bei der Titelauswahl zu Hause los – bis hin zu gemeinschaftlichen Produktionen.

Stimmt es, dass JAMES der Erste war, der BEATLES-Songs instrumental umgesetzt hat?

Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Was ich ihm hoch anrechne, ist, dass er nicht auf die textliche Basis bestanden hat, sondern eigentlich immer nur die Zeilen / Refrains in den Vordergrund gestellt hat. Er hat die Lieder nie länger als 1:30 Minuten angespielt – der Rest war ja „la la la“. Man darf da auch nicht vergessen: Wir sind ja mit der englischen Sprache groß geworden, das war vor 50 bis 60 Jahren ja noch ganz anders, so dass für viele Menschen englische Texte noch nicht so geläufig waren. Das war für mich eine Stärke des Konzepts: Man sang „la la la“ mit und vielleicht noch die eine oder andere Zeile – das war ein weiteres Erfolgsrezept des damaligen Konzepts.

Dein Vater war ja sehr produktiv in den 1960er Jahren – das waren ja mehrere Alben im Jahr – später wurde das weniger. Gibt es über diese Produktivität Berichte, wie er das geschafft hat?

Das ging sogar bis in die 1980er Jahre. Er hat damals einen Vertrag unterschrieben, zwölf eigene(!) Alben pro Jahr zu produzieren. Zwölf Alben in einem Jahr – das ist ein Aufwand, den kann man sich kaum vorstellen. Unfassbar, was er damals geleistet hat. Wobei man sagen muss – die Produktionszeit war früher kürzer, weil man ja quasi ein „Live to disc“-Album gemacht hat. Wir haben die ganze Entwicklung von Zweispur- über Vierspur- über Achtspur bis hin zu 96 Spuren mitgemacht – Letzteres haben wir für eine Produktion des US-TV-Senders PBS eingesetzt, bei der wir ins Schwitzen kamen, weil die ganze technikaffine Firmenspitze des Senders bei der Produktion dabei war.

A propos Live To Disk: Livemusik ist heute ja kaum noch möglich – was sagst du dazu?

Man muss dazu sagen: Heute ist das alles ganz anders – Stimmen werden im Studio mit Effekten beladen, was ja eine andere Art der Produktion ist. Früher waren ja auch mal 30 Leute im Studio, da musste man auch darauf achten, dass die Arrangements so gehalten sind, dass sie alle fehlerfrei sofort spielen können.

Der Großvater war Musiker, der Vater war Musiker – das musikalische Talent wurde an dich auch weitergegeben – oder…?

Das müssen andere Leute beurteilen. Ich denke, dass ich sehr gut hören kann und mit Musik sehr gut klar komme – von daher ja. Es macht mir Spaß, Musik zu machen. Ich habe mit meinem Vater ja musikalisch so alles durchlebt, was man durchleben kann – vom Komponieren und Arrangieren bis zur Livepräsentation war da ja alles dabei.

Da gibt es eine schöne Anekdote. Als ich so ca. 20 Jahre alt war, bat mich mein Vater, mal mit auf Tour zu gehen. Ich habe erst gezögert, weil ich das eigentlich nicht wollte – aber er hat mich dann überredet, als Keyboarder dabei zu sein. Sein Totschlagargument war damals(!), dass er meinte, es könnte ja seine letzte Tour sein. Bei mir war das so – es war MEINE letzte Tour.

Wenn du dich mit dem irren Werk deines Vaters beschäftigst – ist das nicht spannend, aber auch zeitintensiv?

Es ist auf jeden Fall interessant, sich damit zu beschäftigen. Wichtig ist dabei aber: Ideen allein reichen nicht aus. Ganz wichtig ist es, unterstützt zu werden. Das Lebenswerk war ja über viele Jahre hinweg sehr erfolgreich. Dann ist es schwierig, das alles unter einen Hut zu bekommen. Es gibt immer mal wieder Remix-Ideen oder die Kompositionen zu verwerten. Es wird auch noch die Umsetzung anderer Ideen geben, die aktuell in der Planung sind und die sehr geil sind.

Du sagtest ja gerade, dein Vater hat mehrere Familien – u. a. die Fanfamilie – unter einen Hut gebracht. Ich war selber mal dabei und kann bestätigen, dass HANSIs Einstellung zu seinen Fans mehr als vorbildlich und einzigartig war. Nun gibt es auch durchaus jüngere Leute, die immer mal wieder fragen, ob medial nicht mal was Größeres zu JAMES LAST stattfindet. Es gab mal eine UDO-JÜRGENS-Gala, eine Hitparaden-Gala – aber von JAMES gibt es da noch nichts? Wäre es nicht schön, wenn man JAMES diesbezüglich mal ehren könnte?

Wir sind aktuell in Verhandlungen und sind gespannt, ob das funktionieren wird. WENN es klappt, woran wir gerade arbeiten, wird das eine sensationelle Angelegenheit. Wobei die 34 Alben „Non Stop Dancing“ für mich auch ein Meilenstein sind. Das ist eine würdige Aufarbeitung des diesbezüglichen Lebenswerks, wie ich finde, das ist eine Verwaltung des historischen Erbes.

Aktuell sind wir in Kooperation mit der Uni Freiburg, die am Notenmaterial forschen – auch eine spannende Sache. Dort gibt es einen interessierten Forscher zu diesem Thema. Mir ist wichtig, sowohl künstlerisch als auch menschlich sein Erbe zu erhalten.

 „James Last“ hat mit „Non Stop Dancing” angefangen. Aber er war die „Overnight-Sensation“, die jahrelang am Erfolg gearbeitet hatte. Hans Last hatte schon viele Jahre davor erfolgreich bei Radio Bremen, dem NDR und für viele verschieden Schallplattenstars als Arrangeur und Bassist gearbeitet. Er war die „Overnight-Sensation“, die jahrelang am Erfolg gearbeitet hatte. Viele Dinge, die er später durchgezogen hat, sind weit davor geprägt worden.

Beispielsweise sind die Stars früher im Auto gefahren und die Band im Bus hinterher. Für ihn galt, dass er immer im Bus saß, obwohl er immer ein gesponsertes Auto dabei hatte, das er dann seinem Schneider, CHARLY CISEK, zur Vorbereitung der Bühnengarderobe zur Verfügung gestellt hatte, damit der vor allen anderen am Ort sein musste. Wobei der das Zusammensein mit den Jungs vielleicht auch vermisst hat.

Kannst du dir vorstellen, mit den Musikern, die noch aktiv sind, eine Art Tribute-Konzert zu veranstalten? Es war ja schade, dass die beiden geplanten Tourneen von der Familie und von SEMMEL, nicht stattgefunden haben – ist es möglich, dass so etwas in der Art doch noch zustande kommt – z. B. ein einzelnes Konzert?

Ich sage es mal so: Abschlüsse, „Auf Wiedersehen“ sagen – das war nie sein Thema. Wenn sich aber was ergibt, kann ich mir vorstellen, eine Art Restart zu machen. Das würde ihm glaube ich besser gefallen als eine „letzte Tour“ zu machen. Die Marktsituation ist anders als früher. Als HANSI seine LPs verkauft hat, musste man 250.000 Platten für GOLD in Deutschland verkaufen – das ist ja heute ganz anders. Es gibt zwar noch einen Musikmarkt, der aber ganz anders aufgeteilt ist.

Kostenintensive Projekte mit vielen Musikern sind nur schwer zu finanzieren. Ich kann verstehen, wenn viele Menschen daran interessiert sind. Es ist aber schwer realisierbar, die Bezahlung zu sichern.

Wo sind die unzähligen Auszeichnungen deines Vaters geblieben? Werden die vielleicht mal ausgestellt – wäre vielleicht sogar ein JAMES-LAST-Museum denkbar?

Ich bin selbst bei der Stadt Hamburg gewesen und habe argumentiert. Es ist nun einmal so wie es ist. Ich habe da heute Vormittag noch mit meiner Frau drüber gesprochen. Es gibt in Hamburg ja eine vergleichbare Karriere, die künstlerisch ähnlich verlaufen ist – denn auch BERT „FIPS“ KAEMPFERT lebte ja in Hamburg. Ich glaube, problematisch für Hamburg ist, dass HANSI nach Florida gegangen ist. Andrerseits war „FIPS“ ja auch vor meinem Vater in Miami. Man steckt nicht drin – das ist ein politischer Prozess – solche Entscheidungen scheinen wohl über Jahre zu laufen.

Es gab einige Trophäen, die meinem Vater viel bedeutet haben, z. B. Ehren-Schleusenwärter oder das Bundesverdienstkreuz. Die Dinge, die mit kommerziellem Erfolg zusammenhingen, die haben ihm nicht wirklich etwas bedeutet, zumal die Plattenfirma auf Dauer nur noch vergoldete Vinylplatten, teilweise nur einseitig, zur Außendarstellung hergestellt hatte. Wo die ganzen Goldenen Schallplatten sind, frage ich mich selber. Vielleicht 10 Prozent könnte ich noch auftreiben.

Man darf nicht vergessen, dass JAMES seine Show oftmals mit „Fanfare Of the Common Men“ begonnen hat – da hat er sich auch durchaus gesehen. Er ist nie abgehoben, sondern sich immer treu und bodenständig geblieben. Er fühlte sich in der Mitte seiner Fans wohl. Das Besondere an ihm war, dass er sich nicht als etwas Besonderes gesehen hat. Ich finde das nach wie vor eine großartige Qualität, die er gehabt hat.

Nach unseren Informationen wurden viele James-Konzerte mitgeschnitten. Gibt es eine Möglichkeit, die letzte Tour noch digital zu veröffentlichen? Oder gibt es Gründe dafür, das nicht zu tun?

Man muss es so sagen: Am Ende hat er ja nicht mehr im Studio produzieren können. Er hat die Live-Arrangements wirklich im Programm zu mehr als 50 Prozent neu gemacht, also bis dahin unveröffentlicht. Das würden wir sehr gerne veröffentlichen – da gibt es aber leider einige rechtliche Dinge, die schwierig zu klären sind, um es vorsichtig auszudrücken. Nach wie vor sind die Aufnahmen durchaus veröffentlichungsreif. Ich würde – wenn – dann nur Titel veröffentlichen wollen, die bislang noch nicht auf dem Markt waren. Dazu ist noch einiges zu klären. Viele Rechte sind zu berücksichtigen. Denkbar ist vielleicht auch ein Crowdfunding-Projekt. Wenn, muss es gut und geschmackvoll sein.

So blöd es ist: Man muss akzeptieren, dass letztlich die Wirtschaftlichkeit gegeben sein muss – auch wenn emotionale Wünsche sehr nachvollziehbar sind. Für ein TV-Projekt habe ich kürzlich eine echte Rarität „ausgegraben“. Vielleicht werden die Fans Freude daran haben.

Dein Vater war in der Musikbranche ja sehr aktiv. Wenn dein Papa heute unter uns wäre, welches Arrangement würde er heute machen – also welchen Song würde er heute nach deiner Meinung in seinem Stil spielen wollen? Gäbe es da einen Künstler?

Ich glaube, da gäbe es ganz viele Sachen. Ich höre recht oft Titel, wo ich denke: Das wäre für einen Chor gut, das wäre für Streicher gut. Ich war kürzlich bei einem klassischen Konzert in Hamburg. Da gab es eine Zugabe für vier Celli und eine Sologeige. An sowas hätte er bestimmt auch Freude gehabt. MILEY CYRUS – deren neue Single hätte ihm bestimmt gefallen. RIHANNA beim Superbowl – auch dafür wäre er bestimmt offen gewesen.

Wir sind damals mit ROY BLACK gestartet und schließlich bei XAVIER NAIDOO gelandet, der ja ganz anders gesungen hatte mit Phrasierungen, die ROY so gar nicht hätte singen können. Die Musik hat sich weiter entwickelt.

Spezial-Frage zum Ende: Wir haben lange gesucht, die volle ZDF-Hitparadenmelodie der ersten Sendung zu finden (mit dem “Harlekin”-Intro). Gibt es die Aufnahme wohl noch?

Also ich habe davon keine Kopie – die wäre – wenn – wohl im Universal-Bandlager in London oder beim ZDF zu finden. Ich kann da jedenfalls leider nicht weiterhelfen, auch wenn ich sonst einige Schmankerl habe.

Vielen Dank für die interessanten Einblicke in die Karriere von JAMES LAST! Wir drücken die Daumen, dass das bemerkenswerte 20-CD-Set ein voller Erfolg wird!

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