Heinz Rudolf Kunze Schlager

HEINZ RUDOLF KUNZE: Mitreißender Bigband-Sound auf seinem neuen Album „Lauschangriff“

HEINZ RUDOLF KUNZE: Schlagerprofis-Album-Rezension

Wenn es nach Heinz Rudolf Kunze ginge, würde er viel mehr Studioalben mit neuen Songs produzieren, wie er im Interview mit uns bekannte. Doch da seine Hits immer noch bei einem großen Publikum ankommen, hat er sie jetzt auf seinem Freitag erschienenen Album „Lauschangriff“ mit der Big Band der Bundeswehr neu aufgenommen.

Dies ist Klaus“ erzählt vieldeutig von einem Mann ohne „besondere Kennzeichen“. Im Original von 1985 eher synthetisch und E-Gitarren-lastig gehalten, wurde das Arrangement auf die Bigband übertragen. Nun stehen die Bläser im Fokus, die immer wieder fetzige Einwürfe liefern. Das Schlagzeug treibt, die E-Gitarren- und Hammondorgelsoli werden vom Saxophon übernommen. Das Lied endet mit einem furiosen Schlussakkord.

Meine eigenen Wege“ ist ein Appell, zu sich selbst und seinen Werten zu stehen. Auch hier werden Teile des von Banjo, Orgel, Klavier, Mundharmonika und Bouzouki-Klängen geprägte Originalarrangements von 1986 übernommen, und das Lied wird dank Bläsern und Schlagzeug zu einem Highlight des Albums, das Mut macht, durch den Tag zu gehen.

Leg nicht auf“ macht einem Menschen Mut, der gerade in einer Krise steckt. Das lyrische ich bietet sich am Telefon als Zuhörer und Tröster an. Dem dreißig Jahre alten Originalarrangement werden dezent eingesetzte Bläser und Gitarren hinzugefügt, die die Hammondorgel weitgehend ersetzen, abgerundet wird das Lied mit einem E-Gitarrensolo.

Die ganz normalen Menschen“ ist eine Hymne an diejenigen, die das alltägliche Leben am Laufen halten. Gitarren- und Keyboardklänge aus der Studioaufnahme von 2018 werden durch ein treibendes Schlagzeug und ein einfühlsames E-Gitarrensolo ersetzt. Natürlich dürfen Bläser nicht fehlen, die sich jedoch im Hintergrund halten.

Mit Leib und Seele“ weicht stark von seiner Erstfassung ab: Im Original von 1986 von Keyboardklängen und im Refrain gedoppelter Stimme von Kunze geprägt, stehen nun ein sehnsüchtiges Saxophon und gedämpfte Bläser im Vordergrund. Eingeleitet wird das Lied von einem etwas zu lang geratenen Schlagzeugsolo. Es ist außerdem das erste Lied des Albums, das nicht in der Originaltonart gespielt wird, sondern eine kleine Terz tiefer.

Das 25 Jahre alte „Aller Herren Länder“ spielte Kunze auch bei seinem Solokonzert in Landshut (die Kritik dazu veröffentlichen wir morgen). Auf „Lauschangriff“ ist es in seiner Vielschichtigkeit kaum wiederzuerkennen: Ursprünglich gitarrenlastig und von sanften Streichern begleitet, prägen nun Bläser das Klangbild, die in der Einleitung bisweilen fast schon atonal spielen. Die Streicher werden von Flöten ersetzt. Umso größer der Kontrast, als Kunze zu singen beginnt und zunächst nur von einer Akustikgitarre, später von sanften Bläsern und einem Glockenspiel begleitet wird.

Zur zweiten Strophe kommen Klavier und Schlagzeug hinzu, zum Refrain gibt es einen Break, der zur ruhigen Stimmung zurückkehrt. Gegen Ende entfalten die Bläser ihre Kraft, konterkariert vom sanften Klavier. Am Schluss steht wieder ein einzelnes Blasinstrument im Vordergrund.

Lola“ wird in diesem Jahr in der Version von Kunze 40 Jahre alt und gehört wohl zu den bekanntesten Songs des Liedermachers. In der Urfassung dominieren synthetische Klänge und E-Gitarre. Die Keyboardsounds wurden in der Bigband-Version teilweise übernommen, jedoch durch fulminante Bläser und ein echtes Schlagzeug angereichert, was dem Song einen wunderbaren Groove verleiht – nur der alles wegfegende Schlussakkord, den man erwartet, fehlt.

Finden Sie Mabel“ war 1986 ebenfalls ein großer Kunze-Hit. Auch dieser Song ursprünglich im typischen Achtzigersound gehalten, kommt er nun als Bossa-Nova daher und ist insbesondere dank der von Bläsern bestimmten Instrumentalparts ein weiteres Highlight.

Die Dunkelheit hat nicht das letzte Wort“ ist mit vier Jahren das jüngste Lied des Albums. Ursprünglich von Klavier, Keyboard und Schlagwerk geprägt, stehen hier gedämpfte Bläser, Akustikgitarre und Klavier im Vordergrund. Im Vergleich zum wuchtigen „Finden Sie Mabel“ fällt dieses Lied ein wenig ab, es ist wohl „die ruhige Nummer zwischendurch“.

Natürlich darf Kunzes größter Hit „Dein ist mein ganzes Herz“ nicht fehlen, der nächstes Jahr 40 wird. Im Original eine Uptempo-Nummer im 80er-Jahre-Sound, verwandelt die Big Band der Bundeswehr es in eine Ballade, bei der Klavier, ein sanft eingesetztes Schlagzeug und dezente Bläser im Vordergrund stehen. Erst gegen Ende entfaltet der Song (endlich) seine ganze Kraft.

War „Wenn Du nicht wiederkommst“ schon im Original ein grooviger Popsong, entfaltet das Lied 33 Jahre später seine ganze Wirkung. Lag der Fokus damals auf dem Saxophon, geben nur alle Bläser richtig Druck. Ein Song, der unglaublich nach vorne geht.

Mit „Die Zeit ist reif“, einer von Klavier und sanftem Schlagzeug geprägten Ballade, das Hoffnung auf eine bessere Zukunft vermittelt, endet Kunzes Album mit der Big Band der Bundeswehr. Interessanterweise wurde die 2020 erschienene Erstfassung sogar einen Ganzton tiefer aufgenommen. Mit der Neuaufnahme wurde ein sanfter Ausklang aus diesem meist druckvollen Album geschaffen.

„Lauschangriff“ ist ein echtes Meisterwerk. Fast immer ist es den Arrangeuren gelungen, die Stärken der Originalaufnahmen hervorzuheben und weiterzuentwickeln. Auf die radiotaugliche Liedlänge von 3:30 Minuten wird keine Rücksicht genommen. Jeder Song bekommt die Chance, sich zu entfalten. So druckvoll die Big Band der Bundeswehr auch spielen kann, wenn es dem Text dienlich ist, nimmt sie sich zurück und lässt jedes Lied richtig wirken.

Bemerkenswert ist, wie gut Kunzes immer noch jung klingende Stimme zu diesem für ihn neuen Sound passt. Er muss nicht gegen die Band ansingen, sondern fügt sich wunderbar ein und interpretiert sensibel jeden einzelnen Text. Bis auf zwei Ausnahmen singt der 67-Jährige alle Lieder in der Originaltonart, und das mit der gleichen Frische wie zur Entstehungszeit der Lieder. Mit nur 57 Minuten wurde die Maximalspielzeit der CD bei Weitem nicht ausgeschöpft. Aber dazu gibt es ja live die Gelegenheit.

Maximilian Lemli

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