Jazz und Schlager – passt das zusammen? Die Antwort lautet klar: JA! Schon in den 1960er Jahren hat Hazy Osterwald das bewiesen – und viele der großen Erfolge des leider verstorbenen Roger Cicero gehen sowohl als Jazz und als Schlager durch.
Nachdem Heino sich Rockklassiker angeeignet haben und die unter dem Motto „Mit freundlichen Grüßen“ auf seine Art und Weise interpretiert haben, hat ein Projekt namens GOLDMEISTER sich auf die Fahne geschrieben, deutsche HipHop-Klassiker (ja, so etwas gibt es inzwischen) in ein neues jazziges und swingendes Klanggewand zu packen.
Hinter diesem Bandnamen stecken Phil Ohleyer und Chris Dunker, die zuletzt im Projekt Phoenix West mitgewirkt hatten. Dessen Produzent Matthias Haas hat mit dem Duo nun (also genau genommen schon seit 2016) ein neues Projekt auf den Weg gebracht.
Los geht’s mit den Fantastischen Vier, deren Superhit „Sie ist weg“ aus dem Jahre 1995 auch als erste Single veröffentlicht wurde. Der Titel zeigt gleich, wohin die Richtung geht – Sprechtext wird bei den Jungs von Goldmeister hochprozentig melodiös gestaltet, und die Arrangements klingen nach Big Band – eine mutige Mischung, die aber gefällt.
Über 10 Jahre ist es her, dass Culcha Candela mit „Hamma“ einen Nummer-1-Hit landen konnten – auch dieser Titel wurde als Swing gestaltet. Auch diese Version ist – um den Song zu zitieren – „übertrieben ‚hamma’“. – Schön mit Modulationen wird im 1999er„Freundeskreis“-Klassiker „Mit Dir“. Die Textpassage „Baby du bist smooth wie Kamasutra, pschht – sonst hört uns deine Mutter“ kommt so melodiös viel wirkungsvoller zur Wirkung, wobei man darauf wirklich erst mal kommen muss, „Kamasutra“ und „Mutter“ zu reimen… Der Begriff „Fetter Bass“ kriegt hier eine neue Bedeutung – so wie der Kontrabass hier gezupft wird.
Ein bisschen im Jazz-Stil Götz Alsmanns haben sich Goldmeister des Seed-Songs „Dickes B“ angenommen. Vom Schlagzeug angetrieben und sogar von gestopfter Trompete begleitet, kommt auch dieser Titel melodiös daher. Sehr imposant ist das improvisiert klingende Saxofonsolo.
Eine echte Herausforderung war es sicher, den Jan-Delay-Song „Klar“ zu covern, da der ja selber mit (funky) Trompetensounds arbeitet und nicht den klassischen deutschen HipHop repräsentiert. Dennoch haben Goldmeister es geschafft, auch diesem Titel ihren Stempel aufzudrücken.
Gerüchten zufolge wurde schon bei Entstehung des Liedes „Und wenn ein Lied“ ein Cover produziert. 2004 – um seinen 70. Geburtstag herum – war angeblich Udo Jürgens mit Xavier Naidoo und seinen Kumpels im Studio, um den Titel mit einzusingen. Bis heute versichern glaubhafte Quellen, dass diese Aufnahme im „Giftschrank“ liegt. Während man auf DIE Veröffentlichung wohl bis zum Sanktnimmerleinstag warten muss, legen Goldmeister schon mal eine originelle Neubearbeitung vor. Originell im Balalaika-Sound beginnend und im Nachtlokal (so wie man sich in Schwarzweiß-Filmen Striplokal-Hintergrundmusik vorstellt), wurde auch dieser Song neu interpretiert.
„Es ist 1996 – meine Freundin ist weg und bräunt sich“ – der Text ist etwas veraltet, aber der Groove des Titels „Jein“ hat es noch immer in sich. Der erste Top-10-Hit von Fettes Brot ist noch immer auch textlich originell anzuhören – und Schlager jeglicher Couleur haben sich auch schon des Themas „Engel oder Teufel“ angenommen – kürzlich hat das Schlagerduo Neon genau einen Titel dieses Namens veröffentlicht (sehr empfehlenswert übrigens) – aber etwas tiefgehender beschäftigte sich schon Udo Jürgens mit diesem Thema in seinem großartigen Lied „Glut und Eis“.
Mit Udo Lindenberg haben die Jungs von Goldmeister auch einen Altrocker im Programm und keinen HipHopper und sich mit „Cello“ einen von dessen großartigsten Klassikern angeeignet. Hier wird klar bewiesen, dass man den Titel auch swingig und vor allem – man glaubt es kaum – OHNE Cello auskommt.
Nicht nur die Söhne Mannheims, nein auch deren „Chef“ Xavier Naidoo werden auf „Alles Gold“ berücksichtigt – dessen 20 Jahre altes Lied „Nicht von dieser Welt“ findet sich auch auf dem Album. Naidoos Songs bedürfen offensichtlich keiner weinerlichen Stimme, sondern überzeugen auch allein von der kompositorischen Qualität.
Etwas näher in die Gegenwart begaben sich Goldmeister mit der neuen Version von „Lila Wolken“ – der Titel ist „erst“ sechs Jahre alt. – Mit einem Marsch-Rhythmus beginnt „Ihr Tattoo“ – ein origineller eigener Song, also KEIN Cover – geschrieben u. a. vom Produzenten Matthias Haas, der – wen wundert’s? – auch schon für Roger Cicero tätig war.
Als „Rausschmeißer“-Song dient der Song von Seeed-Chef Peter Fox. Auch „Haus am See“ hat man so wohl noch nie gehört – inclusive kleinem Piano-Solo.
Mit „Alles Gold“ haben Goldmeister ein Album vorgelegt, das klar vom üblichen Einerlei abhebt. Für ein Jazzalbum ist es auch absolut erfolgreich – die CD ist seit drei Wochen in den Albumcharts und schaffte es immerhin in die Top-30.