20180706 Black

Die Roy Black Story – Teil 2: Erster Hit “Du bist nicht allein”

Dieser legendäre Auftritt blieb auch dem Kölner Musikproduzenten Hans Bertram, der ursprünglich als Klarinettist beim Orchester des Westdeutschen Rundfunkst tätig war, nicht verborgen. Er verfolgte eine TV-Übertragung im BR („Münchner Abendschau“)  zu dieser denkwürdigen Veranstaltung im Bayerischen Rundfunk und sendete an die Schülerverwaltung der Oberrealschule in der Augsburger Hallstraße eine Anfrage, dass er nach einem jungen Sänger namens Roy Black suche. Geschrieben wurde der Brief von seiner Sekretärin Heidrun Menzel, die seinerzeit auch Einfluss beim Radiosender Radio Luxemburg hatte.

Entdecker Hans Bertram suchte Nachfolger für Fred Bertelmann und Bernd Spier

Bertrams Hintergedanken kann man sich leicht ausrechnen – sein ursprüngliches Zugpferd Fred Bertelmann wurde älter und ging nicht mehr als Teenie-Idol durch. Aktuell produzierte er noch sehr erfolgreich Bernd Spier und bemerkte, dass die „Schnulze“ durchaus dem Beat Paroli bieten konnte, allerdings war Spier nicht unbedingt das, was man einen echten Frauentypen nennen konnte. Vielleicht erkannte Bertram schon damals Roys große Strahlkraft auf Frauen.

Bertram erreichte Black, und man beschloss, eine Single mit „Roy Black & his Canons“ (auf der ersten Single-Hülle wurde ein „n“ im Namen vergessen) zu produzieren. Gemeinsam mit Werner Twardy wurden im Augsburger Vorstadtclub Zirbelnuss die Nummern „Sweet Baby Mine“ und „My Little Girl“ geprobt. Hans Bertram produzierte die Single dann im Münchner Polydor-Studio.

20. Juli 1964: Auftritt vor 1.200 Menschen

Noch vor der Produktion der ersten Single gab es einen weiteren bemerkenswerten Live-Auftritt – am 20. Juli 1964 (viele Quellen, selbst Roy selbst, sprachen vom „20. August“ – das damalige Plakat spricht aber eine andere Sprache) spielten Roy Black & the Cannons im Augsburger NRK-Saal vor 1.200 Teens und Twens. Die Legende sagt, dass die Stimmung so gut war, dass sogar die Frau des Oberbürgermeisters Pepper sich als Twist-Sängerin betätigt habe (Song „Twist And Shout“). Danach ging es auf kleine Drei-Städte-Tour, die beim Publikum zwar gut ankam, bei der Band aber nicht viel Wohlbehagen verursachte, weil die Musikanlage nicht den Qualitätsansprüchen der Gruppe genügte. Einer der Zuhörer der Konzerte war Hans Bertram, der sich von den Live-Qualitäten seines späteren Sprösslings überzeugen konnte.

Im Anschluss gab es noch eine kleine drei Städte umfassende Tournee durch Neuburg, Memmingen (1. August 1964) und Kaufbeuren (8. August 1964). In dieser Zeit lernte Roy einige Dinge, die er für seine Karriere gut benötigen konnte – beispielsweise, dass man auch mit sehr schlechter Musikanlage alleine durch eine gute Show ein Publikum überzeugen kann und bei Bühnenproblemen einfach mal improvisieren muss. Und dass man auch mit kritischen Stimmen leben muss, wurde ihm angesichts erster Negativkritiken auch klar.

Als neuen Manager konnte er den damaligen Musikautomaten-Aufsteller Hans Löfflad gewinnen, der fortan nicht weniger als 25 Prozent der Einnahmen vereinnahmte. Ein entsprechender ab dem 1. September 1964 und bis 31. August 1966 geltender entsprechender Vertrag wurde aufgesetzt. Die am 2. September 1964 in München aufgenommene Single „Sweet Baby mein“ erschien Mitte Oktober 1964 und kann durchaus als Achtungserfolg bezeichnet werden, was allerdings Gründe hatte: Löfflad nahm 1.000 Singles für seine Automaten ab. Auch die Töchter Löfflads, Christel und Marlies, bekamen ihre Aufgabe: Sie sollten sich Blacks Lied fleißig beim Bayerischen Rundfunk via Postkarte wünschen. Zunächst nahmen die Töchter dazu Namen von Verwandten und Bekannten, später dachten sie sich einfach Namen aus – und beherzigten dabei die Anweisung des Herrn Papa, möglichst kurze Namen zu wählen, damit das Ausfüllen der Postkarten schneller voranschreiten konnte. Beim ORF zeichnete sich die Schreib-Flut aus – Roy erreichte Plätze in den unteren Regionen der damaligen Hitparade in Österreich.

Kurios ist die heftige Anzahl an Fehlern, die bei der ersten Single passierten: Wie erwähnt, wurden die „Cannons“ falsch (mit nur einem „n“) geschrieben. Außerdem war die offizielle Bezeichnung „Roy Black And(!) His Cannons“ und nicht „Roy Black With(!) His Canons“. Das Cover weist fälschlicherweise „My Little Girl“ als A-Seite aus – auf der Vinylsingle ist hingegen korrekt „Sweet Baby  mein“ angegeben. Wobei auch das falsch geschrieben ist – korrekt müsste es in englischer Sprache heißen: „Sweet Baby Mine“ – so wie es auch auf dem Notenblatt notiert war.

Was Roy Black und Udo Jürgens schon sehr früh miteinander verband…

Kleiner Exkurs, der zeigt, wie „klein die Welt ist“: Marlies Löfflad war in damaliger Zeit mit Heinz Allhoff liiert, der ab den späten 1960er Jahren u. a. Udo Jürgens bei dessen Tournee am Klavier begleitete und über Jahrzehnte mit Udo Jürgens zusammenarbeitete, zuletzt als Chef von dessen Fanbetreuung. Allhoff hatte eine gute Meinung von Roy Black, was den letzten Ausschlag dafür gab, dass sich Löfflad dazu entschied, dessen (Roys) Management zu übernehmen, weil er auf Allhoffs künstlerischen Sachverstand (offensichtlich zurecht) vertraute. Die Welt ist klein…

1964: Platz 30 der BRAVO-Sänger des Jahres

Nun nahm auch das Zentralorgan der deutschen Jugend, die BRAVO, von Roy Black Notiz und brachte einen ersten Artikel über den jungen Nachwuchssänger mit der Überschrift „Nach der Uni schräge Songs“: „Als Jurastudent im ersten Semester wird er von seinen Professoren häufig mit strengen Bemerkungen und Blicken bedacht. Doch er ist fest davon überzeugt, dass man seine schrägen Songs und die Stunden auf der Uni durchaus voneinander trennen kann: ‚Sicher, manchmal fällt mir das schon schwer. Aber ich halte mich eben immer an den guten Grundsatz: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.’ Ende des Jahres erreichte Roy mit 968 Stimmen immerhin den 30. (und damit letzten veröffentlichten) Platz der populärsten Sänger des Jahres 1964. Wie viele von diesen 968 Stimmen auf das Konto der Löfflad-Töchter gingen, ist allerdings nicht überliefert…

Abspaltung von den Canons

Anfang 1965 probierte man es erneut mit einer im Oktober 1964 aufgenommenen flotten Nummer im Beat-Stil des damals populären Drafi Deutscher. Aber auch mit der von Elisabeth Bertram („Lilibert“) getexteten deutschen Version des Harold-Dorman-Songs „Mountain Of Love“ („Darling, My Love“) war ebenso wenig ein Blumentopf zu gewinnen wie mit der B-Seite mit dem kuriosen Text „Let’s Go (mach keine Show)“. In seinem Buch „Roy Black über Roy“ bewertete der Sänger diese Aufnahme wie folgt: „Mieser deutscher Beat mit miesem deutschen Text“. Die Konsequenz war, die Can(n)ons von Roy Black zu lösen und ihn als Einzelinterpreten aufzubauen und – viel weitreichender – den musikalischen Stil zu ändern – weg vom Beat, hin zur Romantik. Bertram war der erste, der Roys Markenzeichen erkannte – sein „Markenzeichen, die schluchzende Stimme mit langgezogenen sss, die seine Stimme schon nach wenigen Tönen aus tausend anderen erkennen ließ“ (so formuliert im Buch „Stars & Schlager“). Auch Dieter Bohlen hat in einer TV-Doku gesagt, dass Roys Stimme einzigartig und unter tausenden herauszuhören sei.

Die Werbeanzeige für die Single sprach davon, dass der neue Hit “im Stil unserer Zeit” sei: 

Bild von Schlagerprofis.de

In dieser Zeit spielte dem gewieften Musikproduzenten Hans Bertram in die Karten, dass der Bandlieder der Cannons, Exenberger, zum Bund eingezogen wurde. Roy Black hingegen wurde wegen seines Herzklappenfehlers ausgemustert. Somit war es ohnehin schwer, die Cannons weiter als Begleitband Roys zu übernehmen. Böse Zungen behaupten, dass die beiden ersten schwachen Platten produziert wurden, um Roy  zu demonstrieren, dass er bessere Chancen als Solo-Schnulzensänger hat als als Kopf einer Beatband.

Abkehr vom Beatsound – hin zur Schnulze

Um die künftige Marschrichtung festzulegen, traf sich damals der stellvertretende Produktionsleiter der Polydor, Ossi Drechsler, im Auftrag seines Chefs Heinz Voigt, mit Hans Bertram, um den Stilwechsel Roy Blacks zu besprechen. Es bestand Einigkeit, als Nächstes eine „Schnulze“ zu veröffentlichen. Dieser Meinung war auch Roys Manager Hans Löfflad. Mit der Schaffung einer passenden Komposition beauftragte Bertram Rolf Arland, der übrigens bürgerlich Hans Heinz Mühlbauer hieß und als Angestellter der Münchner Stadtverwaltung arbeitete. (Ironie des Schicksals: Auch Roys letzte Lebensgefährtin war ursprünglich Mitarbeiterin einer Stadtverwaltung). Der dachte sich einen Refrain mit einer engen Melodieführung einer Terz aus – die Grundvoraussetzungen eines Hits waren nach Meinung Ossi Drechslers damit geschaffen.

Durchbruch mit “Du bist nicht allein”

Anfang 1965 lud Hans Bertram Roy Black ein, um ihm die neue Marschrichtung und das damit verbundene Lied vorzustellen. Außerdem eröffnete er ihm, dass künftige Aufnahmen nur ohne die Cannons angedacht seien. Roy war entsetzt und zunächst absolut nicht einverstanden. Dennoch nahm er die Tonbandaufnahme zur weiteren Begutachtung mit nach Augsburg, um sich mit seinem Manager Löffland zu beraten. Nachher erzählte Roy, dass Bertram mehr an den Erfolg geglaubt habe als er, Roy, selber. Roy war nach den beiden Flops wieder bereit, das Betriebswirtschaft-Studium fortzusetzen, doch Bertram hielt ihn davon ab und setzte sich mit seinem neuen Konzept durch.

Schließlich war er ein “junger Mann mit Talent”, wie man der geschalteten Werbeanzeige entnehmen konnte:

Bild von Schlagerprofis.de

Die erste Single mit neuem Stil war „Du bist nicht allein“, die vom Textdichter Kurt Hertha getextet wurde. Der kam vermutlich deshalb auf die Idee des Titels, weil eins von Roys damaligen Demos ja der Elvis-Song „Are You Lonesome Tonight“ war und meinte, dass das thematisch gut zu Roy passen könnte. Im Juni 1965 erschien die Single, und schon am 15. Juli 1965 fand sich Roy erstmals in der deutschen Verkaufshitparade wieder. Der Schlager wurde ein sensationeller Erfolg und verkaufte sich über 800.000 Mal – der Durchbruch war erreicht. Der Titel wurde auch auf Englisch („I Am Not Alone“) und auf Italienisch produziert („Finalmente que“).

Die Rolle von Hans Bertrams Frau Elisabeth

Produzent Hans Bertram war damals sehr gut vernetzt. Seine Frau Elisabeth war über Jahre hinweg Sekretärin  und später Sprecherin von Radio Luxemburg („Radio-Stunde mit Elisabeth“, als sie noch Elisabeth Merkels hieß) und hatte beste Kontakte zu den „fröhlichen Wellen“ von RTL.  Sie war schon damals keine Unbekannte im Geschäft, beispielsweise textete sie die deutsche Version des Hits „Marina“ (wobei das Pseudonym „Weingarten“ Hans Bertram zugeordnet wird, vermutlich stammt der Text aber von Elisabeth) und hatte indirekt auch ihren Anteil an Ralf Bendix’ „Babysitter Boogie“, denn die „Kleine Elisabeth“, die dort zu hören war, war Elisabeth Bertrams Tochter.

Außerdem war Bertram Schlagerproduzent Chris Howlands – der wiederum ließ es sich nicht nehmen, Roy in seine Fernsehshow „Musik aus Studio B.“ einzuladen. Der bekannte Kolumnist Michael Graeter war damals unter Pseudonym „Peter Pan“ hautnah dabei und schaute sich mit Roys Famile in dessen Elternhaus, dessen Adresse im Artikel sogar genannt wurde, sich die Sendung an. Ein Kuriosum ist übrigens, dass Roy bereits für den 21. Dezember 1964 in Studio B. angekündigt war und auch in deProduzent Hans Bertram war damals sehr gut vernetzt. Seine Frau Elisabeth war über Jahre hinweg Sekretärin  und später Sprecherin von Radio Luxemburg („Radio-Stunde mit Elisabeth“, als sie noch Elisabeth Merkels hieß) und hatte beste Kontakte zu den „fröhlichen Wellen“ von RTL.  Sie war schon damals keine Unbekannte im Geschäft, beispielsweise textete sie die deutsche Version des Hits „Marina“ (wobei das Pseudonym „Weingarten“ Hans Bertram zugeordnet wird, vermutlich stammt der Text aber von Elisabeth) und hatte indirekt auch ihren Anteil an Ralf Bendix’ „Babysitter Boogie“, denn die „Kleine Elisabeth“, die dort zu hören war, war Elisabeth Bertrams Tochter.

Außerdem war Bertram Schlagerproduzent Chris Howlands – der wiederum ließ es sich nicht nehmen, Roy in seine Fernsehshow „Musik aus Studio B.“ einzuladen. Der bekannte Kolumnist Michael Graeter war damals unter Pseudonym „Peter Pan“ hautnah dabei und schaute sich mit Roys Famile in dessen Elternhaus, dessen Adresse im Artikel sogar genannt wurde, sich die Sendung an. Ein Kuriosum ist übrigens, dass Roy bereits für den 21. Dezember 1964 in Studio B. angekündigt war und auch in den TV-Zeitschriften abgebildet war, allerdings damals dort noch nicht auftrat.

Silberner Otto und Silberner Löwe

Einen Teil seines Honorars legte Roy in einen neuen Porsche an, von dem er nicht viel hatte, weil er kurz nach der Anschaffung des Autos bei Eisglätte damit einen schweren Unfall hatte und sich (zum Glück nur leicht) verletzte. Am 19. März 1966 erhielt Roy für seinen ersten „Schnulzen“-Song seinen ersten Löwen von RTL – in der Essener Grugahalle wurde ihm der Silberne Löwe von Radio Luxemburg überreicht. Kurz zuvor erhielt er von der Bravo-Redaktion den Silbernen Otto – er wurde hinter Drafi Deutscher als zweitbeliebtester Sänger des Jahres gewählt, nachdem es im Jahr zuvor „nur“ für Platz 30 reichte.

Erster von 28 BRAVO-Titelseiten

Ein weiterer Karriereschritt wurde im August 1965 erreicht, als Roy erstmals das Titelbild der Jugendzeitschrift Bravo (Ausgabe 36/1965) zierte. Unglaublich: Insgesamt 28 Mal zierte Roy im Laufe seiner Karriere das Titelbild der beliebten Jugendzeitschrift.

BRAVO-Tournee 1965

Was viele nicht wissen: Bereits 1965 ging Roy auf eine Tournee, die von der BRAVO präsentiert wurde. Gemeinsam mit Peter Hinnen und Casey Jones war er Bestandteil der „großen BRAVO-Tournee 1965“.

Teil 3 dieser Serie beschäftigt sich mit Roys Durchbruch mit dem Riesen-Hit “Ganz in Weiß”. Am 20. Juli veröffentlichen wir die Fortsetzung der Roy-Black-Story

 

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