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MICHAEL KUNZE: Einer der erfolgreichsten Textdichter Deutschlands wurde gestern 80 Jahre alt

MICHAEL KUNZE: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

Was MICHAEL KUNZE geschafft hat, schaffen nur die wenigsten Menschen. Gleich mehrere Lieder zu schreiben, die viele Jahrzehnte nach Entstehung noch jedes Kind kennt und fast jedermann noch mitsingen kann – das ist eine Gabe, die nur wenigen gegeben ist. Dass er ganz „nebenbei“ auch als Produzent z. B. von PETER MAFFAY und SILVER CONVENTION überaus erfolgreich war, wissen heute nicht mehr viele – aber seine Lieder sind geblieben: „Ich war noch niemals in New York“, „Griechischer Wein“, „Ein Bett im Kornfeld“, „Die kleine Kneipe“ und wahnsinnig viele mehr. Wir können uns da nur verneigen.

Übrigens – was MICHAEL KUNZE mit ABBA zu tun hat, kann HIER nachgelesen werden.

CLAUDIA KARNER hat uns erlaubt, ihr Portrait des einzigartigen Textdichters abzudrucken – wir danken herzlich für die Genehmigung!

Portrait Dr. MICHAEL KUNZE

Wer schrieb eigentlich „Ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals auf Hawaii, ging nie durch San Francisco in zerriss’nen Jeans…?“ Na, Udo Jürgens, wer sonst, werden Sie jetzt vermutlich sagen. Falsch! Es war sein Haus- und Hoftexter Michael Kunze, der ihm viele Hits, darunter „Griechischer Wein“, „Ein ehrenwertes Haus“ und „Heute beginnt der Rest meines Lebens“ auf den Leib schrieb und dem dabei das typische Textdichter-Schicksal widerfuhr. „Das Publikum identifiziert gewöhnlich den Sänger mit dem, was er singt, den Texter nimmt es gar nicht wahr. Das hat mich nie gestört.
Ich bin so eine Art Ghostwriter, der den Interpreten die Sprache gibt„, sagte Michael Kunze in einem Interview in der FAZ. „Udo Jürgens und ich, wir waren ein eingespieltes Team. Mit ihm zusammen am Klavier war mir die liebste Arbeit. Einmal hat Udo gesagt: Oft stört der Text die Musik oder umgekehrt. Wenn aber ein guter Text und die passende Melodie zusammenkommen, löst das die stärksten Emotionen aus.“

DU BIST ALLES, WAS ICH HABE AUF DER WLET

Geboren wurde Michael Kunze am 9. November 1943 in Prag, wo sein Vater als Journalist beim Prager Tagblatt arbeitete. Nach der Rückkehr der Familie nach Deutschland wuchs er im Schwarzwald auf und besuchte in München das Gymnasium. Als Teenager entdeckte er die Liebe für den Rock’n’Roll, lernte Gitarre spielen und schrieb die ersten Lieder. Nach dem Abitur mit der Durchschnittsnote 1,0 studierte Kunze Jura, ein Studium, das er, wenn erst auch viele Jahre später, summa cum laude beendete.
Die Dissertation über einen Hexenprozess aus dem Jahre 1600 – der Prozess Pappenheimer – erregte großes Aufsehen in Fachkreisen und wurde Grundlage für seinen Erfolgsroman „Straße ins Feuer“. Doch erst mal wollte der junge Kunze Liedtexte schreiben. Da die ersten Versuche nicht besonders erfolgreich waren, entschloss er sich, selbst zu produzieren.
In einer Schwabinger Musikkneipe entdeckte er den jungen Peter Maffay, für den er (zusammen mit Peter Orloff) das Lied „Du“ schrieb. „Du bist alles, was ich habe auf der Welt. Du bist alles, was ich will… „Durchaus möglich, dass sich Kunze beim Schreiben dieses Textes von seiner Jugendliebe Roswitha inspirieren ließ, die er mit 17 Jahren im Schulbus kennengelernt hatte und ihn noch heute als Ehefrau durchs Leben begleitet.

KEINE ANGST VOR GEFÜHLEN

Von da an ging es aufwärts. Sehr steil sogar. Insgesamt sind es 4000 Titel geworden, darunter an die 300 Hits. „Einige davon finde ich heute noch gut“, sagt Kunze. Sein Erfolgsrezept: „Ich hatte nie Angst vor Gefühl, vor Einfachheit. Angst hatte ich vor Lügen und Klischees. In der Branche wusste man bald, für die richtigen breiten Schlager bin ich nicht der Richtige. Durchgesetzt haben sich meine Texte, weil sie etwas anders waren als das übliche Schlager-Einerlei.“ 

Und so schrieb er u. a. für Peter Alexander („Die kleine Kneipe“), Jürgen Drews („Ein Bett im Kornfeld“), Münchener Freiheit („Ohne dich schlaf ich heut Nacht nicht ein“), Gitte Haenning („Freu dich bloß nicht zu früh“), Mary Roos („Aufrecht geh’n“), Juliane Werding („Stimmen im Wind“) und Gilbert Becaud („Desirée“).

1974 wagte Michael Kunze den Sprung über den großen Teich, gründete in den USA die Retorten-Gruppe Silver Convention und erfand den sogenannten Munich Sound. Auf Grund der sensationellen Erfolge in den USA mit „Fly, Robin, Fly“ – der Song wurde Nummer 1 in den Billboard Charts – und Penny McLeans „Lady Bump“, die Kunze unter dem Pseudonym Stephan Prager schrieb, arbeitete er mit Stars der amerikanischen Musikszene und produzierte Alben mit Herbie Mann, Julio Iglesias und Sister Sledge.
1976 wurde er gemeinsam mit dem Komponisten Sylvester Levay mit einem Grammy ausgezeichnet. In Deutschland wählte ihn die Jury der Goldenen Europa zum Mann des Jahres 1976. Das Pendeln zwischen den Kontinenten und der Druck der amerikanischen Plattenfirma gingen Kunze an die Substanz. Ende der 1970er Jahre zog er die Notbremse. Er löste Silver Convention auf, kündigte alle Verträge und nahm sich Auszeit, um den Roman „Straße ins Feuer“ zu schreiben.

MUSICAL- UND STORY-ARCHITEKT

In den 80er Jahren entdeckte Michael Kunze eine neue künstlerische Welt, das Musical. Er übertrug mit großem Erfolg Musicals des weltbekannten Engländers Andrew Lloyd Webber wie „Evita“, „Cats“, „Das Phantom der Oper“ und „Sunset Boulevard“ ins Deutsche und verhalf so diesen Werken in seiner Heimat zum Durchbruch. Gleichzeitig machte er sich einen Namen in dieser Branche. Es folgten die deutschen Adaptierungen von „A Chorus Line“, „Der kleine Horrorladen“, „Der Glöckner von Notre Dame“, „Der König der Löwen“, „Mamma Mia!“ und „Aida“.

Mit dem Komponisten Sylvester Levay, mit der sich bereits zu Zeiten des Munich Sound die Lorbeeren geteilt hatte, begann Michael Kunze eigene Musicals zu schreiben und zu produzieren. Er startete 1990 mit „Hexen, Hexen“ und landete zwei Jahre später mit „Elisabeth“, der Geschichte der österreichischen Kaiserin fernab vom picksüßen Sissi-Kitsch, trotz anfänglicher Kritikerschelte einen Welterfolg. Elisabeth wurde vier Jahre lang in Folge in Wien gespielt.
O-Ton Michael Kunze, der sich als Story-Architekt verstanden wissen will: „Seit zwanzig Jahren vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendwo in der Welt Elisabeth aufgeführt wird. Das ist nicht ohne Ironie. Ich wollte die Geschichte der unglücklichen Kaiserin als zeitgemäßes, emotionales Musiktheater erzählen, ohne dabei zum Broadway zu schielen. Dass das dem Wiener Publikum gefiel, konnte ich allenfalls hoffen. An einen Welterfolg dachte ich wirklich nicht.“

ICH WAR NOCH NIEMALS IN NEW YORK

Weitere Erfolgs-Produktionen aus Kunzes Kreativ-Werkstatt: „Mozart! Das Musical“ (1996), „Tanz der Vampire“ (1997), „Rebecca“ (2006), „Marie-Antoinette“ (2006) und „Moses“ (2013). „Ich war noch niemals in New York“, jenes Musical, zu dem Michael Kunze Titel und Titelsong lieferte, stammt allerdings nicht aus dessen Feder. Es ist eine Kompilation von 23 Udo-Jürgens-Liedern, die der österreichische Dramatiker Gabriel Barilly nach einer Idee von der Bestellser-Autorin Hera Lind in eine flotte, familientaugliche Story à la Traumschiff packte.
56 Goldene Schallplatten, 23 Platin-Schallplatten, ein Grammy, der Echo für das Lebenswerk, die Goldene Feder des Deutschen Textdichter-Verbandes und der Deutsche Musikautorenpreis – die Liste von Kunzes Auszeichnungen ist lang. „Michael Kunze ist ein echtes Universaltalent, der ein wahrhaft umfassendes Gesamtwerk vorweisen kann. Musical, Oper, Schlager, Theater, Literatur, Film und Fernsehen – überall fühlt sich Michael Kunze gleich wohl, so die Würdigung der Jury des Musikautorenpreises 2010.
Da er der meistgenannte Autor bei „Die besten Jahrhundert-Hits des ZDF“ ist, kann man davon ausgehen, dass fast jeder sofort ein paar Zeilen seiner Lieder auswendig aufsagen kann. Diese zum Beispiel: Ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals auf Hawaii… Welche Zeile kriegen Sie nicht mehr aus dem Ohr?
Michael Kunze – ein ganz Großer seiner Zunft. Wir gratulieren zum 80. Geburtstag auf das Allerherzlichste!
Quelle: Claudia Karner – vielen Dank!
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