André Rieu – Kritik zu seiner CD „The Sound of Heaven“
„Jetzt macht der auch noch Kirchenmusik!“ Das mag man denken, wenn man sich die Titelliste von André Rieus aktuellem Album „The Sound of Heaven“ durchliest. Fast ausschließlich finden sich darauf Lieder mit religiösem Bezug.
„Näher mein Gott zu Dir“ ist ein weltweit bekanntes Kirchenlied. Rieu lässt es von seinen Streichern interpretieren, die das Lied jedoch nicht butterweich, sondern überraschend kraftvoll spielen. Der Chor beginnt zunächst a capella, den englischen Text („Nearer my god to thee“) zu singen, dann kommt das Orchester wieder hinzu, plötzlich bekommen auch Bläser Raum.
„Summender Refrain“ stammt aus der Oper „Madama Butterfly“ von Giacomo Puccini und macht mit seinem himmlischen Schlussakkord seinem Namen alle Ehre. Mit „The music of the night“ aus „Das Phantom der Oper“ ist auch eine Musicalnummer vertreten.
„Hijo de la luna” kennen die meisten wohl gesungen von der niederländischen Sängerin Loona. Bei Rieus beschwingter Aufnahme zeigt Panflötist Michel Tirabosco sein Können.
Charles Gounod ist vor allem für seine Bearbeitung des „Ave Maria“ bekannt geworden. Die Sopranistin Micaëla Oeste interpretiert auf Rieus neuer CD das „Benedictus“ aus Gounods „Messe solennelle en l’honneur de Sainte-Cécile. Eine sehr berührende und meditative Aufnahme.
Eines der Highlights des Albums ist der „Kanon“ aus „Kanon und Guige in D-Dur“ von Johann Pachelbel. Das Stück wurde sehr sensibel arrangiert und baut sich langsam auf. Chor und Bläser kommen erst gegen Ende hinzu und verleihen der Aufnahme Glanz.
Eine echte Überraschung ist der ABBA-Song „The way old friends do“. Hierbei steht die Akustikgitarre im Vordergrund, die zunächst nur von einem sanften Streicherteppich, dann von Flöten und Klavier begleitet wird. Nach einer kurzen Solopassage kommt neben Streichern und Klavier auch ein Chor hinzu. Gerade der Klang der Akustikgitarre wirkt sehr beruhigend.
„Pie Jesu“ wird von Anna Majchrzak und Micaëla Oeste sehr bewegend interpretiert. „Across the stars“ stammt aus dem „Star Wars“-Film „Angriff der Klonkrieger“. Hierbei berührt erneut Michel Tiraboscos sensibles Panflötenspiel.
Ein weiteres großes Highlight ist das „Benedictus“ aus der Friedensmesse „The armed man“ von Karl Jenkins. Hierbei steht die Geige im Vordergrund, begleitet von der Harfe und einem Chor, der sich stark zurücknimmt. Gegen Ende blitzen majestätische Fanfaren und Paukenschläge auf, bevor das fast achtminütige Stück meditativ ausklingt.
Weihnachtlich geht es mit „Panis angelicus“ zu, das von Micaëla Oeste sensibel vorgetragen wird. Diese Sensibilität vermisst man beim abschließenden „Hallelujah“ aus Händels „Messias“ schmerzlich, für das The Platin Tenors, die Sängerinnen, Madieke Schoots, Anna Majchrzak und Micaëla Oeste ins Studio gekommen sind. In radiotauglichen 3:30 Minuten wird das Stück viel zu schnell heruntergehetzt. Musikalische Feinheiten können sich so nicht entfalten. Das sonst so meditative Album endet mit einem lauten Knall. Ein ärgerlicher Ausreißer. Immerhin wurde eigens für die Aufnahme dieses Stücks eine Orgel eingesetzt.
In seinen besten Momenten ist „The Sound of Heaven“ ein Album zum Innehalten. Man muss nicht religiös sein, um sich auf die meditative Stimmung einlassen zu können. Entgegen dem Klischee sind die Interpretationen der verschiedenen Stücke zum Thema Glauben keineswegs kitschig, sondern die Aufnahmen bestechen durch ihre feinfühligen Arrangements, die in gestochen scharfem Klang zu hören sind.
Übrigens sind André Rieu und sein Johann Strauss Orchester gerade auf Deutschlandtournee durch die großen Arenen. Bis in den November hinein stehen sie unter noch in Rostock, Hannover, Chemnitz, Leipzig, Erfurt, Halle/Westfalen, Köln, Frankfurt und Oberhausen auf der Bühne. Die meisten Konzerte sind ausverkauft, es gibt nur noch wenige Restkarten unter: www.andrerieu.de oder (*) www.eventim.de Wenn Sie sich einen ersten Eindruck verschaffen möchten, lesen Sie hier unsere Kritik von der Premiere in München.
Unsere Konzertkritik aus München ist HIER zu finden.