GIOVANNI ZARRELLA Show für HOWARD CARPENDALE: Nicht würdig?
Allein der hohe Anteil an großartiger Livemusik spricht für uns schon immer für die GIOVANNI ZARRELLA Show, und viele der Darbietungen waren musikalisch auch in Ordnung. Aber: War die Sendung eines HOWARD CARPENDALEs auch würdig? Dazu ein interessanter Gastbeitrag von SINA WORM:
Wenn das ZDF eine Samstagnacht mit Howard Carpendale ausruft, dann erwartet man Großes. Denn, hey, es geht nicht um irgendeinen Schlagerfuzzi, es geht um Howard Carpendale. Ja, genau, DER Howard Carpendale: Lebende Legende, Hitgarant, Showmaschine. Howard, der seit Jahrzehnten Generationen von Schlagerfans begeistert, begeht im nächsten Jahr sein 60-jähriges Bühnenjubiläum. Grund genug für Giovanni Zarrella, ihn mit einer Extra-Ausgabe seiner Show abzufeiern.
Howard sieht solche Lobhudeleien gelassen. Er sagt, ich muss nicht mehr, ich will und wenn überhaupt, dann will er Respekt und Fairness für das, was er tut und er will, dass es ehrlich zugeht in diesem aufgeputzten Social-Media-Showgeschäft, das oft so belanglos geworden ist. Also, seien wir ehrlich.
Das ZDF hat Kerstin Ott, Sasha, Ben Zucker, Alexander Klaws, Julia Lindholm, Linda Hesse, Tim Peters und Beatrice Egli auf die Bühne gestellt, die sich allein oder in Duetten an den Hits von Howard versucht haben: „Mit viel, viel Herz“, „Das Lied, das Leben heißt“, „Wem“. Nach welchen Kriterien diese Gästeliste zusammengestellt wurde, wer weiß das schon. Am Ende ging es auch nicht darum, wer Howard am besten interpretiert, sondern wer am wenigsten gestört hat an diesem Abend.
Jeder Künstler durfte sagen, wie toll Howard ist und Howard durfte sich bedanken und sagen, wie unfassbar, großartig und super er die Kollegen findet. So geht das die ganze Zeit. Carpendale wirkt manchmal abwesend, müde, so als würde er sich fragen, wer eigentlich die ganzen Statisten eingeladen hat. Sasha outet sich als Fanboy, der sich mit fünf Mark von der Oma seine erste Single „Nachts, wenn alles schläft“ gekauft hat. Carpendale hat über 700 Titel eingesungen, dieser ist sein Lieblingssong aus dem Jahr 1979, der sich in seinen Konzerten als eine Art Über-Hit durchgesetzt hat, aber er geht unter am Samstagabend. Sasha vergeigt das Ding. Schade.
Jürgen Drews kommt aus dem Ruhestand nochmal zurück auf die Bühne. Auch Ireen Sheer und Wencke Myhre sind aufgelaufen, ebenfalls Kolleginnen aus der ZDF-Hitparade. Thomas Hermanns schaut vorbei und macht Promo für das Carpendale-Musical in Leipzig. Warum Paul Young da ist, was die Witzchen von Atze Schröder sollten und warum zum Teufel der abgedudelte Song „Ein Stern“ von Nik P. gesungen werden musste – keiner weiß es.
Glanzvoller Höhepunkt ist der Auftritt von Gregor Meyle, mit dem Carpendale „Fremde oder Freunde“ aus dem Jahr 1976 singt, eine leise Gänsehaut-Performance, die zeigt, was für wunderbare Evergreens Carpendale-Titel sind. Howard nutzt den Abend, um seine neue Single „Ein neuer Morgen“ vorzustellen. Wieder hat er mit Eric Philippi gearbeitet, wieder hat der Song eine Message: Er erzählt von Zuversicht in einer Welt, die ein paar alte Männer mit Kriegen überziehen und die so aggressiv und brutal geworden ist, dass es jeden Takt Schlager braucht, um ein bisschen Hoffnung zu streuen.
Carpendale begann seine Karriere in den 70ern und 80ern und hat sich mit Hits wie „Ti amo“, „Hello again“ und „Samstag Nacht“ in die Signatur des deutschen Schlagers eingesungen. 2003, auf dem Höhepunkt seiner Kariere, hört er auf und geht nach Amerika. Doch die Bühne fehlt ihm, er schlingert in gefährliche Depressionen und ist suizidgefährdet, bis sein Sohn Wayne den schwer kranken Vater nach Deutschland holt und in eine Klinik fährt. Das verbindet die beiden bis in alle Ewigkeit und das ist es auch, was Howard meint, wenn er in der Show sagt: „Die Leute wissen gar nicht, was du für mich getan hast.“
Carpendale wechselt 2007 sein Team und setzt mit einer erstaunlichen Alterskarriere an frühere Erfolge an. Gefühlt war er sowieso nie weg. Alben will er keine mehr machen, sondern nur noch ein bisschen durch die Gegend touren. Der 80. Geburtstag im kommenden Jahr ist irgendwie ein Statement, aber Howard scheint alterslos. Der blonde Sunnyboy aus Südafrika, dessen Spuren im Sand die Flut zu großen Fußstapfen aufgespült hat, in die kein Zweiter hinein passt. Hätte man vorher wissen können, lieber Giovanni Zarrella.

Text: SINA WORM
2 Antworten
Allein das Wort „Schlagerfuzzi“ hätte ich im Artikel gestrichen! Klingt abwertend. Auch anderen Schlagerkünstlern gegenüber…
Letztendlich kann nur Howard Carpendale selber beurteilen, ob ihm die gesammte Veranstaltung mit den ausgewählten Künstlern und den ausgewählten Songs bzw. Interpretationen „würdig“ genung waren oder nicht. Man hatte den Eindruck ja!
Und nur darauf kommt es letztendlich an.