André Rieu Maximilian Lemli

ANDRÉ RIEU: Fulminante Tourneepremiere in München

ANDRÉ RIEU: Konzertbericht seiner Tourpremiere 2025

Wenn André Rieu und sein Johann Strauss Orchester auf Deutschlandtournee gehen, brauchen sie vorher längst keinen großen Auftritt in einer Samstagabendshow mehr. Die Hallen sind Monate im Voraus ausverkauft. So auch die mit über 10.000 Menschen bis unters Dach vollbesetzte Münchner Olympiahalle bei der Premiere ihrer neuen Show. Entgegen dem Klischee zieht der 75-jährige Stargeiger nicht nur älteres Publikum – seine Zuhörer gehen durch alle Generationen und Gesellschaftsschichten.

Selfie-Chance vor Konzertbeginn

Für den jahrzehntelangen Erfolg bedankt sich das Ensemble mit Publikumsnähe: Durch den Innenraum betreten die Musiker zu den Klängen vom „Einzug der Gladiatoren“ die Bühne und klatschen die Zuschauer ab. Wer sich traut, kann sogar vor Konzertbeginn ein Foto mit dem völlig entspannt wirkenden Rieu machen.

Wie immer treten die Herren im Frack, die Damen in Ballkleidern auf. Die Bühne ist reich mit Blumen verziert, mehrere Kameras sorgen dafür, dass jeder das Konzert auf der überdimensionalen Leinwand in perfekter Qualität verfolgen kann. Das Orchester will durch seine Musik Menschen zusammenbringen, betont Rieu. Seine über 60 Musiker stammen aus 16 Nationen, darunter Tasmanien, Venezuela und Ungarn – und München erklärt Rieu kurzerhand zum „Zentrum des Universums“.

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Augenzwinkernde Mahnung zur Pünktlichkeit

Nach dem Marsch „Blaze away!“, bei dem kräftig mitgeklatscht wird, bemerkt Rieu ein paar Zuspätgekommene und ermahnt sie im Spaß: „Sie sind zu spät! Wir kamen aus Holland, wir waren pünktlich!“ Die Kameras verfolgen sie, bis sie auf ihren Plätzen sitzen, doch sie nehmen es mit Humor.

Muskelshirt und Tattoo

Wohl weil sie nun seit 20 Jahren mit dem Orchester unterwegs sind, bekommen The Platin Tenors viel Raum: Gleich drei Lieder hintereinander dürfen sie singen, darunter das beliebte „Chiantilied“. Doch die Stimmen der älteren Herren haben eher Patina denn Platin angesetzt. Mancher Ton sitzt nicht da, wo er sollte. Für Spaß sorgt die Polka „Feuerfest!“ von Josef Strauss, bei der Musiker Gerardo Daniel Tandioy Valladares wie ein Holzfäller verkleidet (mit Muskelshirt und Tattoo) den Amboss schwingt.

16-jährige sorgt für Gänsehautmomente

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Dann folgt das vielleicht größte Highlight des Abends: Die erst 16jährige Emma Kok, die aufgrund einer Gastroparese auf Flüssignahrung angewiesen ist, berührt das Publikum mit ihren so gefühl- wie kraftvollen Interpretationen von „Let it go“ aus dem Film „Frozen“ und „Voilà“. Ihr hätte man gerne noch viel länger zugehört. Doch schon kommen die Platin Tenors wieder auf die Bühne und schmettern „Tanzen möcht‘ ich“ aus der Operette „Die Csárdásfürstin“, bevor der Refrain von „Im weißen Rössl am Wolfgangsee“ nach knapp einer Stunde die zwanzigminütige Pause einläutet.

Beeindruckende Solisten

Die Pause dauert einigen Konzertbesuchern wohl nicht lange genug, sodass das Orchester sie mit dem „River-Kwai-Marsch“ im wahrsten Sinne des Wortes „zurückpfeifen“ muss. Sopranistin Anna Majchrzak treibt „You raise me up“ in höchste Höhen, bevor Rieu einen weiteren besonderen Solisten vorstellt:

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Michel Tirabosco stammt aus einer Musikerfamilie, doch er selbst kam mit einer Fehlbildung an den Händen zur Welt, sodass man glaubte, er könne keine Musik machen. Doch sein Vater schenkte ihm eine Panflöte, die er schnell zu „seinem“ Instrument machte. Heute ist er ein Virtuose. Dass diese Geschichte kein „Märchen“ ist, beweist seine bewegende Interpretation von „Across the stars“.

Publikum singt und tanzt

Danach ist das Publikum zum Mitmachen aufgerufen: beim „Sportpalast-Walzer“ zum Pfeifen, beim „Volkslieder-Medley“ zum Singen. Selbst „Lustig ist das Zigeunerleben“ wird fröhlich mitgesungen, während man es anderen großen Interpreten zu Unrecht vorwirft. Furios wird die Puccini-Arie „Un bel di“ von der großartigen Sopranistin Micaëla Oeste interpretiert. Natürlich darf der berühmteste Strauss-Walzer „An der schönen blauen Donau“ nicht fehlen, zu dem einige Besucher begeistert tanzen. „You’ll never walk alone“ beschließt den offiziellen Teil des Konzertes. Vorher appelliert Rieu an das Publikum, immer an die Kraft der Musik zu glauben.

Partystimmung bei der Zugabe

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Doch dann geht die Party erst recht los – vom „Radetzky-Marsch“ über „In München steht ein Hofbräuhaus“ bis hin zu „Tutti frutti“. Die Fans stürmen an die Bühne, die Musiker nehmen direkten Blickkontakt zu ihnen auf. Eine besondere Überraschung gibt es ganz zum Schluss: Los del Rio interpretieren ihren Megahit „Macarena“ und haben sichtlich Spaß dabei. Die beiden älteren Herren spielen mit dem Publikum und überraschen mit ihren starken Stimmen.

Als Zugabe gibt’s noch „La Bamba“. Da können ihm die Kritiker egal sein… – Selbst nach „Adieu, mein kleiner Gardeoffizier“ lassen die Münchner das Orchester noch nicht gehen, erst „Marina“ beendet das Konzert nach über zweieinhalb Stunden reiner Spielzeit.

Standing Ovations (erst) am Konzertende

Wer Rieu aus seinen Fernsehshows oder den millionenfach auf YouTube angeklickten Videos kennt, sieht dort meist ekstatisch feiernde oder vor Rührung geradezu erstarrte Menschen. So weit geht die Liebe in München nicht, auch wenn der Geiger das Publikum von Beginn an in der Hand hat. Richtige Standing Ovations gibt es erst gegen Ende, obwohl zum Beispiel Emma Kok sie unbedingt verdient gehabt hätte.

Sound und Licht nicht optimal

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Der Sound lässt vor allem in den hinteren Reihen im Innenraum zu wünschen übrig. Er klingt über weite Strecken steril und undifferenziert, die klangliche Wucht des großen Orchesters entfaltet sich nicht. Auch das fast den ganzen Abend über eingeschaltete Saallicht trägt nicht unbedingt dazu bei, sich vom Orchester „in eine andere Welt entführen zu lassen“.

Begeisterung für Musik und gelebte Inklusion

Seit Jahrzehnten begeistern André Rieu und sein Johann Strauss Orchester Menschen auf der ganzen Welt mit demselben Konzept. Wohl am ehesten deshalb, weil Rieu hinter dem steht, was er tut. Wie an seinen Solokünstlern Emma Kok und Michel Tirabosco zu erkennen ist, setzt er sich – ganz nebenbei – auch noch für Inklusion ein, gerade weil er sicher um die märchenhaften Geschichten der beiden weiß. Da können ihm die Kritiker, egal sein, die ihn für die Popularisierung der Klassik angreifen – und an seiner Botschaft, Menschen mit Musik zusammenbringen zu wollen und Musik als Kraftquelle zu begreifen, kann doch niemand ernsthaft etwas auszusetzen haben.

Setlist:

Einzug der Gladiatoren
Blaze away!
Maria Mari
Chiantilied
Torna a Surriento
Big spender
Feuerfest!
Let it go
Voilà
Tanzen möcht’ ich
Im weißen Rössl am Wolfgangsee

PAUSE

March from the River Kwai
You raise me up
Across the stars
Sportpalast-Walzer
Volkslieder-Medley
Un bel di
An der schönen blauen Donau
You’ll never walk alone
Radeztky-Marsch
In München steht ein Hofbräuhaus
Walzer-Medley
Libiamo ne’lieti calici
Can’t help falling in love
Tutti frutti
Zorba’s Dance
Medley
Macarena
La Bamba
Adieu, mein kleiner Gardeoffizier
Marina

Text und Foto: Maximilian Lemli

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