
Heute veröffentlicht der Berliner Liedermacher Klaus Hoffmann mit âIn der Berliner Philharmonie – Aquamarinâ das Live-Album zur gleichnamigen Tournee. Wir durften das Album vorab hören und stellen es nun vor. In den nĂ€chsten Tagen folgt auch noch ein ausfĂŒhrliches Interview mit Klaus Hoffmann.
Der Eröffnungssong (âDer Preis der Machtâ) stammt aus dem 1989 veröffentlichten Album âEs muss aus Liebe seinâ. Ein mit poppigen Rhythmen unterlegtes Lied gegen den alltĂ€glichen Leistungsdruck mit dem gleichzeitigen Wunsch nach Zuflucht bei der Partnerin. Typisch fĂŒr Hoffmann, begrĂŒĂt er das Publikum nicht mit einem klassischen âGuten Abend, meine Damen und Herren!â, sondern scherzhaft mit: âSchön, dass Sie da waren, dann kommen wir jetzt zu den Zugaben.â Der Liedermacher erzĂ€hlt davon, in der Berliner Philharmonie sein erstes Konzert gegeben zu haben. Er freue sich, nach einer langen Tournee wieder zurĂŒck in seiner Heimatstadt zu sein und viele Gesichter wiederzuerkennen. Anders als zum Beispiel beim Konzert zu seinem 60. Geburtstag, bedankt er sich gleich zu Beginn ĂŒberschwĂ€nglich bei seinem Publikum und seiner Band fĂŒr die jahrzehntelange Treue. Wie so oft erinnert er an seine Helden Stan Laurel und Oliver Hardy und bringt dann gleich ein gern gehörtes Lied – âDer König der Kinderâ.
Passend dazu erinnert er sich an seine Kindheit und behauptet selbstironisch, das folgende Lied âFrĂŒhlingâ im Alter von vier oder fĂŒnf Jahren geschrieben zu haben. Immer wieder erzĂ€hlt Hoffmann sehr Persönliches aus seiner Kindheit, zum Beispiel von seinem Vater, der ihm viel bedeutete und der starb, als Klaus Hoffmann zehn Jahre alt war.Â
Der kĂ€mpferische Titel âHeute rette ich die Weltâ wird zunĂ€chst von getragener, melancholischer Musik eingeleitet, was Zweifel an der Umsetzung der PlĂ€ne des ErzĂ€hlers zulĂ€sst.Â
Mit âWeil Du nicht bist wie alle anderânâ und âHannaâ folgen weitere Hoffmann-Klassiker, ĂŒber die sich das Publikum unĂŒberhörbar freut.Â
Das Todesjahr seines Vaters ist auch das Jahr, in dem die Berliner Mauer gebaut wurde. Daran erinnernd, grĂ€bt er das kurz nach der Deutschen Einheit erschienene Lied âStein auf Steinâ aus, in dem er sich mit den Problemen der Wiedervereinigung auseinandersetzt. Das verjazzte âWas gut ist und was nichtâ ist das erste Lied aus dem aktuellen Album und ruft (Ă€hnlich wie âDer Dreck der StraĂeâ) dazu auf, zur eigenen Herkunft zu stehen. Die Strophen werden leider so hastig und undeutlich gesungen, dass der Text kaum zu verstehen ist. Kleine TexthĂ€nger in diesem Lied wurden nicht nachgebessert, was einen authentischen Konzerteindruck vermittelt. âGerdaâ ist eine Erinnerung an seine AnfĂ€nge als Liedermacher.
Nachdem er scherzhaft von seinen ersten sexuellen Erfahrungen berichtet, singt Hoffmann das âLied meines Lebensâ, das, wie Hoffmann augenzwinkernd sagt, zu einem âWelthit in Berlinâ wurde: âBlinde Katharinaâ.Â
âStilleâ lĂ€dt zum Innehalten ein und sorgt fĂŒr GĂ€nsehaut, da der SĂ€nger sich allein zur Gitarre begleitet. Als Erinnerung an sein 2012 erschienenes, gleichnamiges Album erklingt âBerliner Sonntagâ. Hier vermisst der Hörer die Trompete, die Til Brönner in der Studioversion spielte. Gegen Ende des ersten Teils spielt Hoffmann das zweite Lied des Albums âAquamarinâ, âDie Mondin ist ein kalter Steinâ, seine Hommage an den Mond, den er verweiblicht. Der erste Teil endet mit den Brel-Vertonungen âBitte gehâ nicht fortâ und âAmsterdamâ, die inzwischen zu Hoffmann-Klassikern wurden.
Der zweite Konzertteil beginnt mit âEin Leben lang mit Dirâ aus dem aktuellen Album. Ein Bossa Nova als Hommage an eine Lebensliebe. Im Sirtaki âDie MĂ€nner meiner Mutterâ macht Hoffmann seiner Eifersucht auf die LebensgefĂ€hrten seiner Luft und bescheinigt ihnen, vor dem âFĂŒhrerâ zu weich gewesen zu sein, was die Vermutung nahelegt, dass es sich dabei um Altnazis handelt.
Gemeinsam mit dem Publikum erinnert der Liedermacher an sein erstes Schallplattencover und seine AnfĂ€nge als Schauspieler und bringt altbekannte Gags (âDie Canastaabende meiner Mutter waren legendĂ€râ, âIch lernte den Fox und den Trottâ, âRuhig, ruhig, Braunerâ bei Zwischenrufen etc.). Es folgt das nĂ€chste Lied des aktuellen Albums, âIch hatte mir die Nacht mit Dir ganz anders vorgestelltâ. Den Klassiker âFĂŒr det bisschen ZĂ€rtlichkeitâ widmet der SĂ€nger Menschen, die aufgrund ihrer HomosexualitĂ€t diskriminiert werden.
Nach dem erneuten Dank an die Band moderiert Klaus Hoffmann das aktuelle Lied âDu siehst aus wie Papaâ an, das er gerne zusammen mit Charles Aznavour gesungen hĂ€tte, der jedoch im vergangenen Jahr starb. Ein Highlight ist die nur vom Klavier begleitete Ballade âWenn Marlene trĂ€umtâ, das seiner Frau gewidmet ist, Ă€hnlich wie der folgende, gesprochene Text und das 2018 erschienene Lied âFĂŒr Dichâ. âMelancholiaâ erinnert an das gleichnamige Album, darauf folgt der Refrain des Liedes âHey Jungeâ.
âIrgendwann einmalâ wird in musikalisch reduzierter Form gespielt, sodass eine melancholische Stimmung aufkommt und der Text im Vordergrund steht. Das Lied wird einen Ganzton tiefer als im Original (C-Moll statt D-Moll) gesungen und teilweise umgeht der SĂ€nger hohe Töne. Mit âFĂŒr immer und immerâ vom aktuellen Album erinnert Hoffmann erneut an seine Helden Stan Laurel und Oliver Hardy, allgemein bekannt als âDick und Doofâ.Â
Zum Ende des Konzertes erklingen Hoffmann-Hits wie âSalamboâ, âWas fangâ ich an in dieser Stadt?â und das wunderschöne âKinder erkennen sich am Gangâ, das Hoffmann einst mit seinem Freund und Kollegen Reinhard Mey aufnahm. Es folgt âDerselbe Mond ĂŒber Berlinâ, bevor das Konzert traditionsgemÀà mit âMein Wegâ ausklingt.
âIn der Philharmonie Berlin – Aquamarinâ gibt authentisch das Konzert von Klaus Hoffmann im November 2018 in der Berliner Philharmonie wieder. Hervorzuheben ist, dass ganz offensichtlich nichts nachbearbeitet wurde und selbst die Ansagen ihren eigenen Track haben und so zur Geltung kommen. Leider wird dies immer seltener, obwohl nur so die Stimmung eines Konzertes vollstĂ€ndig abgebildet werden kann. Auch die KlangqualitĂ€t ist hervorragend: Stimme und Instrumente wurden ideal ausgesteuert, ohne dass der Live-Charakter verloren geht. Im Gegenteil: Selbst kleiner Szenenapplaus oder Zwischenrufe sind zu hören. Es ĂŒberrascht auĂerdem, dass der Fokus in der ersten HĂ€lfte auf Ă€lteren StĂŒcken und Klassikern liegt und das aktuelle Album erst im zweiten Teil richtig zur Geltung kommt.
Zu kritisieren ist, trotz des ausgewogenen Repertoires mit vielen lange nicht mehr live gehörten Liedern, dass Klaus Hoffmann sich mitunter wiederholt. Die Geschichte des frĂŒhen Todes seines Vaters ist lange bekannt und wurde oft in seinen Konzerten ausfĂŒhrlich thematisiert. Der SĂ€nger erzĂ€hlt zwar viel Persönliches, ist dabei – ganz Schauspieler – jedoch nie wirklich âgreifbarâ, wodurch er eher rĂ€tselhaft als authentisch wirkt. Auch die augenzwinkernd vorgetragenen Bemerkungen, er sei der einzige, der Aznavour verstehe etc., wirken mitunter ĂŒberheblich und allzu selbstbeweihrĂ€uchernd.Â
Trotzdem bietet das Album knapp zweieinhalb Stunden groĂes Liedermacher-Entertainment und es ist bemerkenswert, welch abwechslungsreiches Repertoire Klaus Hoffmann auch noch nach ĂŒber 40 BĂŒhnenjahren bietet!
Maximilian Lemli
Mit „vor dem FĂŒhrer war’n sie allesamt zu weich“
(Song „Die MĂ€nner meiner Mutter“) ist wohl
(wenn man auch beim Rest des Textes zuhört… lol)
eher gemeint, dass diese MĂ€nner keine „Kriegsgewinnler“
und damit auch keine Nazis waren…
LG
Rupi