
Nachdem wir mit Teil 1 der Wolfgang Petry Story gestartet sind (siehe HIER), geht es nun mit den 1980er Jahren weiter:
Erster Hit der 1980er Jahre: „Mein Zuhaus“
In die 1980er ging es dann wieder mit einer Ballade, in der Petry âMein Zuhausâ beschreibt. Vielfach (auch auf Wolfgangs offizieller Seite) wird orakelt, in dem Song gehe es um die damalige âTeilung Deutschlands in BRD und DDRâ. Auf Petrys Seite ist zu lesen: „Ein Mann erinnert sich wehmĂŒtig an seine wunderbare Kindheit, die nun hinter der Grenzmauer unerreichbar ist.“ Da muss man nur gaaaanz fest dran glauben. NĂŒchtern betrachtet, geht es in dem Lied einfach um wehmĂŒtige Erinnerungen an eine sehr schöne Kindheit â diese ErklĂ€rung ist zumindest plausibler. Wenngleich der Song bei Fans recht groĂe PopularitĂ€t genieĂt, konnte er sich nicht in den Hitparaden etablieren. Bei dem Lied handelt es sich um die deutsche Version des Oliver-Onions-Hits âTomorrow Is Todayâ, den deutschen Text verfasste wieder Dr. Bernd Meinunger. Zur Jahrtausendwende (1999) veröffentlichte Petry einen zweiten Teil des Schlagers â dem ist schon eher der Ost-West-Bezug zu entnehmen. Interessant ist ĂŒbrigens, dass Juliane Werding die B-Seite des Songs (âUnd Sandra weintâ) mit anderem Text (âHotel Royalâ) als Single veröffentlichte.
Im Herbst des Jahres 1980 wurde es dann wieder flotter, Petry nahm sich des aus Secret-Service-Hits âTen âo Clock Postmanâ an. Dr. Bernd Meinunger schrieb auf den Titel der schwedischen Band den Text âGanz oder gar nichtâ â damit reichte es wieder fĂŒr einen ordentlichen Hit (Top-30), und am 20. Oktober 1980 wurde der Schlager in der ZDF-Hitparade prĂ€sentiert. Kurz darauf wurde auch eine gleichnamige Langspielplatte veröffentlicht. Petry sagte damals zum Titel seiner aktuellen LP: âWenn ich was mache â dann ganz oder gar nichtâ.  Zu den Liedern seines neuen Albums sagte er in seiner unnachahmlichen Art: âIch singe Lieder, die Geschichten zum Inhalt haben, die wirklich passierenâ.
Nachdem es mit der Eindeutschung eines Secret-Service-Hits so gut funktioniert hatte, schrieb Dr. Bernd Meinunger gleich einen zweiten Text auf eine Nummer der Schweden: Aus âYe-Si-Caâ wurde âJessicaâ. Das Erfolgsrezept ging erneut auf â wieder reichte es fĂŒr eine Top-40-Notiz, abermals ging es in die ZDF-Hitparade (am 11. Mai 1981). Wieder drĂ€ngt sich ein kleiner Maffay-Vergleich auf: Dr. Meinunger schrieb damals auch Maffay-Texte. Wenngleich der Text von âUnd es war Sommerâ nicht von ihm stammte, könnte man meinen, Jessica sei womöglich 31 und âWolleâ 16 gewesen â angesichts der Zeile: âIch war fast schon ein Mann â und ich hab vor Erwartung gebrannt â sie war jung und verrĂŒcktâŠâ.
Die nĂ€chste Single komponierte diesmal wieder das Produzentenehepaar Karin Hartmann und Tony Hendrik fĂŒr Wolfgang Petry, den Text steuerte erneut Dr. Bernd Meinunger bei. âTuâs dochâ wurde erneut ein Top-40-Erfolg. Am 11. September 1981 stellte Petry seine Nummer in der ZDF-Hitparade vor.
Kurz darauf erschien Petrys vierte LP: âEinfach lebenâ, die einen weiteren Wendepunkt in seinem Leben darstellte, weil er gemeinsam mit seinem ebenfalls als SĂ€nger tĂ€tigen Freund Andreas Martin einige Songs der LP komponierte. Was die Liedinhalte angeht, blieb er sich allerdings treu: âDie Themenkreise und Textideen stammen hauptsĂ€chlich von mir. Die StĂŒcke behandeln zum Teil mein eigenes Leben.â. In einer Anzeige war anlĂ€sslich der Veröffentlichung der LP zu lesen: âDie LP mit dem Hit Tuâs doch und 9 neuen, ehrlichen Liedernâ.
Als weitere Single aus dem Album daraus der Hartmann/Hendrik-Song âIch gehâ mit Dirâ ausgekoppelt, den Text schrieb diesmal Werner SchĂŒler. Auch diesen Titel stellte Petry am 4. Januar 1982 in Ilja Richters Disco und am 8. MĂ€rz 1982 in der ZDF-Hitparade vor, ein veritabler Erfolg stellte sich ein â immerhin war der Titel 10 Wochen in den Single-Charts gelistet und kam in die Top-50.
Mit viel Pathos stellte âWolleâ am 4. Oktober 1982 seinen Titel âDer Himmel brenntâ in der ZDF-Hitparade vor. Auch im ARD-Musikladen prĂ€sentierte er die Single. Erneut etwas an Maffay erinnernd, reichte es fĂŒr einen Top-15-Hit â die zweitbeste Chartsnotiz eines Einzelsongs, die Petry (nach seinem Debuterfolg) je hatte. Der Song wurde erneut von Tony Hendrik komponiert und dem damals frisch gebackenen Eurovisionssieger Dr. Bernd Meinunger getextet. Zum Jahresende erschien eine gleichnamige LP mit einem Querschnitt von Petrys bis dato erschienenen Liedern und Erfolgen (oder wie die Plattenfirma es ausdrĂŒckte: âDas neue Album â ein Ăberblick ĂŒber den eindrucksvollen musikalischen Weg des sympathischen KĂŒnstlersâ).
Die nĂ€chste Single wurde wieder ein echter Hit, der langfristig sogar zum Super-Hit bzw. Evergreen mutierte: âWahnsinnâ. Am 2. Mai 1983 war âWolleâ mit seinem rockigen Titel in der Frank-Zander-Show âVorsicht Musikâ zu Gast. Als Co-Autor neben den Produzenten Tony Hendrik und Karin Hartmann fungierte der ehemalige âWallensteinâ-SĂ€nger Kim Merz, der kurz darauf selber mit âDer Typ neben ihrâ selber einen Riesen-Hit landete. In der Hoch-Zeit der Neuen deutschen Welle war âWahnsinnâ ein leidlicher Erfolg, immerhin reichte es fĂŒr eine Top-40-Notiz und einen 15-wöchigen Charts-Aufenthalt. Am 25. Juli 1983 ging es damit auch in die ZDF-Hitparade.  Den richtigen Kult-Charakter erhielt der Song aber erst 1996, als eine Band namens âLolliesâ den Song neu aufnahmen und damit quasi nach Mallorca exportierten â einschlieĂlich des Einwurfs âHölle, Hölle, Hölleâ. Unter gleichem Namen erschien ein Album.
Das gleiche Team, das âWahsinnâ komponierte und produzierte, was auch fĂŒr die Auskopplung aus diesem Album zustĂ€ndig â âDie vierte Dimensionâ floppte allerdings kolossal, obwohl (oder weil?) man sich dem Zeitgeist der Neuen Deutschen Welle offensichtlich anpassen wollte. Nachdem die Folge-Singles âGnadenlosâ (wurde im MĂ€rz 1984 in den TV-Sendungen âSchaubudeâ und âTele-Illustrierte vorgestellt), bei dem es um eine Frau geht, die sich zwischen zwei MĂ€nnern entscheiden muss und den âanderenâ erwĂ€hlt – und âWas macht der Teufel (, wenn wir uns lieben)?â ebenfalls âgnadenlosâ floppten, wurde 1984 die rund achtjĂ€hrige Zusammenarbeit zwischen Tony Hendrik und seiner Frau Karin Hartmann und deren Plattenfirma Coconut, einem Unterlabel der Berliner Hansa, beendet.
Die erste Single im Herbst 1984 bei seiner neuen Plattenfirma, der Stuttgarter Intercord, deren prominentestes Zugpferd der Liedermacher Reinhard Mey war, hieĂ âHalleluja machâs gut (steck Dir mein Herz an den Hut)â. TV-Premiere war am 30. Oktober 1984 in der ZDF-Show âShow und Co. mit Carloâ. Petry scharte echte Profis um sich: Sein neues Produzententeam bestand aus Stefan Waggershausen und Udo Arndt, Waggershausen war auch Co-Autor seiner neuen Lieder. Als Fotograf trat der damals sehr beliebte Fotograf Jim Rakete in Erscheinung, der seinerzeit u. a. mit seinen Nena-Fotos Aufsehen erregte und es schaffte, dass Wolfgang sich eine Krawatte fĂŒr das Cover umband. Trotz dieser imposanten MaĂnahmen und einer umfangreichen Werbeaktion (damals wurde die Single vom Branchenorgan âDer Musikmarktâ mit den Hitlisten als Gratiszugabe verschickt, die Leser mussten raten, wer den Song auf der Scheibe zu Gehör bringt) wurde der Titel kein Hit.
Die erste Intercord-LP, âRauhe Wegeâ, bestach mit zeitgemĂ€Ăen modernen Arrangements, ohne dass Wolfgang Petry seine AuthentizitĂ€t verloren hĂ€tte. Offensichtlich war geplant, einen Imagewechsel weg vom Schlager hin zum Rock zu vollziehen, wobei Peter Maffay vielleicht als Vorbild diente. Passend dazu schrieb die Intercord damals zur neuen LP: âEin Meilenstein in der Karriere des Kölner SĂ€ngers. GefĂŒhlvolle Rocksongs, transparente Arrangements und starke Texte belegen die neue Standortbestimmungâ.
Seiner Zeit etwas voraus war Petry mit der zweiten Auskopplung aus âRauhe Wegeâ. In der Waggershausen-Produktion âHey Sie⊠sind Sie noch dran?â geht es um einen Mann, der sich quasi âvirtuell verliebtâ, nĂ€mlich in die Stimme der Telefonseelsorge, noch dazu eine eine vom Computer gesprochene Stimme. Das fanden die damals zustĂ€ndigen Redakteure der ZDF-Hitparade so originell, dass Petry mit dem Lied gleich zwei mal in der Show auftreten durfte, nĂ€mlich am 27. MĂ€rz 1985 und ein knappes Jahr spĂ€ter bei einer âzweiten Chanceâ, am 15. Januar 1986 â es nutzte sich, der Hit lieĂ sich nicht erzwingen.
Gemeinsam mit seinem damaligen Kumpel Andreas Martin komponierte âWolleâ seinen nĂ€chsten Song. Dr. Michael Kunze textete: Ich brauchâ âne Dosis Liebeâ. Am 12. November 1986 stellte er diese erste Single aus dem erneut von Stefan Waggershausen und Udo Arndt produzierten Album âMit offenen Armenâ in der ZDF-Hitparade vor. Ein Hit wurde nicht aus der Nummer â auch nicht in der Version von Andreas Martin, der den Titel ein Jahr spĂ€ter mit dem Joachim Horn-Bernges-Text âAuch wenn wir lĂŒgen mĂŒssenâ noch mal veröffentlicht hatte.
Offensichtlich war Petry damals bemĂŒht, den Erfolgreichen der Branche nachzueifern, indem er recht modern produzierte und sich bei den GroĂen Einiges abguckte. In damaliger Zeit bildeten bei mehreren Udo-JĂŒrgens-Alben Titellied und âRepriseâ gern mal die Klammer um das jeweils aktuelle Album (z. B. bei âTraumtĂ€nzerâ, âHautnahâ und âTreibjagdâ). Diese Idee wurde bei âMit offenen Armenâ ebenfalls aufgegriffen â zum ersten Song âLiebe, die Du nie begreifstâ wurde an das Ende des damaligen Albums eine Reprise veröffentlicht. Folgerichtig wurde damals wie folgt geworben: âPetry â87 â persönlich kraftvoll, mit Mut zum ehrlichen GefĂŒhlâ.
FĂŒr eine Singleauskopplung langte das aber nicht, da griff man lieber auf den Titel âWillkommen auf der Sonnenbankâ zurĂŒck â Co-Autor war damals Werner SchĂŒler, der die zweite und letzte Intercord-CD auch coproduzierte. Es nutzte alles nichts â mit seiner âneuen Standortbestimmungâ landete Petry damals keinen Erfolg, der Vertrag mit der Intercord wurde nicht verlĂ€ngert, der SĂ€nger wechselte 1988 zur Plattenfirma EMI Electrola.
Mit dem Label-Wechsel wechselte Petry auch den Produzenten und lieĂ 1988 Reiner Hörnig ans Ruder, der zuvor insbesondere mit den BlĂ€ck Fööss zusammenarbeitete und in der jĂŒngeren Vergangenheit mit JĂŒrgen Drews kooperierte. Die erste gemeinsame Produktion war die Single âFliegen ist schönerâ und das Album Album âManche mögenâs heiĂâ, dessen namensgebender Titel auch als Single veröffentlicht wurde. Auch wenn man erneut dem Zeitgeist hinterherlief (damals war Stephan Remmler recht angesagt), wollte sich kein Erfolg damit einschleichen.
Nachdem die dritte Auskopplung aus dem Album, âEinmal mit Dirâ, trotz TV-PrĂ€senz (WWF-Club) floppte, probierte man es mit einer vierten Single, einer eher untypische Petry-Ballade, die zwar erneut kein Hit wurde, sich aber im Laufe der Jahre zu einem Dauerbrenner und einem Lieblingslied vieler Fans des Kölners entwickelte: âNur ein kleines StĂŒck Papierâ. Das Lied schaffte es in Neuaufnahme sogar auf das viele Jahre spĂ€ter erscheinende legendĂ€re Best-Of-Album âAllesâ.
Unter der Regie von Reiner Hörnig entstand noch eine zweite EMI-LP, nĂ€mlich âWo ist das Problem?â, bei dem bereits erste AnsĂ€tze erkennbar waren, dass Petry wieder zurĂŒck zum modernen Schlager kehren wollte. Der Text der ersten Single, âAuf den Mond schieĂen (hinterherfliegen)â ist da ein gutes Beispiel: âWenn Du morgens frĂŒh die Treppe putzt â nichts an auĂer einem kurzen Lendenschurz â dreh ich fast durchâ. Da auch diese Produktion kein kommerzieller Erfolg war, drehte eher die Plattenfirma durch â die EMI-Electrola-Zeit war damit beendet, und âWolleâ kehrte reumĂŒtig zur alten Plattenfirma Hansa zurĂŒck â also diesmal direkt zur Berliner Plattenfirma, zu Beginn der Karriere war er ja bei deren Ableger âCoconutâ unter Vertrag.
Folge uns: